Neue Koalition für Brandenburg - SPD und BSW wollen Verhandlungen bis Weihnachten beenden

Mo 04.11.24 | 16:41 Uhr
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Archivbild: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Robert Crumbach, Landesvorsitzenden des BSW Brandenburg (l-r), bei der Landespressekonferenz im Brandenburger Landtagsgebäude. (Quelle: dpa/Bahlo)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 04.11.2024 | A. Hewel | Bild: dpa/Bahlo

Nach fünf Sondierungstreffen haben SPD und BSW am Montag die nächste Ebene beschritten. Bei der ersten Koalitionsverhandlung für Brandenburg haben sich beide Seiten auf einen ambitionierten Zeitplan verständigt.

  • SPD und BSW starten Koalitionsverhandlungen
  • Noch vor Weihnachten soll der Vertrag stehen
  • Schwierige Finanzlage des Landes bestimmt erste Runde
  • Knackpunkte gibt es in der Bildungs-, Gesundheits- und Innenpolitik

Rund sechs Wochen nach der Landtagswahl in Brandenburg haben SPD und BSW am Montag mit Koalitionsverhandlungen begonnen. Die Hauptgruppen beider Parteien berieten zum Auftakt in der Potsdamer SPD-Zentrale.

Nach dem ersten Treffen auf dieser Ebene teilten beide Seiten mit, man wolle die Koalitionsverhandlungen möglichst noch vor den Weihnachtsfeiertagen abschließen. "Wir haben das Ziel, sozusagen vor Weihnachten einen Ministerpräsidenten zu wählen", sagte SPD-Generalsekretär David Kolesnyk der Deutschen Presse-Agentur (DPA).

Der BSW-Landesvorsitzende Robert Crumbach nannte den Zeitplan sehr ambitioniert, hält ihn aber für möglich. "Wir werden uns trotzdem bemühen, das hinzubekommen", sagte er der DPA. Bis Mitte Januar muss laut Brandenburger Verfassung der Ministerpräsident gewählt sein.

Crumbach: "Müssen keine Rotstiftpolitik machen"

SPD und BSW starteten ihre Koalitionsgespräche rund sechs Wochen nach der Landtagswahl unter anderem mit der Beratung über die schwieriger werdende Finanzlage. Die erwarteten Steuermindereinnahmen sollen zu einer Überprüfung mancher Ausgaben führen. "Da muss das ein oder andere kritisch hinterfragt werden", sagte SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller. "Aber es ist keine klassische Kürzungsdebatte."

Das BSW dringt wie SPD-Finanzministerin Katrin Lange darauf, Prioritäten zu setzen. "Wir werden keine Rotstift-Politik machen müssen, aber werden schon zu einer Politik der klaren Prioritätensetzung kommen müssen", sagte Crumbach. Zuletzt hatte die bisherige Finanzministerin Katrin Lange (SPD) mitgeteilt, dass das Land mit 403,7 Millionen Euro weniger Steuereinnahmen als erwartet rechnen muss. Die beiden Parteien streben zudem an, Bürokratie abzubauen. Konkrete Schritte sollen folgen.

Neben der Hauptgruppe tagen auch Arbeitsgruppen zu Bildung/Kultur, Innen/Justiz, Wirtschaft/Gesundheit und Verkehr/Umwelt. Mögliche Hürden für die Verhandlungen könnten die Bildungs-, die Gesundheits- und die Innenpolitik sein.

Beide Parteien hatten sich bereits verständigt, dass sie sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür einsetzen wollen, "eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts" mit dem Ziel von Waffenstillstand und dauerhaftem Frieden voranzutreiben.

"Offene und vertrauensvolle Gespräche"

Beide Seiten betonten die vertrauensvolle und konstruktive Atmosphäre. "Wir begegnen uns hier auf Augenhöhe", sagte Ex-SPD-Mann Crumbach. "Die Gespräche sind genauso offen und genauso vertrauensvoll wie vorher." Das sieht der SPD-Fraktionschef ähnlich. "Vertraulichkeit schafft auch Vertrauen", sagte Keller.

Eine Koalition von SPD und BSW wäre ein Novum. In Brandenburg regiert die SPD seit 1990, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wurde erst in diesem Jahr gegründet. Nur beide Parteien zusammen haben eine realistische Mehrheit im Landtag, weil keine Partei mit der AfD koalieren will. SPD und BSW haben gemeinsam 46 der 88 Landtagsmandate, die Opposition aus AfD und CDU verfügt über 42 Sitze.

Auch in Thüringen starten im Verlaufe des Tages Koalitionsverhandlungen, dort wollen CDU, BSW und SPD zusammenarbeiten.

CDU spricht von "Matroschka"-Koalition

Die Brandenburger CDU warf derweil ihrem bisherigen Koalitionspartner SPD reinen Machtwillen vor. "Es geht nur um ihre eigene Macht, sie hat grundlegende Überzeugungen preisgegeben, wie die Unterstützung der Ukraine oder die Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland", sagte der Landesvorsitzende Jan Redmann der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" (Montag/Print). "Die Brandenburger SPD macht einen Kotau vor Sahra Wagenknecht, der nicht notwendig war." Zudem isoliere sich die Brandenburger SPD innerhalb der Bundes-SPD.

Redmann sprach von einer "Matroschka"-Koalition. Matroschkas sind russische Puppen, die ineinander gesteckt werden können. "Die äußere Puppen-Hülle ist Dietmar Woidke. Wenn man weiter öffnet, steckt darunter Sahra Wagenknecht", sagte er über den Ministerpräsidenten und SPD-Landeschef. Mit Blick auf Russlands Präsident ergänzte er: "Und bei der nächsten Schicht kommt vielleicht ein kleiner Putin zum Vorschein".

Sendung: rbb24, 04.11.2024, 16:00 Uhr

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71 Kommentare

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  1. 71.

    An den Waffenlieferungen für die Ukraine wird sich durch die SPD-BSW-Koalition nichts ändern. Das ist Bundessache und die unverbindliche Präambel im Koalitionsvertrag hat keinerlei Auswirkungen. Ich habe ja ein gewisses Maß an Verständnis dafür, dass Sie Neuwahlen wünschen, in der Hoffnung, dass Ihre Grünen dann wieder in den Landtag einziehen könnten. Das Risiko eines blauen Durchmarschs ist aber viel zu hoch, als dass Verantwortliche Politiker/innen Ihren grünen Träumen nachgeben dürfen. Die Wählerschaft hat entschieden und Brandenburg braucht jetzt eine Regierung unter Berücksichtigung des Wahlergebnisses. Auch wegen der Verweigerungshaltung der CDU gibt es keine andere Möglichkeit als eine Koalition aus SPD und BSW.

  2. 69.

    Es scheint alle Nazis zu erfreuen, daß dem Generalsekretär zufolge Deutschland aus der Nato rausfliegt, wenn Deutschland nicht mehr in die Verteidigung investiert, weil wir dann Putin und mehr Putin kriegen.

  3. 68.

    Sie verstehen anscheinend vieles nicht und rühren da einen skurrilen Mix zusammen, wie man Ihren Ausführungen entnehmen kann. Halbwegs seriös geht anders. Das ist aber nicht weiter schlimm oder besorgniserregend. Um mit Kevin Kühnert zu sprechen : Da ist noch Luft nach oben !

  4. 67.

    Bitte meinen Beitrag exakt lesen, ich schrieb davon, wessen Interessen die AfD vertritt. Hitler hat auch die Interessen der Oberschicht vertreten, obwohl er ihr nicht entstammt.

  5. 65.

    Ach? Höcke ist Elite? Wo ist dieser Faschist Elite? Der ist noch nicht mal Thüringer, der kommt aus Westdeutschland. Versteh nicht, daß der noch immer nicht dahin zurück gegangen ist, wo er herkam!

  6. 64.

    Die Waffenlieferungen an die Ukraine sind überlebenswichtig. Kernspaltung ist nicht beherrschbar und die Uhr des nächsten Gaus tickt überall, genauso das nie lösbare Endlagerproblem. Merkel hat nach Fukushima als promovierte Physikerin rational und richtIg entschieden. Schwach waren nur ihre Konsequenzen als Physikerin und frühere Umweltministerin aufgrund der schon messbaren Effekte des Klimawandels bezüglich des Ausbaus der regenerativer Energiegewinnung nebst notwendiger Speicher und Stromtrassen. Da hat sie mit dem Hintern wieder das eingerissen, was sie vorne bereits richtigerweise aufbaute.

  7. 63.

    Eine 50:50 Chance zeugt nicht gerade von einem vertrauenserfülltem Erfolgsmodell, sondern gleicht eher einer Lotterie.
    Glücksspiel hat aber in einer seriösen Politik nichts zu suchen. Die Sucht nach der Macht scheint aber diese moralischen Werte immer mehr und öfters außer Kraft zu setzen. Dafür greift man sogar immer auch tiefer in die Trickkiste, in der nicht alle Tricks auch sauber sind. Ob nun im Bundestag oder den Landesparlamenten spielt schon gar keine Rolle mehr. Das bleibt aber auf Dauer nicht ohne Wirkung. In MV hat nach den neusten Umfragen die AfD um 68 % zugelegt, während die SPD sich halbiert hat.

  8. 62.

    Nur dass die AfD, anders als Donald in den USA, Vertreterin von Hochadel , Großkapital und anderen gesellschaftlichen Eliten ist.

  9. 61.

    Der allerletzte Versuch sollte nicht blau sein:
    Mein Kommentar [toberg] vom 04.11.2024 um 19:20 war als Satire gemeint als Antwort auf [Standort Fehler] vom 04.11.2024 um 16:21.
    Da brauchen Sie hier nicht mit dem Trumperismus kommen. Wissen Sie was Trump sein erster Wahlmanager sagte zur allgemeinen Wahlstrategie: Du muss die Leute nur mit so viel Schei...e vollballern, dass die nicht mehr wissen, was wahr und falsch ist.
    Wutbürger fallen auf diese Strategie voll rein. Wut ist keine Kritik, die eine Gesellschaft weiter bringt, sondern spaltet. Alles klar soweit?

  10. 60.

    Was bleibt der SPD angesichts der beleidigten Totalverweigerung der CDU denn übrig? Die Macht an die blauen Faschisten zu übergeben, auf dass die SPD alsbald von den blauen Horden verboten wird?

  11. 59.

    Was ich meinte ist nicht so ganz angekommen:

    1982: FDP wählt Kohl mit Stimmen die sie für ihre Werbung mit Schmidt erhalten hatte

    2005: SPD beschließt Erhöhung der Mehrwertsteuer um noch mehr als selbst die CDU wollte, mit Stimmen die sie mit Aussagen gegen jegliche MwSt-erhöhung bekommen hatte.

    2011/ CDU und FDP beschließen Atomausstieg mit Stimmen, die sie mit Aussagen für Atomkraftverlängerung erhalten hatten

    2022: Die Grünen beschließen die größten Waffenexporte der BRD-Geschichte mit Stimmen, die sie mit Werbung gegen Waffenexporte in Kriegsgebiete erhalten hatten.

    Nichts davon war zwingend oder "demokratisch notwendig". Es war Betrug am Wähler. Wenn das BSW nicht schon 4 Wochen nach der Wahl umkippt ist das doch erfrischend.

  12. 58.

    Bis Weihnachten? Gut, dass es nichts wichtiges zu tun gibt …. Da kann man sich Zeit lassen….. Prüfe, wer sich ewig bindet …. Meine Güte dauert das wieder lange. Und ob es dann auch klappt weiß man ja erst zum Ende.

  13. 57.

    2. Versuch
    Genau wegen solcher Überheblichkeit, wie Sie es hier zeigen, wählen die Amerikaner Trump. Weil diese Leute dort, wie auch hier von der ,,Elite'' des Landes und die, die sich dafür halten, nicht ernst genommen werden und auf sie heruntergeguckt wird! So wie dort Trump gewählt wird, wird hier diese Blaue Partei gewählt, weil es Rache ist!

  14. 56.

    Wer hätte gedacht,dass die SPD nochmal mit Altkommunisten koaliert. Eine Schande für Brandenburg.

  15. 55.

    >"Den vielen ,,einfachen Bürgern'', die sich gegen die Grünen, aber für die Blauen entschieden haben, sei es gedankt, daß die deutsche Nation untergeht."
    Unser Land Brandenburg als Deutsche Nation... mutig! Bisher kannte ich das nur von Berlin - wir Berlin als Planet und der restliche Kosmos nichtssagend drumherum... ;-)
    *Satire Ende*

  16. 54.

    Meine Bemerkung bezog sich eher auf die langen zeitlichen Linien, sprich: als Rückblende über die letzten fünf Jahrzehnte, (nicht auf eine tagesaktuell abgehetzte Politik innerhalb einer Legislaturperiode). Das vorherige Bundesdeutschland hatte nach der Überwindung der vergleichsweise gift-spritzenden Adenauerzeit, wo "der Iwan" hinter jedem 2. Baum & Busch vermutet wurde, schließlich zu einer Entspannungspolitik gefunden. Statt verbaler Anfeindungen gab es Reiseerleichterungen, sodass das Feindbild einzig der DDR-Seite vorbehalten blieb. Es wurde damit immer brüchiger, bis hin zum Umbruch 1989/90.

    Mit mehr oder weniger Energie wurde die Entspannungspolitik dann auch über Regierungswechsel hinweg erhalten. Die USA aber wagten sich von einem "Abenteuer" zum anderen, auf die eigenen Muckies vertrauend und von afrikanischen Potentaten bis hin zu Bin Laden haben sich dann die Bündnispartner "urplötzlich" anders entwickelt.

  17. 53.

    Dass sie da in ihrem Satz die Grünen mit einpflegen, hat schon was Lustiges. Aber Hauptsache irgendwas behauptet, kann man nicht ernst nehmen. Und dann noch vom "Untergang deutsche Nation" reden. Kommen Sie da etwa mit den Parteien durcheinander?

    Ach die "einfachen Bürger" dürfen auch nicht fehlen. Schöne Herabsetzung der Wähler. Weiter so.

  18. 52.

    >" wie das mit diesen Zutaten alles zu einem Erfolg führen soll ?"
    Ich finde die Zutaten des BSW Personals in Brandenburg noch besser fähig als z.B. in Thüringen. Und es gibt ja auch die erfahrenen Hasen / Häsinnen des Koalitionspartners SPD, die dann hoffentlich ab und an mal im Hinterstübchen von der Seite was stupsen. Die Wahlerbnisse bei immerhin doch 72,9% Wahlbeteiligung und vielen Schnittmengen SPD und BSW in den Wahlprogrammen fordern diese Koalition. Brandenburg ist nicht ihr Berlin Frau / Herr / Es Fancy! Wenn in Berlin nächstes Jahr Wahlen wären, gäbe es dieselben Fragen.
    Die Chancen stehen 50:50, dass dies klappen kann oder eben nicht. Dann hat Brandenburg als Beispiel für die nächsten Berliner Wahlen schon mal vorgelegt mit Erfahrungen.

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