Unterbringung in Messehallen bei Schönefeld - Woidke verschärft den Streit um Flüchtlinge in Selchow

Mo 22.02.16 | 08:53 Uhr
Eine Hebebühne arbeitet in einer Messehalle in Selchow (Quelle: dpa)
Bild: dpa-Zentralbild

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke will die Selchower Messehallen nicht als Unterkunft für Flüchtlinge hergeben - das bekräftigte er jetzt in einem Interview. Berlin will die Hallen nach der ILA mit Flüchtlingen belegen, darauf dringt vor allem die CDU in der Hauptstadt. Und die nennt Woidke jetzt "egoistisch und unsolidarisch".  

Die Unterbringung von Flüchtlingen bleibt ein Zankapfel zwischen Berlin und Brandenburg.  Der Potsdamer Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bekräftigte in einem Zeitungsinterview, dass er Berliner Flüchtlinge nicht in den Selchower Messehallen bei Schönefeld unterbringen lassen will.

Woidke hält die Unterbringung für Unfug

Der SPD-Politiker sagte dem "Tagesspiegel": "Ich bin nicht bereit, Dinge zu machen, die ich für Unfug halte". Er könne sich nicht vorstellen, 5.000 Menschen in riesigen Messehallen unterzubringen. Das werde nicht funktionieren. "Ich würde sogar wetten, dass am nächsten Tag 80 Prozent der Leute weg sind, wahrscheinlich wieder in Berlin", wird er zitiert.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte vor gut einem Jahr geäußert, er wolle mit dem Nachbarland über die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge verhandeln. Seither war dieser Vorschlag immer wieder in der Debatte vorgekommen. Im Gespräch war dabei vor allem das frühere Gelände der Internationalen Luftfahrtausstellung in Selchow (Dahme-Spreewald).

Czaja: Selchower Hallen gehören Berlin

Senatssprecherin Daniela Augenstein sagte dem "Tagesspiegel", sie empfinde Woidkes Absage als "irritierend". Nach ihrem Kenntnisstand gebe es Gespräche mit Brandenburg über die Unterbringung von Flüchtlingen, in denen Selchow eine Rolle spiele.

Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sagte dem Blatt: "Die Messehallen in Selchow gehören dem Land Berlin und sind mit dem Kabinenbau der Messe für bis zu 5.000 Menschen zur Unterbringung geeignet. 30 von 60 Turnhallen könnten wir dafür in Berlin leerziehen". Es wäre wichtig, dass Woidke und Müller dazu direkt miteinander sprächen.

CDU nennt Woidke "egoistisch und unsolidarisch"

Woidkes Äußerungen lösten bei der Berliner CDU Unmut aus. Ihr Generalsekretär Kai Wegner sagte: "Dieses Verhalten ist und bleibt egoistisch und unsolidarisch. Das Ziel, die zu uns kommenden Menschen vor Obdachlosigkeit zu bewahren, wird von Brandenburg erkennbar nicht geteilt." Auf die Hallen in Selchow nicht zurückgreifen zu können, habe gravierende Folgen, sagte Wegner: "Denn auch in diesem Jahr werden wieder viele Menschen in unsere Stadt kommen. Daher sind wir dringend auf Unterkünfte angewiesen."

Ramona Pop, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen (Quelle: dpa)
Messehallen als Unterkunft gehen auch nach Meinung von Ramona Pop nicht | Bild: dpa

Opposition auch gegen Messehallen

Berliner Oppositionspolitiker zeigten Verständnis für den Brandenburger Ministerpräsidenten.  Die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop ist von der Sache her auf Woidkes Seite: Sie hält die Hallen in Selchow für ungeeignet, um Flüchtlinge unterzubringen: "Dort ist rundherum gar nichts, keine Anbindung, keine Infrastruktur, die Menschen wären völlig auf sich allein gestellt – ich finde, das kann man nicht machen", wird sie zitiert. Allerdings kritisierte sie Woidkes strikte Haltung. Berlin und Brandenburg müssten sich verständigen. Brandenburg sollte auch überlegen, wie es Berlin helfen könne, sagte sie weiter.  

Udo Wolf von der Linkspartei hat aus seine Zweifel, bezüglich des Standorts. "Dass eine Unterbringung in riesigen Messehallen nicht funktioniert – das sehen wir ja auch an Tempelhof und den unhaltbaren Zuständen dort", sagte Wolf dem "Tagesspiegel". Berlin müsste seine Möglichkeiten prüfen und nutzen, dann ließe sich das auch in Berlin organisieren, so der Linken-Politiker weiter.  

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