Ministerpräsidentenkonferenz - Länder mit Corona-Politik des Bundes unzufrieden

Do 17.03.22 | 18:39 Uhr
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, kommen nach der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) zu einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt. (Quelle: dpa/Michael Sohn)
Bild: dpa/Michael Sohn

Bei der Bund-Länder-Runde am Donnerstag hat es Schelte der Bundesländer am Entwurf der Bundesregierung für das neue Infektionsschutzgesetz gegeben. Auch die Berliner Regierende Bürgermeisterin Giffey sieht viele Fragen ungeklärt.

Die Ministerpräsidenten haben fundamentale Kritik an der geplanten Abschaffung aller einschneidenden Corona-Schutzmaßnahmen geäußert.

Das von der Bundesregierung geplante Gesetz sei "das exakte Gegenteil" von dem, was die Länder bräuchten, um schnell auf dramatische Corona-Entwicklungen reagieren zu können, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), nach den Bund-Länder-Gesprächen am Donnerstag.

Nur noch wenige Vorgaben durch den Bund

Das neue Gesetz für das Corona-Management soll an diesem Freitag vom Bundestag beschlossen werden und kommt dann direkt in den Bundesrat. Die Gesetzespläne sehen nur noch wenige allgemeine Vorgaben zu Masken und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen vor. Für regionale "Hotspots" sollen jedoch weitergehende Beschränkungen möglich sein, wenn das Landesparlament dort eine besonders kritische Corona-Lage feststellt.

Die Länder benötigten weiterhin Basismaßnahmen wie Abstand, Maske und Tests, unterstrich Wüst. Solche Auflagen müssten auch in kurzer Zeit verhängt werden können. Dies sei bei dem geplanten Gesetz nicht der Fall. Selbst für einfache Maßnahmen wie Abstand und Maskenpflicht seien die Hürden zu hoch. Die geplante Neuregelung sei "rechtlich unsicher und praktisch nicht umsetzbar". Das gelte vor allem für die "Hotspot"-Regelung.

Giffey sieht Bund weiter in der Pflicht

Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte, die Aufgabe der Pandemie erfordere weiterhin ein gemeinsames Handeln von Bund und Ländern. Es müsse geklärt werden, wie es nach dem 31. März weitergehe.

Derzeit seien viele Menschen mit der Omikron-Variante des Coronavirus infiziert, zeigten aber kaum oder gar keine Symptome. Daher müsse man prüfen, ob die Quarantäneregeln noch zeitgemäß seien. Falls die Situation sich wieder verschärfe, müsse es die Möglichkeit geben, dass der Bundestag wieder über eine Novelle des Infektionsschutzgesetzes berät, betonte Giffey.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zuvor zu dem Thema gesagt, es sei klar, dass die Länder sich mehr wünschten. Das geplante Bundesgesetz sei aber nun "die rechtliche Grundlage, auf der aufgebaut werden kann".

Nonnemacher ist "höchst unzufrieden"

Auch Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen) übte deutliche Kritik an der Gesetzesnovelle. "Jetzt sind wir seit 14 Tagen im Anstieg der Omikronwelle und jetzt muss auf einmal ein Freedom Day ausgerufen werden. Ich finde das höchst fragwürdig und bin sehr unzufrieden mit diesen Regelungen", sagte sie am Donnerstagabend in einem Spezial im rbb-Fernsehen.

Vor allem kritisierte sie die Hotspotregelungen im neuen Gesetz, die sie als Mogelpackung bezeichnete, weil die zugrunde liegenden Kriterien unbestimmt seien. Vom Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und dem Bundesjustizminister Marko Buschmann (FDP) seien unterschiedliche Informationen über die Größe einer Hotspotregion gekommen: "Wir wissen weder: ab wann wird ein Hotspot ausgelöst, wie schlimm muss die neue Variante sein, was für Kriterien sind erfüllt. Das ist alles spekulativ, deshalb greift das völlig ins Leere."

Sendung: Inforadio, 17.03.2022, 19:00 Uhr

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27 Kommentare

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  1. 27.

    Wie hoch ist denn eigentlich die Durchseuchung/Immunisierung pro Altergruppe im Moment eigentlich? Dazu habe ich noch keine Auswertung gesehen oder von entsprechenden Screenings gelesen?

  2. 26.

    Ach, noch eins wegen
    "...warten, dass die Zahlen aufgrund der wärmeren Temperaturen hoffentlich wieder sinken,".
    Dann hoffen wir mal. Von Alpha, Delta lernte man, dass die Saisonalität unterschätzt wurde. Das wird nun auf Omikron übertragen. Ich kann jedoch nicht erkennen, dass für Omikron auf der Südhalbkugel ein klarer Zusammenhang zwischen Klima und Ausbreitung bestand. Australien etwa hat es ebenso abgekriegt, wie Europa. Ich würde nicht drauf wetten, dass der Frühsommer sich so auswirkt, wie letztes Jahr.
    Aber eine Absenkung durch natürliche Immunisierung wird wohl stattfinden. :-)

  3. 25.

    Welcher Zusammenhang zwischen Inzidenz und ITS besteht denn noch? Ein reziproker? Die Inzidenz ist in drei Monaten auf schwindelerregende Werte gekommen, die ITS-Belegung nahm jedoch stetig ab. Oder meinen Sie mit "schwindelerregend" die läppische Steigerung der letzten Tage, welche auf BA.2 zurückzuführen ist, das andererseits nicht gefährlicher ist, als der Hauppttyp?
    Vor allem aber: Wenn Verschärfungen stattfinden, dann sind weder der Virus, noch die Leute dran Schuld, sondern die Politik. Denn alle Maßnahmen der letzten Monate, ob 3G, 2G, Maske, drohende Impfplicht, haben Omikron nicht im geringsten irritiert. Und BA.2 schon gar nicht.

  4. 24.

    Es gibt da zwei kleine Denkfehler… wäre Deutschland das erste Land, das die Maßnahmen aufhebt könnte man ihre Befürchtungen nachvollziehen. Es gibt um uns rum aber bereits Erfahrungswerte. Weitet man seinen Blick auch weitere Länder aus sieht man das sogar im letzten Sommer in Ländern die Maßnahmen aufgehoben wurden.
    Und auch ein Punkt…. irgendwann kommen keine UnImmunisierten nach… das liegt in der Natur der Sache.

  5. 23.

    He, Andreas. Bitte entweder „Herr“ oder wenigstens „Hr.“ Lauterbach, so viel Zeit muss sein. Vielen Dank, haben Sie einen schönen Tag!

  6. 22.

    Parlamente sind eingentlich Sinn und Zweck einer Demokratie, es hätte nie so weit dazu kommen dürfen dieses auszuhebeln.

  7. 21.

    Trotz allem besteht zwischen hohen Infektionszahlen und Einweisungen auf die Intensivstationen immer noch ein Zusammenhang. Wenn die Zahlen in immer schwindelerregendere Höhen schießen, werden auch wieder mehr Menschen auf den Intensivstationen landen. Bei einer sehr hohen Zahl an Infizierten reicht schon ein kleiner Prozentsatz an schweren Verläufen, um die Krankenhäuser trotzdem wieder zu füllen und an den Rand ihrer Kapazitäten zu bringen. Und diese schweren Verläufe gibt es nach wie vor, obwohl die meisten, die sich mit Omikron infizieren, wohl „nur“ zwei Wochen richtig flachliegen. Bei der momentanen Dynamik ist es ein Risiko jetzt schon alle Maßnahmen abzuschaffen. Noch ein paar Wochen abzuwarten, ob bzw. dass die Zahlen aufgrund der wärmeren Temperaturen hoffentlich wieder sinken, wäre die risikoärmere Variante. Sollte das jetzt nach hinten losgehen, werden wir nur umso länger etwas von den dann kommenden neuen Verschärfungen haben. Ich persönlich möchte das jedenfalls nicht!

  8. 20.

    Tja das ist eben die Gefahr in einer Demokratie wenn zuviel Macht in wenigen Händen liegt.
    Dafür gibt es eigentlich die Parlamente!

  9. 19.

    Es ist ja auch schon bezeichnend, dass Maßnahmen zur Verschärfung ohne Vorankündigung sofort umgesetzt werden konnten, Rückkehr zur Normalität braucht jedoch eine Übergangszeit. Entweder die Maßnahmen sind nötig oder eben nicht.

  10. 18.

    "Wieso dann die Aufregung bei den Landesfürsten?"

    Weil man zukünftig neue "Maßnahmen" durch die jeweiligen Landesparlamente beschließen lassen muss. Damit wird das Regieren sicher unbequemer als in den letzten zwei Jahren - kommt allerdings auch wieder einer demokratischen Vorgehensweise deutlich näher. Es war unheimlich bequem, allein durch "es könnte eventuell unter Umständen vielleicht sein, dass..." in Windeseile irgendwelche "alternativlosen" Regelungen durchzusetzen.

  11. 17.

    Ja, entweder man nimmt nun das was man nicht so richtig will oder man bekommt garnichts.
    Schön ist auch He. Lauterbach zu sehen wie er versucht das nun als ganz tolle Sache zu verkaufen obwohl er noch vor ein paar Tagen vor der sommerwelle und dem Weltuntergang gewarnt hat. He. Wieler lassen sie scheinbar gar nicht mehr vor die Kameras.
    Das Ganze trägt die Handschrift der FDP…. meine Meinung.

  12. 16.

    "Und im Moment steigen die Zahlen leider wieder ganz rapide. "

    Welche "Zahlen" steigen? Die Bettenbelegung jedenfalls nicht.

    Oder meinen Sie die 7 Tagsinzidenz, über die man uns im Herbst erklärt hat, die habe keine Aussagekraft mehr? Habe ich das nicht mehr richtig in Erinnerung, dass eben jener Wert angesichts des stetigen Impfortschritts durch die Bettenbelegung ersetzt werden sollte?

  13. 15.

    Und ich bin mit den Unwahrheiten des Bundes und der Arroganz der Länder nicht einverstanden. Die Entscheidungsgewalt für derart weitreichende Beschneidgungen der bürgerlichen Grund und Freiheitsrechte gehört zur abstimmung in die Landesparlamente, und nicht in irgendwelche illegitimen Hinterzimmerrunden.

    Es ist schlichtweg Willkür und Rechtsbeugung, wenn Staatskanzleichefs ohne Ausbildung einfach mal ihr ganzes Bundesland zum "Hotspot" erklären wollen, um den Leuten weiter die Maske aufzuzwingen.

    Ich hoffe auf das Urteilsvermögen der Verwaltungsgerichte. Diese übergriffigen Landesfürsten haben ja mittlerweile völlig jedes Maß und jeden Anstand verloren. Es macht mich sprachlos, mit welcher Selbstgefälligkeit hier in Gutsherrenmanier über die Köpfe der Bürger hinweg durchregiert wird und man die Opposition übergeht.

  14. 14.

    "nur im Bundesrat könnte es scheitern. Würde das passieren, gäbe es kein Gesetz und alles würde zum 19.03. auslaufen" War das nicht schon bei der Änderung des IfSG nach Antritt der Bundesregierung das Druckmittel, um die Zustimmung des Bundesrates zu bekommen?

  15. 13.

    Der Bundestag wird das morgen beschließen… nur im Bundesrat könnte es scheitern. Würde das passieren, gäbe es kein Gesetz und alles würde zum 19.03. auslaufen… inclusive der Übergangsregel.
    Das wird leider nicht passieren.

  16. 12.

    Die letzten 2 Jahre waren die schönsten im Leben eines Politikers. Jeden Tag ein Statement abgeben, in Fersehrunden seine unausgegorene Meinung breittreten. Nun ist es bald vielleicht vorbei und man muss erstmal das Landesparlament einberufen. Das ist zäh und bringt keine gute Quote. 2 Wochen noch mal drauf. Abschied tut weh.

  17. 11.

    MORGEN, Freitag soll etwas beschlossen werden was auch noch durch den Bundesrat bestätigt werden muß!
    Bis jetzt gibt es nur Vorlagen.
    Gültigkeit erlangen Gesetze und Verordnungen erst ab Veröffentlichung, also werden wir uns bis mindestens zum Wochenende gedulden müssen um Klarheit zu haben wie´s weiter gehen wird.

  18. 9.

    Das Virus lässt sich eben nicht per Gesetz abschalten. Das dauert, so lange es eben dauert. Und im Moment steigen die Zahlen leider wieder ganz rapide. Da ist es nur gut und richtig, sich angemessene Möglichkeiten offenzuhalten, darauf zu reagieren. Alles andere wäre nun wirklich extrem blauäugiger Unsinn.

  19. 8.

    Klar sind die Landespolitiker unzufrieden, verschwinden sie doch wieder in der regionalen Kommunalpolitik und dürfen Bändchen zur Einweihung von Umgehungsstraßen zerschneiden.

  20. 7.

    Wie lautet ein Spruch: Gib einem kleinen Mann die Macht in die Hand. Man sieht ja, was dabei rauskommt. Diese Machtposition werden Woidke und Co doch nicht wieder einfach so aufgeben. Einfach alles fallen lassen und gut ist es.

  21. 6.

    Das ist ja gerade das perfide dabei: es gibt keine klare Definition. Und damit ist das ganze ausreichend begründet bis zum Sankt Nimmerleinstag. Erschreckend.
    Ich hoffe, die Gerichte kippen das ganz schnell wieder.

  22. 5.

    Hotspots sind dem Gesetzentwurf zufolge Gebiete, in denen "die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage besteht". Das ist dann gegeben, wenn sich eine gefährliche Virusvariante ausbreitet - oder die Infektionszahlen stark steigen und zugleich eine Überlastung der Krankenhäuser droht. Dass eine solche Situation besteht, muss das jeweilige Landesparlament per Beschluss feststellen. Ein Hotspot kann sich auf einen Stadtteil beschränken, aber auch ein ganzes Bundesland umfassen.

    Unklar ist bislang, wann genau künftig Hotspots in den Ländern beschlossen werden. Denn darüber, wann die Voraussetzungen erfüllt sind, gehen die Meinungen stark auseinander. Die Vorlage enthält keine konkreten Angaben.

  23. 4.

    Erschreckend wie sich die Länderchefs dagegen wehren ihre willkürliche Machtbefugnis wieder herzugeben.
    Selbst die Einbindung der Länderparlamente ist ihnen ein Dorn im Auge. Meint man, man sei Herrscher von Gottes Gnaden.
    Wenn man sich bei den Maßnahmen und den Umfragen sicher wäre, gäbe es doch kein Problem die überwiegende Mehrheit trägt doch dann weiterhin Maske …freiwillig…. oder glaubt man den Umfragen nicht ?
    Mal schauen welche Zahlen man aus dem Hut zaubert um weiterhin seine Machtposition zu halten.

  24. 3.

    "Derzeit seien viele Menschen mit der Omikron-Variante des Coronavirus infiziert, zeigten aber kaum oder gar keine Symptome."

    Wieso dann die Aufregung bei den Landesfürsten?

    Letalität aktuell: 0,7%
    https://www.corona-in-zahlen.de/weltweit/deutschland/

    Aber "Das geplante Bundesgesetz sei aber nun "die rechtliche Grundlage, auf der aufgebaut werden kann"." macht doch etwas Hoffnung auf Rückkehr zu einem normalen Leben aller mündigen Bürger. Es wird Zeit!

  25. 2.

    @rbb: Ab wann gilt eine Region dann als Hotspot und welches Kriterium ist maßgeblich? Im Netz finde ich leider nicht wirklich eine Angabe.

  26. 1.

    Warum Hr. Scholz keine Maßnahmen die Pandemie betreffend angekündigt, sondern immer nur herumeiert ist nicht nachvollziehbar.
    Warum kann er nicht klar formulieren welche Vorgaben wie anzuwenden sind und dies für alle Bundesländer gleich. Nicht wieder so ein Flickenteppich wie zurzeit.

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