Sondierungen in Brandenburg - SPD und BSW vereinbaren weitere Gespräche

Mi 02.10.24 | 16:21 Uhr
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Archivbild: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (l), Spitzenkandidat der SPD, spricht während einer Diskussionsveranstaltung im Havel-Saal der Potsdamer Industrie- und Handelskammer (IHK) neben Robert Crumbach (r, Bündnis Sahra Wagenknecht/BSW)(Quelle: dpa/Soeren Stache)
Video: rbb|24 Brandenburg aktuell | 02.10.2024 | Andreas Hewel | Bild: dpa/Soeren Stache

Rein rechnerisch hätten SPD und BSW eine Mehrheit im neu gewählten Brandenburger Landtag. Doch ob beide Parteien zusammenfinden, ist noch unklar. Ein erstes Sondierungsgespräch habe am Mittwoch "in guter Atmosphäre" stattgefunden.

Rund eineinhalb Wochen nach der Landtagswahl in Brandenburg sind SPD und BSW erstmals zu einem Sondierungsgespräch zusammengekommen. Nach rbb-Informationen fand das mehrstündige Treffen am Mittwoch in der Landesparteizentrale der SPD - dem Regine-Hildebrandt-Haus in Potsdam - statt.

Beide Parteien teilten im Anschluss am Nachmittag übereinstimmend mit: "Das Gespräch fand in guter Atmosphäre statt. Es wurde eine Fortsetzung miteinander verabredet." Wann die Runde weiter sondieren wird, blieb offen. Bis zum Abschluss der Sondierungsgespräche sei Stillschweigen vereinbart worden. "Beide Seiten sind sich der Verantwortung bewusst, die nach dem Votum der Wählerinnen und Wähler für Brandenburg besteht."

Die SPD, die bei der Landtagswahl in Brandenburg am 22. September stärkste Kraft vor der AfD wurde, hat nur mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine Mehrheit im Parlament.

Dass die SPD mit Ministerpräsident Dietmar Woidke und das BSW mit Robert Crumbach an der Landesspitze bereits um politische Inhalte ringen, ist nicht zu erwarten. Erst wenn die Sondierungen erfolgreich verlaufen, beginnen die eigentlichen Verhandlungen über eine Regierungskoalition. Im Wahlkampf hatten sich SPD und das BSW als politische Konkurrenten gezeigt.

BSW will sich eng mit Wagenknecht abstimmen

Zur SPD-Sondierungsgruppe gehören der Ministerpräsident und Landesvorsitzende Woidke, Vizechefin Katrin Lange, Generalsekretär David Kolesnyk, Fraktionschef Daniel Keller und Staatskanzleichefin Kathrin Schneider. Für das BSW sondieren Landeschef Crumbach, Landesgeschäftsführer Stefan Roth, der Vize-Landesvorsitzende Niels-Olaf Lüders, der Vize-Bundesvorsitzende Friederike Benda und Templins Ex-Linke-Bürgermeister Detlef Tabbert.

Die BSW-Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht nimmt nicht an den Gesprächen teil, das BSW stimmt sich aber stets eng mit der Parteigründerin ab. "Wir sind bislang ganz hervorragend damit gefahren, alles eng mit dem Bundesvorstand abzustimmen", sagte Crumbach. Woidke und Wagenknecht trafen sich in der vergangenen Woche - von den Inhalten drang nichts nach außen.

Mögliche Streitpunkte: Ukraine, Bildungspolitik oder Verfassungstreue-Check

Sollte es zu Koalitionsgesprächen kommen, könnte der Umgang mit der Ukraine ein Streitpunkt werden. Voraussetzung für eine Regierungsbeteiligung ist für Crumbach, dass von der Landesregierung ein deutliches Signal gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland ausgeht. Auch die Bildungspolitik könnte Konfliktstoff sein. Das BSW nennt das Brandenburger Bildungssystem eines der schlechtesten in Deutschland und will zudem Smartphones und Tablets in Grundschulen verbieten.

In der Innenpolitik will das BSW den neuen Verfassungstreue-Check für Beamte abschaffen - das könnte strittig werden. Das BSW will eine "unkontrollierte Migration" stoppen. Das soll etwa geschehen, indem EU-Regeln umgesetzt werden - dies hält die SPD auch für sinnvoll. Woidke sagte im Juli: "Im Land Brandenburg wird nicht über die Migrationsfrage oder die Zukunft der Ukraine entschieden." In der Wirtschaftspolitik könnte es Übereinstimmungen etwa bei einem höherem Mindestlohn geben.

Am Wochenende forderte der SPD-Fraktionsvorsitzende Daniel Keller ein Entgegenkommen des BSW. "Ich sehe schon viele Punkte, bei denen man versuchen kann, Kompromisse zu finden", sagte Keller der Deutschen Presse-Agentur. "Dennoch müssen sich mit Blick auf das Wahlergebnis auch die vielen Wählerinnen und Wähler der SPD wiederfinden. Daher erwarte ich auch vom BSW Kompromissbereitschaft."

SPD hat kaum Optionen

Wenn SPD und BSW die Gespräche abbrechen würden, blieben als Optionen noch eine SPD-Minderheitsregierung und eine Neuwahl. Die CDU hat sowohl einer Koalition mit der SPD, die keine Mehrheit hätte, als auch einem Dreier-Bündnis mit SPD und BSW eine Absage erteilt. Mit der AfD schließen die Sozialdemokraten eine Zusammenarbeit kategorisch aus.

Eine SPD-Minderheitsregierung läge nicht im Bestreben der SPD: Sie müsste dann für Entscheidungen immer neu nach Mehrheiten suchen. Eine Neuwahl wäre vermutlich nicht im Interesse beider Parteien. SPD-Fraktionschef Keller sagte: "Es ist unser Auftrag und unser zentrales Ziel als SPD, eine stabile Regierung zu bilden." BSW-Landeschef Crumbach sagte: "Ich halte gar nichts davon, das Volk so lange wählen zu lassen, bis die Regierung passt."

Das vorläufige Endergebnis der Landtagswahl in Brandenburg

Landtagswahl-Brandenburg

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 02.10.2024, 19:30 Uhr

50 Kommentare

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  1. 50.

    Es geht voran!

    Die Erben von Liebknecht, Lasalle und Bebel auf dem Weg zum Sozialismus Brandenburger Prägung?

  2. 48.

    Kompromissfähigkeit heißt nicht, die eigenen Grundsätze leichtfertig preiszugeben sondern mit diesen Grundsätzen als Leitlinie eine verträgliche Problemlösung gemeinsam zu erarbeiten. Ach ja, und die Volkspartei CDU ist mit Rücksicht auf ihre Wählerschaft nicht bereit, konstruktiv bei der Regierungsbildung mitzuwirken. Was der CDU als DER staatstragenden Partei zugebilligt wird, muss doch erst recht für das BSW gelten.

  3. 47.

    Sie verweisen auf das spärliche Wahlprogramm, weil Sie dem, was BSW-Mitglieder in Gesprächsrunden und Interviews äußern, nicht folgen können...? Und deswegen sollen andere die Aussagen von unter anderem Frau Wagenknecht ignorieren? In letzter Konsequenz fordert das BSW nichts anderes als die Kapitulation der Ukraine.

  4. 46.

    weder Herr Platzeck noch Frau Wagenknecht u.a. sind für die Russische Förderation Gesprächspartner, da nicht in Machtstrukturen involviert. Die jetzige deutsche Regierung hat durch ihre de facto Kriegsbeteiligung eher den Status eines Feindes denn eines Verhandlungspartners erreicht. Verhandlungspartner währen definitiv die ukrainische Regierung, die bis vor kurzem per Selensky- Dekret (v.Dezember 2022) jede Verhandlung mit Russland untersagt hat und Russland auch nicht zu Friedensgesprächen in die Schweiz eingeladen hat. Weiterhin die USA als größter Sponsor der Ukraine . Wenn sie sich mit ein bisschen Fantasie Frau Wagenknecht als künftige Aussenministerin vorstellen könnten, wäre ein Vermittlungseinsatz Deutschlands wieder denkbar. Ob Russland sich darauf einlässt, bleibt seine Entscheidung.

  5. 45.

    M. Platzeck -SPD- versucht seit Monaten in Russland für Friedensgespräche zu vermitteln. Das interessiert Putin nicht, Waren Sarah oder Oskar für solche Gespräche bei Putin? Die beiden zählen doch so auf Diplomatie, dieses funktioniert aber nur wenn alle Seiten dafür bereit sind. Die UA kann nur auf Frieden hoffen, wenn sie bereit ist Land an Russland abzugeben. Das muss aber die UA und zwar die Bürger und nicht die Regierung entscheiden.

  6. 44.

    Schön nachgeplappert...

    " BSW-Landeschef Crumbach sagte: "Ich halte gar nichts davon, das Volk so lange wählen zu lassen, bis die Regierung passt."

  7. 43.

    Ich hoffe das SPD/BSW eine Koalition bilden und 5 Jahre zum Wohle des Landes und seiner Bürger gut regieren.
    Das BSW wird sich kompromissbereit zeigen und auf die Wahl im Sept. 25 vorbereiten.

  8. 42.

    Die „DDR 2.0“, wie Brandenburg oft wahrgenommen wird, wird wohl nun getoppt werden. Der Sozialismus siegt...
    in einem kleinen Teil Deutschlands? Auf jeden Fall taugt das zum vergleichen zu den anderen Bundesländern. Und wo da Brandenburg liegt ist ja sonnenklar. Ob bei der nun angestrebten Konstellation es noch mehr bergab geht?

  9. 41.
    Antwort auf [mal ehrlich ...] vom 02.10.2024 um 16:39

    Und wo sind die zu finden wenn die CDU nicht mitmacht ? Es liegt halt an den Wählern in den neuen Bundesländern, die solche Situationen möglich machen.

  10. 40.

    Wer konsequent nur die Interessen seiner Wählerschaft vertreten wil kann niemals Regierungsfähig sein. Koalition heisst
    Kompromisse eingehen und eigene Vorstellungen ein Stück beiseite zu lassen.

  11. 39.

    Bis zur Bundestagswahl dauert es nur noch ein knappes Jahr. In Thüringen, Sachsen und Brandenburg werden die Sprungbretter des BSW in Position gebracht, das Training kann starten für den Sprung in den Bundestag. Meine Prognose ist, dass BSW sich beklagen wird, es wäre in dieser Zeit mehr zu erreichen gewesen, wenn die Koalitionspartner den Vorschlägen des BSW immer zugestimmt hätten. Viele Wähler werden das glauben und damit gehen Stimmen von CDU und SPD an BSW. Es geht vermutlich nur um Vorbereitung zu mehr Macht. Ob das gut, schlecht oder sogar demokratisch ist, werden wir sehen.

  12. 37.

    Schon komisch, vor den Landtagswahlen haben Politiker/innen sämtlicher anderen Parteien das BSW diskreditiert, Regierungsfähigkeit abgesprochen, sogar behauptet das BSW ist keine demokratische Partei uwm und nun wo es um die Regierungsbildung oder sagen wir mal so ,um Macht oder ran an die rund um Versorgung geht ,stellt man auf einmal fest ,das man mit dem BSW doch durchaus Gemeinsamkeiten hat, dafür verkauft man seine Seele ,seine Werte, demokratisch halt. Wie heißt es so schön, was interessiert mich mein Geschwätz von gestern .
    Und dann wundern sich die Parteien bei den nächsten Wahlen wieder, das sie nicht so ausgehen wie sie es sich vorgestellt haben.

  13. 36.

    Lesen Sie doch einfach mal das Wahlprogramm des BSW für Brandenburg (ist im Internet leicht zu finden) bevor Sie hier solchen Unsinn verbreiten.

  14. 33.

    Ich bin so froh, daß man der AfD kein Fingerbreit Raum gibt, ihren Hass zu verbreiten. Besser wäre eine rot grüne Landesregierung, damit der Ausbau von erneuerbaren Energien und Maßnahmen zum Klimawandel stattfinden. BSW ist da eher ein Klotz am Bein.

  15. 32.

    Was hat der Ukrainekrieg mit Landespolitik zu tun?

  16. 31.

    Es macht aber nichts, wenn die eigene Meinung auch auf Tatsachen begründet ist. Die Forderung nach Friedensverhandlungen kann ja nicht in Putins Interesse sein, wenn uns immer wieder erzählt wird er lehne jede Verhandlung ab .
    Vielleicht sortieren sie sich erstmal bevor sie hier posten.

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