"Test-to-stay"-Verfahren - So gut sind die in Berliner Kitas und Schulen genutzten Schnelltests

Fr 04.02.22 | 17:10 Uhr
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Die Testkassetten von mehreren Lollitest werden in einer Kita eingesammelt (Bild: dpa/Peter Kneffel)
Audio: Inforadio | 04.02.2022 | Sabrina Wendling | Bild: dpa/Peter Kneffel

Die Winterferien enden und mit der neuen Woche beginnt an den Kitas das sogenannte "Test-to-stay"-Verfahren. Berlin setzt und vertraut bei Kindern und Jugendlichen also ab sofort voll auf die Schnelltests. Doch wie gut sind die eigentlich? Von John Hennig

Wenn in Berlin am Montag die rund 400.000 Schülerinnen und Schüler sowie 175.000 Kita-Kinder in die Woche starten, beginnt an den Einrichtungen ein wahres Test-Regiment.

Die Berliner Bildungsverwaltung setzt ab sofort voll auf das sogenannte "Test-to-Stay"-Verfahren. Das bedeutet, dass Kontaktpersonen von Corona-Infizierten weiterhin in der Einrichtung bleiben können, so lange sie symptomfrei sind und an den fünf folgenden Kalendertagen negativ getestet werden.

Die Schnelltestungen bilden nun mehr noch als bisher den Großteil des Corona-Sicherheitsnetzes.

Tägliche Tests an den Schulen

An den Schulen, wo die Präsenzpflicht ausgesetzt wurde, sind vor Beginn des zweiten Schulhalbjahres alle Schülerinnen und Schüler gebeten, am Sonntagabend zu Hause einen Antigen-Schnelltest zu machen, sofern sie in die Schule kommen.

In den ersten beiden Schulwochen nach den Ferien sollen sie sich zudem ebenso wie das Schulpersonal täglich testen, um die Infektionsgefahr durch Reiserückkehrer so gering wie möglich zu halten und Infektionen frühzeitig zu erkennen.

Doch dabei stellt sich zunehmend die Frage, ob genügend Tests zur Verfügung stehen und wie gut diese sind.

Zwei Millionen zusätzliche Lolli-Tests

So hatten die Berliner Kitas teilweise eine Woche länger als geplant auf die neuen Lolli-Tests warten müssen, an die die Testpflicht gekoppelt war.

In der Regel erhalten Eltern drei Tests pro Woche, bei einem Infektionsfall werden fünf Tests zur Verfügung gestellt, um das "Test-to-Stay"-Verfahren anwenden zu können. Um die neue und test-intensivere Methode an den Kitas durchzuführen, hatte die Senatsverwaltung nach eigenen Angaben zwei Millionen zusätzliche Lolli-Tests geordert.

1,8 Millionen Lolli-Tests wurden laut Bildungsverwaltung bereits an die Jugendämter geliefert – von dort hätten viele Kitas ihre Kontingente abgeholt, teilte die Bildungsverwaltung auf Anfrage von rbb|24 am Freitag mit. Die sollen demnach für etwa vier Wochen reichen. Rechnerisch sind das etwa zehn Tests pro Kita-Kind, was bedeutet, dass die Kalkulation erst einmal mit den in jeden Fall obligatorischen drei Tests pro Woche erstellt wurde.

In den kommenden Wochen sollen laufend weitere Lieferungen eintreffen. 0,9 Millionen gerade eingetroffene zusätzliche Tests liegen der Verwaltung zufolge bereit. "Insgesamt stellen wir in einem ersten Schritt fünf Millionen Tests zur Verfügung, zwei weitere Millionen sind in Beschaffung", rechnet die Bildungsverwaltung vor.

Deepblue-Schnelltest in Kitas im Einsatz

Genutzt werden dabei die Lolli- und teilweise auch noch vorhandene Antigen-Schnelltest-Kits des chinesischen Herstellers Anhui Deepblue Medical Technology Co. , Ltd.. Die erkennen Infizierte mit sehr hoher Viruslast zu 100 Prozent, wie die Evaluierung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) ergab [pei.de | Stand 31.01.2022]

Bei hoher Viruslast sind es 39,1 Prozent, bei geringer Viruslast 0 Prozent. Insgesamt schnitt dieser Test bei der Evaluierung durchschnittlich ab. Eltern hatten zuletzt häufiger beklagt, die Kita-Schnelltests würden Infektionen nicht zuverlässig anzeigen. Die Bildungsverwaltung schreibt dem rbb auf Nachfrage, es kämen ausschließlich Tests mit CE-Zertifizierung und hoher Sensitivität zum Einsatz.

Auswahlkriterien für diesen Test seien auch die Prüfung durch das Paul-Ehrlich-Institut sowie die Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, außerdem "die Vereinzelbarkeit und sichere Anwendung" der Testkits. Darüber hinaus gehe es auch darum, wie schnell die Tests zur Verfügung stehen, welche Mengen geliefert und welche Lieferzeiten eingehalten werden können.

Keine weitere Prüfung in Berlin

In Mecklenburg-Vorpommern war im Oktober 2021 der Einsatz einer Charge von fast einer Million Deepblue-Tests zunächst ausgesetzt und dann gänzlich ersetzt worden [regierung-mv.de], nachdem Verunreinigungen festgestellt worden waren. Auch weitere Bundesländer lassen die verwendeten Schnelltests noch einmal selbst prüfen, in Bremen etwa durch die Aufsichtsbehörde für Medizinprodukte bei der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz [butenunbinnen.de]

In Berlin ist das nicht der Fall. "Die Prüfung der Produkte erfolgt über die zuständigen Institute auf Grundlage gesetzlicher Vorgaben. Diese unterliegen keiner weiteren Prüfung durch eine Bildungsverwaltung." Es kommen ausschließlich nach deutschen Recht zugelassene Tests zum Einsatz, betont die Bildungsverwaltung.

Eine Million Tests pro Woche an den Schulen

Auch an den Schulen werden zurzeit vor allem die Tests von Deepblue verwendet, zudem Clungene des ebenfalls chinesischen Herstellers Hangzhou Clongene Biotech Co., Ltd.

Dieser Test schnitt bei der PEI-Evaluierung etwas schlechter ab als Deepblue, mit einer Sensitivität von 94,4 Prozent bei sehr hoher Viruslast, 34,8 Prozent bei hoher und ebenfalls 0 Prozent bei geringer Viruslast.

An den Schulen werden wöchentlich deutlich mehr als eine Million Tests ausgegeben und benutzt, heißt es aus der Bildungsverwaltung. Insgesamt wurden bereits mehr als 40 Millionen verteilt.

An der Menge der Schnelltests wird es vermutlich aktuell also nicht scheitern. Erst die kommenden Wochen werden aber zeigen, ob es auch strategisch richtig war, auf sie zu setzen.

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21 Kommentare

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  1. 21.

    Wir haben die gleiche Anfrage auch für Brandenburg gestellt, dort ist es allerdings so, dass die Träger der Einrichtungen die Tests bestellen und dann Zuschüsse vom Ministerium erhalten.

  2. 20.

    Die Verunreinigung mit Bakterien betraf die Testflüssigkeit. Das Ministerium in Mecklenburg-Vorpommern hatte auch betont, dass bei ordnungsgemäßer Anwendung Schülerinnen und Schüler mit der Flüssigkeit nicht in Berührung kommen.

  3. 19.

    "... Am Schluss hilft noch die Eigendiagnose (laufende Nase) am meisten. ..."

    Scheint wirklich darauf hinauszulaufen ... und nicht immer gibt es eine "eindeutig laufende Nase" ;-)
    Jedoch irgendeinen Nachweis braucht man m.E. schon.
    Sollten Folgeerkrankungen eintreten, hat man ansonsten keine Chance, eine Covid-Infektion nachzuweisen und dann beginnt sicherlich ein ganz anderes Drama.

  4. 18.

    "Die von Lauterbach angenommene Dunkelziffer von "etwa 2-fach" ist einfach lächerlich!" Das beruht wohl noch auf der letzten verläßlichen Untersuchung dazu von Streeck in der Gangelt-Studie - später ist da meines Wissens in Deutschland kaum was an ähnlich erschöpfenden Felduntersuchungen zur Dunkelziffer in einem Ausbruchsgeschehen dazugekommen. Es gab dau mal eine Seite mit entsprechenden Abschätzungen auf Grund verschiedener weltweiter Studien (https://covid19.dunkelzifferradar.de/), die wurde aber geschlossen; genauso wird ja das Imfpdashboard (https://experience.arcgis.com/experience/db557289b13c42e4ac33e46314457adc) nicht mehr weitergeführt, was auch immer recht informativ war.

  5. 17.

    Davon würde ich ausgehen.
    Wie "Sö" schon anmerkte: Die Tests sind gültig. Qualität egal.
    Jeder von euch sollte das im Umfeld schon mitbekommen haben: Positive/Negativ und andersrum, mehrmals Testen mit unterschiedlichem Ergebnis. Am Schluss hilft noch die Eigendiagnose (laufende Nase) am meisten.
    Hier ist nur von den Schulen die Rede, aber dass Arbeitnehmer von ihren Arbeitgebern genauso untaugliche Tests verabreicht bekommen, ist kaum Thema. Deren Zahl ist noch viel größer, als die der Schüler und Kita-Kindern!
    Nebenbei: Auch PRR-Tests sind nicht wirklich verlässlich.
    Die von Lauterbach angenommene Dunkelziffer von "etwa 2-fach" ist einfach lächerlich!

  6. 16.

    Ich möchte mich gern Björns Frage anschließen bzw. erweitern:

    Werden in den Testzentren jetzt (Schnelltest statt PCR-Test maßgebend für Genesenenstatus) einheitliche und besonders "gute" verwendet?
    Oder anders herum (böse Unterstellung meinerseits) in ein paar Wochen festgestellt, dass die Schnelltests nicht taugen, also der Genesenenstatus dahin ist?

  7. 15.

    Wo waren denn die Verunreinigungen?
    In der Flüssigkeit oder im Nasen-Stäbchen?

    Bei Nahrungsmitteln bzw. Rückrufaktionen verschiedener Hersteller gibt es meist kleine Infos in den Medien.
    Da kräht kein Hahn nach, obwohl es ziemliche Folgen haben kann, wenn ich z.B. Leberwurst mit Glasstückchen esse oder Salmonellen im Salat sind.
    Ist schon eine komische Zeit bzw. traurige!

  8. 14.

    Das habe ich schon und das Ergebnis war Gesamtsensitivität 20%. Hatte ich auch schon in einem anderen Kommentarbereich geschrieben, aber die werden immer sehr schnell geschlossen. Ich würde gern wissen von der Redaktion, ob sie wie für Berlin auch für Brandenburg herausbekommen können, ob das eine Ausnahme an der Schule ist oder ob das weitverbreitet ist.

  9. 13.

    Die Dinger sind getestet, fertig. Verunreinigungen können leider immer mal wieder stattfinden. Man testet ja auch nicht jede neue Charge an Tests und kann damit auch nie alle ausschließen.
    Also ab durch die Mitte, ohne viel heckmeck

  10. 12.

    Tja, leider sind die Tests so... da hilft nur PCR aber da sind die Kapazitäten ja ausgelastet. Also, was bleibt?
    Oder wir machen alles dicht, was ja nun auch keine Lösung ist. Winterschlaf für alle hätte geholfen

  11. 10.

    @rbb24 Können Sie auch mal die ausgegebenen Tests in Brandenburg genauso unter die Lupe nehmen bezüglich der Sensitivität laut PEI-Liste?

  12. 9.

    Ich verstehe nicht warum für unsere Kinder nicht der Lolli Test von Amonmed beschafft worden ist, der laut PEI Studie der sicherste auf dem Markt ist! Der wird auch in vielen anderen Bundesländern eingesetzt, vermutlich war der Deepblue einfach billiger! Schade das hier auf Kosten der Kinder gespart wird :(

  13. 8.

    Bei uns im Kindergarten gab es heute schon wieder keine Lollitests mehr, sondern wieder die für die Nase, welche sich bei Kleinkindern nicht anwenden lassen. Tolle Teststrategie. Und ob die Testpflicht damit wieder aufgehoben ist, schließlich kam sie erst mit den Lollitests, wurde auch noch nicht beantwortet.

  14. 7.

    Die nal van Minden zeigen aber gerne auch mal falsch positive Ergebnisse an. Bei immer denselben Schülern; meist adipös; und immer negativ beim nachfolgenden PCR-Test.

  15. 6.

    Leider fehlt hier der nal von minden Test, welcher einer der schlechtesten Tests ist, aber an vielen Schulen zu finden. Wird dieser absichtlich vom Senat nicht erwähnt?

  16. 5.

    Die deepblue haben eine höhere Sensitivität als die nal von Minden Tests, die auch immer noch an Kitas und Schulen verteilt werden... Die nal von Minden haben bei sehr hoher Viruslast nur eine Sensitivität von 83 %.

  17. 4.

    Spät anschlagender Test (nach unserer Erfahrung erst 2 Tage nach Symptombeginn bei symptomatischen Verläufen) und dann das hier: https://www.heise.de/hintergrund/Studie-mit-absichtlich-Infizierten-zeigt-COVID-19-frueher-ansteckend-als-gedacht-6348993.html

    ... heisst eigentlich, dass das unterm Strich wenig bringt.

  18. 3.

    Die Deepblue Tests schlagen erst bei "sehr hoher" Viruslast zuverlässig an, d.h. die Kinder haben u.U. schon tagelang Symptome, der Test zeigt aber noch immer negativ. Und dann "ups, war doch Corona", na so was! Nur folgerichtig, jetzt die Quarantäne abzuschaffen, bis bekannt ist, dass es ein Corona-Fall war, ist die Quarantänefrist ja eh schon abgelaufen =)

  19. 2.

    Was für ein Kunststoffmüll,
    Berge von Müll.
    Und was hilft es ?

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