Analyse | CDU-Debakel bei Landtagswahl - Gegen die Wand

Di 24.09.24 | 15:30 Uhr | Von Oliver Noffke
  55
Jan Redmann spricht am 23.09.2024 während einer Pressekonferenz der CDU. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)
Bild: dpa/Sebastian Gollnow

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an den Wahlkampf der CDU in Brandenburg denken? Hat die Antwort irgendwas mit Inhalten zu tun? Genau da liegt das Problem. Statt Themen zu setzen, ging es um Störfeuer. Der Neustart soll in der Opposition gelingen. Von Oliver Noffke

Das Unvermeidliche zuerst: der Roller. Jan Redmann hätte seinen Wahlkampf kaum schlechter starten können. Dass er im Juli betrunken auf einem E-Scooter durch Potsdam-Babelsberg gefahren ist, hat ihn viel gekostet: den Führerschein, eine Stange Geld und die Möglichkeit, politische Gegner von Beginn des Wahlkampfes an hart angreifen zu können. Stattdessen klebte ihm das Thema wochenlang am Schuh. Sagen wir mal wie Kaugummi.

Mehrfach räumte er den Fehler ein. Behielt auch dann die Fassung, wenn er bei einem Wahlkampfauftritt innerhalb von Minuten acht-, neun-, zehnmal hintereinander etwas dazu in ein Mikrofon sagen sollte. Er blieb stets freundlich, einsichtig, geläutert. Das war selbstverständlich der richtige Weg, um mit dieser Situation umzugehen. Und gleichzeitig hat ihn nichts so sehr ausgebremst wie jener weinselige Abend im Juli.

Unter Jan Redmann ist die Brandenburger CDU abgeschmiert. Das lässt sich anders kaum beschreiben. 12,1 Prozent bei den Zweitstimmen ist nicht nur der niedrigste Wert, den die Christdemokraten jemals in Brandenburg eingefahren haben. Schlechter schnitt die CDU auf Landesebene zuletzt 2020 ab, bei Bürgerschaftswahlen in Hamburg. Anfang Juli stand die CDU im BrandenburgTrend noch gleichauf mit der SPD bei 19 Prozent. Nun stellt sie die viertgrößte Fraktion in einem Parlament mit vier Parteien.

Übersteuert bei der Kurskorrektur?

In den vergangenen Wochen versuchte Redmann die Kurskorrektur. Wahrscheinlich riss er dabei zu fest am Steuer. Anfang September forderte er, Deutschland solle keine Geflüchteten mehr aufnehmen. Zu Beginn des Wahlkampfs sprach er oft über Integration, Sicherheit, Polizei oder Fachkräftemangel. Aber nicht derart zugespitzt von breit angelegten Abweisungen von Geflüchteten.

Damit stieg er in eine Debatte ein, bei der es für ihn nichts zu holen gab. Egal, was er forderte, die AfD konnte das locker überbieten oder – noch schlimmer – ihn fragen, warum er sich nicht schon früher für Verschärfungen eingesetzt hatte.

Es ist geradezu unmöglich, in der Migrationsdebatte rechts an den Rechtspopulisten vorbeizuziehen. Das stellen Meinungsforschende seit Jahren immer wieder fest. So auch diesmal in Brandenburg. Infratest Dimap hatte bei einer Umfrage wenige Tage vor der Wahl Wählerinnen und Wähler gefragt, wer die Verantwortung für hohe Zuwanderungszahlen trage. 55 Prozent der Befragten sagten: die CDU.

Störfeuer bis hin zur Sabotage

Die harte Landung der CDU hat Redmann nicht allein zu verantworten. Er hatte Helfer. Die tüchtigsten unter ihnen kamen aus der eigenen Partei. Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen und wie Redmann Mitglied im Bundesvorstand der CDU, fasste eine Woche vor der Wahl den wirklich bemerkenswerten Entschluss, den Brandenburger:innen die Wahl der SPD zu empfehlen.

Ebenfalls komplett ohne Not lenkten die Spitzen des Bundesverbands und der CSU die Aufmerksamkeit weg von den Brüdern und Schwestern in Brandenburg. War die Woche vor der Wahl in Brandenburg wirklich der richtige Zeitpunkt, um auszuhandeln, ob Friedrich Merz oder Markus Söder in zwölf Monaten die Union zur Bundestagswahl anführen wollen? Hätte das nicht auch nächste Woche sein können?

Wenn Jan Redmann und seine Brandenburger etwas vom Rest der CDU erwarten konnten, dann waren das ordentliche Störfeuer bis hin zur Sabotage.

Eine Wand aus Problemen, Neustart in der Opposition

"Im August lief’s noch ganz gut", sagte Redmann am Sonntagabend in rbb24 Brandenburg aktuell. "Dann kam der 1. September in Sachsen und Thüringen. Die Wahl dort hat den Brandenburger den Schreck in die Glieder fahren lassen." Es hat, wie Redmann sagt und auch diverse Befragungen zum Wahlverhalten feststellen, eindeutig eine Polarisierung gegeben. Für oder gegen die AfD.

Es ist allerdings nicht so, als ob die Partei oder ihr Spitzenkandidat in Brandenburg ein wirkungsvolles Rezept dagegen in der Hand gehalten hätten. Jan Redmann und die CDU sind durch den Wahlkampf gestolpert. Viele der unglücklichen Umstände haben sie selbst verursacht, schlimmer gemacht oder zu lange ausgehalten. Bis sich eine Wand aus Problemen aufgetürmt hatte, die am Ende einfach zu hoch gewesen war.

Den Schaden beseitigen will Redmann selbst. Seine Fraktion steht dabei hinter ihm. Am Dienstagvormittag wurde er mit elf Stimmen als Vorsitzender bestätigt. "Wir bereiten uns auf die Rolle in der Opposition vor", sagte er kurz darauf bei einer Pressekonferenz. Eine Koalition mit der SPD hätte keine Mehrheit, ein Dreierbündnis mit dem BSW schloss er aus. "Als fünftes Rad am Wagen steht eine CDU nicht zur Verfügung."

Korrektur: In einer früheren Fassung dieses Beitrags waren leider unsaubere Angaben zu früheren Wahlergebnissen sowie zur Wiederwahl Redmanns zum Fraktionsvorsitzenden zu lesen. Die entsprechenden Stellen wurden korrigiert. Wir bitten die Fehler zu entschuldigen.

Beitrag von Oliver Noffke

55 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 55.

    Also, Friedenspolitik war 13,5 Prozent laut BSW wichtiger als Brandenburger Politik. Übrigens für mich ist es Bündnis sozialistischer Weg, also wer diese Partei wählt hat die Geschichte verfehlt und Nazis mit lauter alten Männer in der AfD, also das geht garnicht. CDU hatte falschen Kandidaten, dazu ein grober Fehler mit Alkohol, dafür sind früher Politiker zurückgetreten. CDU braucht einen anderen Kandidaten und vor Ort Politiker, das war früher besser.

  2. 54.

    Nö klar, sie sind nur Peter Munk, ein Geist, der nur Wahlkampf für die AfD macht und in Wirklichkeit Buddhist ist.
    :-)))

  3. 53.

    Wer am überzeugensten gegen die rechtsextreme AfD spricht? Die rechtsextreme AfD selbst!

    Jüngstes Beispiel, für die rechtsextreme AfD zieht ein gewaltbereiter Nazi in den Landtag, Jean-Pascal Hohm.

    Die rechtsextreme AfD wird von rechtsextremen Wählern gewählt und von denen denen es egal ist wenn wieder Neonazis und andere Rechtsextremisten in unseren Parlamenten sitzen.

  4. 52.

    So wie der AfD-Wahlkampf im Prinzip nur aus Anti-Ausländer-Stimmung bestand.

  5. 51.

    Fast der gesamte Wahlkampf war Anti-AfD aufgebaut. Insbesondere bei den Grünen hatte man zeitweise den Eindruck, es wäre ihr einziges Argument, wenn nicht ab und zu mal noch das Thema Klima durchgeblitzt hätte. Beides hat beim Wähler sichtbar nicht verfangen, zumal vor allem die SPD mit ihrem beliebten Ministerpräsidenten und dem damit verbundenen Amtsbonus die Wahlsiegverhinderung der AfD viel wirkungsvoller an sich gerissen hat. Bei der CDU entstand der Eindruck, sie wissen gar nicht so recht, wohin sie in Zukunft wollen. Auch das hat der Wähler abgestraft. Die FDP war wegen der fatalen Bundespolitik eh chancenlos. Am Ende war wohl noch das BSW am erfolgreichsten darin, den Wahlsieg der AfD zu verhindern, denn 30% deren Wähler hätten sonst jene gewählt. Wenn aber am Ende 50% der Sitze an die Parteien links und rechts am Rand gehen, dann sollten die Regierenden mal checken, dass sie an den Sorgen der Menschen vorbeiregieren. Aber selbst den Warnschuss werden sie nicht hören wollen.

  6. 50.

    Noch ein Nickname, oder die selbe Rechtschreibschwäche und Argumentationslosigkeit?
    Welche Partei ich tatsächlich wähle oder ob ich überhaupt wahlberechtigt bin, wissen Sie doch gar nicht.

  7. 49.

    Nein, es langweilt, dass Sie hier ständig mit wechselndem Namen andere Nutzer mit primitivsten Versuchen und ohne jegliche Argumente und Nachweise beleidigen wollen. Falls Sie noch ein Argument unter Ihrem Sofa finden sollten, melden Sie sich gerne zwecks Austausch wieder.

  8. 48.

    Allgemein und auch hier in der Kommentarfunktion gibt es nur noch das Thema, wer spricht am überzeugendsten gegen die AFD. Darüber kommen z.Z. viele wichtige Probleme und Themen der Politik zu kurz.
    Frage mich nur, wo kommen die hohen Prozentwerte bei den letzten Landtagswahlen her, AFD wird ja von niemandem gewählt...

  9. 47.

    Na das sie als AfD-Wähler gelangweilt sind ist ja nicht mein Problem.
    Außerdem spielen sie bei der zukünftigen Landesregierung zum Glück ja nun überhaupt keine Rolle!

  10. 46.

    Nein, es langweilt wie sie hier ständig Rechtsextremisten und deren Taten verharmlosen.

    Die Hetzkampagnen gegen die Grünen aber auch Die Linke, auch hier in der Kommentarfunktion, sind ja nicht zu übersehen.

  11. 45.

    Mal genauer hinsehen. SPD und CDU haben zusammen keine Mehrheit, sondern hätten ein Patt zwischen einer solchen Koalition und einer Opposition aus AfD und BSW. Warum sollte also die CDU hier in ernsthafte Verhandlungen gehen, zumal Koalitionen meistens für den kleineren Koalitionspartner bei der nächsten Wahl nicht zum Vorteil ausfallen. Also kann die SPD hier nur Gespräche mit einer der beiden größeren Wahlgewinner eingehen. Da die Überschneidungsmenge zur AfD sehr gering ist und von vornherein ausgeschlossen wurde, bleibt nur das BSW übrig. Für die ist das natürlich ein riesen Erfolg, aber auch die Gefahr, dass sie jetzt die Hosen runterlassen müssen. Ein Regieren wird für die SPD daher trotz ihres Sieges in den nächsten Jahren nicht leicht werden.

  12. 44.

    Das ständig mit dem Wort "Hetze" um sich werfen, wertet die persönliche Meinung nicht auf. Es langweilt nur noch, weil es ohne Substanz bleibt.
    Dass die CDU kräftig einstecken musste, lag nicht nur an Woidke mit seinem zugegebenermaßen geschickten Schachzug. Es lag durchaus auch an Redmann, der dem nicht genug entgegen gesetzt hat. Und natürlich spielen nicht nur landespolitische Themen eine Rolle. Weltweite und bundesweite Entscheidungen haben nun mal unmittelbaren Einfluss auf die Landespolitik und genau deswegen gibt es auch so was wie den Bundesrat, der sehr wohl erheblichen Einfluss auf die Bundespolitik nehmen könnte, wenn er denn wöllte. Das ist ja seine Aufgabe.
    Letztlich hat aber Woidkes Schachzug am wenigsten der CDU geschadet, wie die Wählerwanderung zeigt. Es hat vor allem zu deutlichen Verschiebungen im linken politischen Lager zu Gunsten der SPD geführt.

  13. 43.

    Wie war das noch als sich die FDP nach der Wahl bezüglich Jamaika vom A ker machte??

  14. 42.

    Wäre es natürlich nicht. Vielleicht mit Ausnahmegestalt alla Barack Obama oder Demagogin Sahra Wagenknecht, aber doch nicht ein Sachpolitiker wie Stübgen.
    Woidke hat die er oder nichts Frage gestellt. Da war für keine andere demokratische Partei noch irgendwie inhaltlich Platz.
    Es ging ja auch um kein einziges Landesthema, sondern nur um Bundes- und Weltpolitik und rechte Hetze.

  15. 41.

    Redmann war ganz einfach der falsche Möchtegern-Kandidat (nicht die hellste Kerze am Baum) - die Schmollattitüde nach der verlorenen Wahl spricht für sich. Und bei allen Vorbehalten...mit Stübgen wäre das Ergebnis ein besseres gewesen!!!

  16. 40.

    Dieser Herr Redmann wirkt nach seiner Alkoholfahrt einfach nur noch unseriös und nicht geeignet für die Regierungsarbeit. Der Wähler macht sich nach so einem Fehltritt ein allgemeines Bild über die Persönlichkeit. Er ist kein Jugendlicher, dem man mit Nachsicht die kleine Sünde verzeihen könnte.
    Die Wahl zum Fraktionsvorsitzenden erscheint in diesem Zusammenhang fragwürdig.

  17. 39.

    Warum sollte man die Merz-CDU wählen, wenn auch das Original eine Wahlalternative ist?

  18. 38.

    Die CDU hat nichts dazu gelernt. Leider bleibt da die Arroganz.
    Auf den Bürger wird nicht hingehört, nur den Parteien. CDU hat sich AfD angedient. Der größte Fehler ever.

  19. 37.

    Wenn sie zu den notwendigen Mehrheitsverhältnissen in einer Regierungskoalition nichts beitragen können, sich also selbst mit ihren eigenen Themen überhaupt nicht einbringen können, würden sie dann koalieren?
    Was ist denn das für eine absurde Demokratie?
    Nein, der Wähler hat gesprochen, es liegt ein Wahlergebnis vor und die erworbenen Landtagssitze entscheiden, welche Koalitionen möglich sind. Rechnerisch ist es nur eine Koalition: SPD+BSW.
    Woidke hat nun die Wahl zwischen dieser Koalition oder einer eigenen Minderheitsregierung mit Duldung von BSW und CDU.
    So läuft eben Demokratie!

  20. 36.

    Kein Mensch ist vollkommen und jeder macht Fehler. Als Spitzenkandidat hat Herr Redmann nicht überzeugt, da er sich diesen Fehler mit dem Roller nicht erlauben dürfen oder anschließend zurücktreten müssen, das wäre ehrlich gewesen. Was ich nicht verstehe, das beim BSW nur Plakate mit einer Frau und bundespolitische Themen angesetzt wurden. Brandenburg hat kein AA und keinen Einfluss auf das Verteidigungsministerium. Ich finde es schon sehr arrogant was die ehemaligen Linken abziehen und jetzt sich auch in der Opposition sehen, das ist die CDU und nun soll mal das BSW zeigen, was Wirtschaftspolitik in Brandenburg bedeutet. Viel Erfolg Herr Woidke, denn sie wollten ja MP werden und die Linke( BSW) war ja auch schon mit Herrn Platzek in der Regierung. Ich empfehle mal auch die LL des BSW zu lesen.

Das könnte Sie auch interessieren