Berliner Klage abgewiesen - Verfassungsgericht: Coronabedingte Schließung der Gastronomie war rechtens

Di 10.05.22 | 12:41 Uhr
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Berlin, Deutschland 08. April 2021: Vor einer Gastronomie in Berlin sind wegen dem Lockdown zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, Tische und Stühle der Aussengastronomie auf einander gestellt. (Quelle: Fotostand/Reuhl)
Audio: rbb24 Inforadio | 10.05.2022 | Klaus Hempel | Bild: Fotostand/Reuhl

Vor einem Jahr führte die Corona-Pandemie bundesweit zu geschlossenen Restaurants, Speisen durften nur abgeholt werden. Jetzt ist eine Berliner Gastronomin mit ihrer Klage dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Restaurants, Cafés und Kneipen durften in den Hochphasen der Corona-Pandemie zeitweise geschlossen werden. Ein Jahr nach den vielen Einschränkungen durch die sogenannte Bundes-Notbremse hat das Bundesverfassungsgericht auch diese Maßnahme als zulässig eingestuft. "Der Schutz von Gesundheit und Leben ist ein legitimer Zweck, dessen Verfolgung selbst schwere Eingriffe in die Berufsfreiheit zu rechtfertigen vermag", teilte das Karlsruher Gericht am Dienstag mit. Geklagt hatte eine Restaurantbetreiberin aus Berlin. (Az. 1 BvR 1295/21)

Die Entscheidung kommt nicht überraschend, da die Richterinnen und Richter des Ersten Senats zentrale Maßnahmen der Corona-Notbremse schon vor einigen Monaten als gerechtfertigt eingestuft haben. Dabei ging es um die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen und die vorübergehende Schließung von Schulen.

Notbremse sah Maßnahmen ab 100er-Inzidenz vor

Konkret geht es in diesem Fall jeweils um den einstigen Maßnahmenkatalog des Paragrafen 28b, der am 22. April 2021 ins Infektionsschutzgesetz eingefügt wurde und bis Ende Juni 2021 in Kraft blieb. Der Bund wollte damit sicherstellen, dass überall im Land dieselben Maßnahmen greifen, sobald sich die Corona-Lage in einer Region zuspitzt.

Die Notbremse musste automatisch gezogen werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an mehreren Tagen die 100 überschritt. Auch Gaststätten mussten schließen, sobald diese Schwelle erreicht war. Sie durften ihre Speisen und Getränke nur noch außer Haus anbieten. Die Geschäftsführerin der klagenden GmbH war der Ansicht, die Schließungen seien so nicht erforderlich gewesen. Verpflichtende Hygienekonzepte und Tests hätten ausgereicht.

Gericht: "Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden"

Die Verfassungsrichter betonen dagegen erneut den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Damals habe eine "besondere Dringlichkeit" bestanden, "zum Schutz der überragend bedeutsamen Rechtsgüter Leben und Gesundheit sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems tätig zu werden". Weiter heißt es: "Dabei ist der grundsätzliche Ansatz, den Schutz dieser Gemeinwohlbelange primär durch Maßnahmen der Kontaktbeschränkung an Kontaktorten zu erreichen - wozu auch die Schließung von Gaststätten zu zählen ist - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden."

In Berlin griff die Notbremse vom 24. April bis 18. Mai 2021. Deren Beschluss hatte eine Klagewelle in Karlsruhe ausgelöst, weil man erstmals ohne Umweg über die Verwaltungsgerichte direkt das Bundesverfassungsgericht einschalten konnte.

Sendung: Radioeins, 10. Mai 2022, 12 Uhr

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21 Kommentare

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  1. 21.

    Das müssen sie auch nicht feststellen, dafür gibt es Berichte in den Medien.
    https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/fuer-immer-zu-das-leise-sterben-der-geschaefte,Sbo3SlW
    Das dürfte in Berlin nicht anders sein.
    "CRIF Geschäftsführer Dr. Frank Schlein die aktuellen Zahlen. Da sich die Insolvenzstatistiken auf die Vergangenheit beziehen, werden die genauen Auswirkungen der Corona-Krise erst nachgelagert sichtbar werden. 2022 erwartet CRIF bis zu 2.200 Insolvenzen in der Gastronomie (plus 51 %)."

  2. 20.

    Also, ich bin mal als Gastronomin pleite gegangen, wurde nach meiner Meinung von der Brauerei über den Tisch gezogen, aber von einem Gericht verurteilt, den von der Brauerei geforderten Betrag zu zahlen.
    Da ich unseren Rechtsstaat anerkenne, habe ich mich dem Urteil gefügt und nach einer Privatinsolvenz bin ich jetzt schuldenfrei.
    Ich habe keinen Führerschein und kaufe faire Lebensmittel im Bioladen.
    Was sagt das jetzt aus?

  3. 19.

    „Leben und Gesundheit gehen vor“
    Diese pauschale Aussage hat auch He. Geisel (Innenminister Berlin) getroffen.
    Das Gericht hat ihn schon 2020 belehrt, Demo recht geht vor.
    Recht auf körperliche Unversehrtheit ist eben kein absolutes Recht, es wurde und wird durch andere rechte und Gesetze eingeschränkt.

  4. 18.

    Es geht doch nicht ums Autofahren oder Einkaufen. Sondern um die Gefahrenverhütung einer Pandemie. Leider kenne ich keinen Gastronom der pleite ging und man sieht es den Leuten nicht an. Und ob eine Gastronomie wegen Schließung kaputt ging, kann ich ohne Bilanz und Unterlagen nicht feststellen.

  5. 17.

    Also ich "durfte" 2020 nach einer Augen OP 5 Wochen im Krankenhaus bleiben. Wenn das Restaurant oder die Kneipe zu viel kosten, suche ich mir was anderes, oder koche selbst. Getränke gibt es auch im Laden.

  6. 16.

    Genau, deswegen lassen sie ab heute das Auto stehen und kaufen nur noch faire Lebensmittel, hoffe ich doch, ansonsten ist ihre Aussage komplett heuchlerisch.
    Können sie ja mal einem Gastronomen der pleite gegangen ist direkt ins Gesicht sagen.

  7. 15.

    Seit der Einführung der Fallpauschale 2003 im Gesundheitswesen geht Profitabilität vor Gesundheit.
    Und schon lange vor Corona siechen viele, viele alte und kranke Menschen in Pflegeeinrichtungen und zu Hause vor sich hin. Was wurde hier massiv verbessert? Garnichts. Soviel zu besorgten Politikern.
    Sie werden es erleben dass ein Restaurantbesuch noch deutlich teurer wird.

  8. 14.

    Zitat aus dem Text: "Die Notbremse musste automatisch gezogen werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an mehreren Tagen die 100 überschritt. . . . In Berlin griff die Notbremse vom 24. April bis 18. Mai 2021."

    Und dagegen hat eine Berliner Gastronomie GmbH, angesichts der weltumspannenden und im Verlauf damals kaum einschätzbaren Pandemie, nachträglich geklagt? Nu ja . . .

  9. 13.

    Die so unabhängige Justiz kennt in diesem Thema Corona einfach keine Verhältnismäßigkeit, nur mit kleinen Ausnahmeurteilen...traurig. So ein Rechtsempfinden darf von der Politik nie wieder kommen.

  10. 12.

    Leben und Gesundheit gehen vor! Und in einer Pandemie erwarte ich von Politikern, eher vorsichtig und besonnen zu Handeln. Die Gastro bekam Hilfen.

  11. 11.

    Eine pauschale Statistik soll als Grund für die, in diesem Fall, Einschränkung eine Branche herhalten.
    Hat man vergessen, als zuerst die Gastro als Lockdown light geschlossen wurde und es sich bei den Zahlen nichts tat. Dann wurde alles mögliche geschlossen.
    Oder die Aussage von Spahn … kennt man auch noch … aus (zur der Zeit) heutiger Sicht hätte man keinen Friseur geschlossen… kurz danach wurden sie wieder zu gemacht.
    Das lässt sich endlos so fortführen… immer wurde von betroffenen vorgebracht … an unserer Branche liegt es nicht… einen Gegenbeweis wurde nie erbracht sondern einfach geschlossen oder mit Maßnahmen belegt… irgendwelche G im Handel, kontaktnachverfolgung im Handel … wobei nie irgendein Kontakt bei einem Warenhaus oder so jemals nachverfolgt wurde.
    Und jetzt nochmal das mit den Fakten… wer da welche Fakten nicht beachtet.

  12. 10.

    Nichts neues unter dem neuen Präsidenten des Verfassungsgerichtes Harbarth.
    Alle bisherigen Entscheidungen unter Harbarth zu den Corona-Zwansregelungen wie Schulschließungen und Ausgangssperren wurden regierungskonform als verfassungsrechtens deklariert.
    Und damit jede Klage bisher abgewiesen.

  13. 9.

    Ganz normal, der Widerstand und die Kritik.
    Ob mRNA oder ohne ist egal, weil alle zugelassenen Impfstoffe befanden sich in der Erprobungsphase, sprich die 3. Studienphase war noch nicht abgeschlossen.
    Deshalb auch die, jetzt wörtlich, 'bedingte Zulassung' in der EU für die EU-Länder und jetzt wieder wörtlich, 'Notfall-Zulassung' für die USA und Kanada.

  14. 8.

    Auch in bin enttäuscht über die schlechte Argumentation in der Klage. So ist staatlich angeordnete indirekte Existenzvernichtung in der Gastronomie als rechtlich korrekt legitimiert worden. Durch steigende Lebensmittel- und Energiepreise drohen (nicht nur) der Gastronomie die nächsten Schwierigkeiten.

  15. 7.

    " Also wenn so etwas ein Gericht gut findet, stimmt irgendwie mit der Rechtssprechung in unserem Land nicht mehr. "

    Das ist jetzt aber sehr polemisch. Ein Gericht hat nicht danach zu entscheiden, ob es etwas gut findet oder, noch schlimmer ( :-) ), was Sie gut finden, sondern nach völlig anderen, rein sachlichen Parametern. Wer ja noch schöner, wenn ein Gericht modischen Meinungsströmungen bei ihren Entscheidungen einfließen lässt.

    Und bevor das jemand empört aufschreiend missversteht: "modische Strömungen" bezieht sich nicht explizit auf dieses Urteil, sondern ist allgemein gemeint....

  16. 6.

    Richtig und rechtens sind zwei unterschiedliche Begriffe.

  17. 5.

    Zu dieser Zeit war die Sterbestatistik 2020 mit den Vorjahren vergleichbar. Als nur eine Datengrundlage.

    Als wenn die Kritiker, zu mindest der laute Teil, sich für Fakten interessieren würde.

    Es hieß auch, nein zur Impfung, da RNS Impfstoff ganz schlimm, den Vektor-Impfstoff wollte man dann aber auch nicht. Vondaher ist es nicht möglich eine bestimmte Minderheit mit Daten zu überzeugen, auch wenn diese ständig Belege möchte.

  18. 4.

    Ich habe da eine andere Meinung.
    Ich sehe das als Willkür des Staates zumal ja die Änderung des Infektionsschutzgesetzes in Lichtgeschwindigkeit durchgepeitscht wurde.
    Nun ist ja eh alles vorbei und viele sind pleite gegangen und mussten Leute entlassen. Also wenn so etwas ein Gericht gut findet stimmt irgendwie mit der Rechtssprechung in unserem Land nicht mehr.

  19. 3.

    Leider kann das Gericht nicht beurteilen, inwieweit welche Maßnahme welchen Erfolg hatte.
    Da es keinen Vergleich gibt, wird man dies auch nicht erfahren.
    Schade das es auch zukünftig ausreichen wird mit Vermutungen und Ängsten vieles zu rechtfertigen.

  20. 2.

    Hat irgend jemand , ein anderes Urteil erwartet ?

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