Wahlprogramme - Das planen die Brandenburger Parteien in der Gesundheitspolitik
Einigkeit besteht vor der Landtagswahl in Brandenburg darin, dass mehr Mediziner und eine bessere Versorgung auf dem Land benötigt werden. Ansonsten setzen die Parteien unterschiedliche gesundheits- und pflegepolitische Akzente.
SPD: mehr Mediziner ausbilden, Kosten für die Versicherten deckeln
Kernzitat: "Stabilität und Perspektiven brauchen soziale Sicherheit. Dazu gehört, sich überall im Land auf die medizinische und pflegerische Versorgung verlassen zu können."
Statt bisher 110 Millionen Euro pro Jahr will die SPD den Krankenhäusern künftig jährlich 200 Millionen Euro bereitstellen. Kommunale Klinikverbünde sollen gefördert werden.
Die SPD will ein Investitionsprogramm "Kommunale medizinische Versorgung" für Gesundheitszentren oder Polikliniken auflegen.
Die Anerkennung ausländischer medizinischer Fachkräfte soll beschleunigt werden. Das Landärzte-Stipendium soll fortgeführt und auf Zahnärztinnen und Zahnärzte ausgeweitet werden. Vom Agnes-Gemeindeschwester-Programm sollen alle Versicherten profitieren, alle Kassen sollen den Einsatz zahlen.
Die Kosten für einen Pflegeplatz sollen gedeckelt werden. Die SPD setzt sich in ihrem Wahlprogramm zur Landtagswahl für eine entsprechende Reform der Pflegeversicherung ein. Die Eigenbeteiligung der Gepflegten wird auch gesenkt, indem das Land Brandenburg einen höheren Anteil an den Investitionskosten übernimmt.
Die SPD will eine Stärkung des Medizinstudiums durch das geplante Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus und die weitere Unterstützung der privaten Medizinischen Hochschule Brandenburg. Krankenhäuser sollen in die Pflicht genommen werden, ausreichend Ausbildungsstellen zur Verfügung zu stellen.
AfD: Corona-Politik aufarbeiten und Ärzte auf dem Land fördern
Kernzitat: "Wir wollen es für Ärzte wieder attraktiver machen, sich vermehrt auf dem Land niederzulassen."
Die AfD fordert höhere Zuschüsse für Niederlassungen im ländlichen Raum aus dem Landeshaushalt. Die Partei will das Berufsbild des Heilpraktikers schützen und weiterentwickeln.
Die Beschäftigung junger Mediziner, vor allem aus Mittel- und Südosteuropa, soll nach dem Willen der AfD kein Dauerzustand werden. Die Zahl der Landärzte-Stipendienplätze soll sofort erhöht werden.
Bei Digitalisierung in Praxen und Krankenhäusern sollte vorher immer getestet werden, ob das den Verwaltungsaufwand reduziert.
Schwangere sollen eine Geburtshilfe-Abteilung innerhalb von 40 Minuten erreichen können, die 1:1-Betreuung durch eine Hebamme soll sichergestellt werden. Die Haftpflichtversicherung für freiberufliche Hebammen soll durch Auftraggeber gezahlt werden.
Kranke und Pflegebedürftige sollen durch qualifizierte, motivierte sowie "der deutschen Sprache mächtige Pflegekräfte" versorgt werden. Pflegende Angehörige sollen Lohnersatzleistungen bekommen. Die Budgetierung für Ärzte und Zahnärzte will die AfD abschaffen, aber Patienten sollen nicht durch Mehrkosten belastet werden.
Ausländische medizinische Abschluss- und Arbeitszeugnisse sollen genau geprüft werden, insbesondere von Medizinern, die ihre Abschlüsse außerhalb der EU erworben haben.
Die AfD will die Aufarbeitung der Corona-Politik im Land Brandenburg weiter vorantreiben und spricht sich gegen eine Impfpflicht aus.
CDU: Zuschussprogramm für Kommunen zur Ansiedlung von Arztpraxen, alle Krankenhäuser erhalten
Kernzitat: "Krankenhäuser, Haus- und Fachärzte müssen überall im Land Brandenburg verfügbar sein, nicht nur in großen Städten oder im Berliner Umland."
Brandenburg soll nach dem Willen der CDU mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden und eine gleichmäßigere Verteilung im Land durch Anreize verbessern. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse soll beschleunigt werden, ohne die Qualitätsansprüche zu mindern. Kommunen bekommen Zuschüsse, damit sie leichter Gemeinde-Grundstücke für Praxen bereitstellen oder finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung medizinischer Großgeräte leisten können.
Medizinische Versorgungszentren will die CDU stärken und ausbauen, wo die Gesundheitsversorgung nicht durch freie Ärzte oder Zahnärzte gewährleistet werden kann. Gemeindeschwestern für die Basisversorgung sollen auch Hausärzte entlasten. Die Partei will das Landarztstipendium ausbauen und für angehende Zahnmediziner öffnen. Die CDU will Studiengänge Pharmazie und Zahnmedizin einführen.
Die Partei fordert eine auskömmliche Finanzierung mit langfristiger Planungssicherheit für alle Krankenhausstandorte.
Ambulante Pflege soll vor stationärer Pflege gestärkt werden, pflegende Angehörige sollen unterstützt werden.
Grüne: Pakt für Pflege weiterentwickeln, psychische Gesundheit schützen
Kernzitat: "Wir wollen vor allem die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen verbessern, die Krankenhausreform der Bundesebene für Brandenburg sinnvoll gestalten und die Digitalisierung massiv vorantreiben."
Die Krankenhaus-Grundversorgung soll sich zu großen Teilen in öffentlicher Hand befinden und erhalten bleiben. Kein Krankenhaus soll mehr privatisiert werden.
Die Grünen wollen die Angebote für besondere medizinische Bedürfnisse queerer Menschen ausbauen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Versorgung für Menschen mit Behinderung und auf Barrierefreiheit in medizinischen Einrichtungen, Praxen und Versorgungszentren.
Die Partei will Ärztinnen und Ärzte entlasten, indem qualifiziertes Pflegepersonal auch ärztliche Tätigkeiten übernehmen darf.
Die psychische Gesundheit aller Beschäftigten wollen die Grünen fördern, um psychiatrische Diagnosen als mittlerweile häufigsten Grund für Krankschreibungen zu reduzieren. Unter anderen wollen sie einen Lehrstuhl für Arbeitsmedizin an einer Hochschule in Brandenburg schaffen,
Der Pakt für Pflege soll weiterentwickelt werden. Mit Pflege vor Ort, mehr Tages- und Kurzzeitpflege könnte ein Umzug in ein Pflegeheim hinausgezögert oder sogar ganz verhindert werden. Für pflegende Angehörige wollen die Grünen kostenfreie und professionelle Fortbildungen anbieten.
Einer Pflegekammer im Land stehen die Grünen offen gegenüber.
Die Grünen wollen Berufsabschlüsse zügiger anerkennen, um es ausländischen Pflegekräften leichter zu machen, in Brandenburg zu arbeiten. Die Partei fordert eine Ausbildungsoffensive in Therapieberufen.
Linke: Gesundheit ist keine Ware, gleichwertige Versorgung für alle
Kernzitat: "Wir setzen uns für eine gerechte und bedarfsgerechte Gesundheits- und Pflegeversorgung in Brandenburg ein, indem wir die Profitorientierung im Gesundheitswesen abschaffen und eine solidarische Finanzierung einführen."
Die Linke will alle Krankenhausstandorte erhalten, Privatisierungen stoppen und Kliniken in die öffentliche Hand zurückholen. Jährlich sollen mindestens 200 Millionen Euro Landesmittel in die Krankenhäuser gehen. Eine Landeskrankenhausgesellschaft mit regionalen Klinikverbünden soll die Versorgung sichern.
Das Landarztstipendium soll mit 50 Plätzen pro Semester wiederbelebt werden. Kommunale medizinische Versorgungszentren und das Gemeindeschwester-Programms "agneszwei" sollen weiter gefördert werden. Die Geburtshilfe will die Linke mithilfe hebammengeleiteter Kreißsäle absichern.
Die Partei setzt sich für mehr Psychotherapieplätze ein, vor allem in ländlichen Regionen.
Die Linke will einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag Pflege, damit Pflegekräfte höhere Löhne und mehr Anerkennung bekommen. Durch die Übernahme der Investitionskosten seitens des Landes sollen die Pflegekosten gesenkt werden. 30 Millionen Euro sollen jährlich für die Pflege in der eigenen Häuslichkeit und gezielte Beratung für pflegende Angehörige sichergestellt werden. Die Partei fordert die Einführung einer solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung für alle statt der Trennung von privat und gesetzlich Versicherten.
BVB/FW: Landärztemangel bekämpfen, Arzt- und Gemeindeschwestern mit mehr Kompetenzen
Kernzitat: "Der eklatante Mangel an Landärzten stellt für das Flächenland Brandenburg eine große Herausforderung für die ärztliche Versorgung der Zukunft dar."
BVB / Freie Wähler will den Landärztemangel durch mehr Landärztestipendien lindern. In einer Volksinitiative forderte die Partei 35 neue Stellen pro Jahr.
Die Delegation ärztlicher Leistungen an Gemeindeschwestern soll dazu beitragen, Versorgungsengpässe zu mildern.
Das Land soll mehr Medizinische Versorgungszentren errichten und den Erhalt von Krankenhausstandorten fördern. Zudem fordert BVB / Freie Wähler die Einführung eines Pharmaziestudiengangs in Cottbus. Die zahnärztliche Prävention soll verstärkt werden, zum Beispiel durch Früherkennungs-Untersuchungen in Kitas und Grundschulen. In Schulen soll die Aufklärung über die Folgen von Tabak-, Alkohol- und Drogenkonsum verstärkt werden.
Für Ausbildung in medizinischen Berufen soll kein Schulgeld gezahlt werden müssen.
BVB/FW fordert die Erhöhung des Landespflegegeldes auf mindestens bundesweites Durchschnittsniveau.
Als Reaktion auf die alternde Bevölkerung fordert die Vereinigung die Stärkung der medizinischen Versorgung in ländlichen Gebieten durch ein Landärzteprogramm. Arztschwestern sollen Hausbesuche durchführen, um ältere Menschen zu versorgen.
BSW: Zweiklassenmedizin überwinden, Corona-Enquete-Kommission im Landtag einrichten
Kernzitat: "Es muss aufhören, dass öffentliche Daseinsvorsorge verkauft wird, damit Private Rendite erwirtschaften, Investoren ihr Geld in Pflegeheime, Krankenhäuser und Praxen stecken, um ihr Geld zu vermehren."
Medizinische Versorgungszentren und Pflegeeinrichtungen gehören für das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) in kommunale Trägerschaft oder in die Trägerschaft der Freien Wohlfahrtspflege.
Das Bündnis will alle 66 Krankenhausstandorte erhalten. Es soll einen Rettungsschirm für defizitäre Kliniken geben, um drohende Insolvenzen zu verhindern.
In der Unimedizin Cottbus soll es eine gezielte Landarztquote bei der Bewerberauswahl geben.
Alle Arztpraxen müssten barrierefrei zu erreichen sein.
Das BSW fordert eine konsequente Unterstützung der häuslichen Pflege. Für Heime wird ein Pflegekostendeckel vorgeschlagen. Der Eigenanteil der Heimbewohner soll die Brandenburger Durchschnittsrente nicht übersteigen. Die Investitionskosten in Heimen soll das Land finanzieren. Das Bündnis will eine Pflegevollversicherung. Eine "Zwangsverkammerung der Pflegeberufe" soll es mit dem BSW nicht geben.
Die Geschehnisse während der Corona-Pandemie sollen umfassend aufgearbeitet werden. Wem Schaden zugefügt wurde, dem soll Rehabilitation, Entschuldigung und möglicherweise auch Wiedergutmachung zustehen. Wer wegen Verstoßes gegen die Impfpflicht eine Strafe bezahlen musste, soll entschädigt werden. Das BSW empfiehlt die Einsetzung einer Enquete-Kommission im Landtag.
Hinweis: Dargestellt werden die Positionen aller Parteien, die nach den Ergebnissen repräsentativer Umfragen eine realistische Chance haben, erneut oder erstmals in den Landtag einzuziehen. Die Reihenfolge richtet sich nach dem Ergebnis der Landtagswahl 2019: SPD 26,2 Prozent; AfD 23,5 Prozent; CDU 15,6 Prozent; Grüne 10,8 Prozent; Linke 10,7 Prozent; BVB/Freie Wähler 5,0 Prozent. Das BSW war im Landtag bislang nicht vertreten.