Wahlprogramme - Das planen die Brandenburger Parteien in der Migrationspolitik
Die einen fordern konsequente Abschiebungen, die anderen sehen die zügige Integration von Geflüchteten in die Gesellschaft als Schlüssel. Das Thema Migration zeigt vor der Brandenburger Landtagswahl große Unterschiede in den Wahlprogrammen.
SPD: Migranten schneller und besser integrieren
"Der beste Weg, für Akzeptanz von Zuwanderung und Integration zu sorgen, liegt in der zügigen Arbeitsaufnahme der Geflüchteten und Asylsuchenden."
Die SPD will das Landesaufnahmegesetz anpassen und in ein neues Landesintegrationsgesetz aufnehmen. Das Gesetz soll die Ziele des Landes zwecks der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund definieren. Zudem sollen darin Leistungen für und Pflichten von Migranten genau festgelegt werden. Zudem sollen so Finanzmittel von Bund, Land und EU sinnvoller gebündelt werden.
Migrationsabkommen hält die SPD für nötig, um die Rückführung ausreisepflichtiger Personen zu ermöglichen. Generell müssten Geflüchteten und Asylsuchende aber schneller in die Arbeitsaufnahme kommen.
Deshalb soll es möglich sein, bereits in den ersten Monaten der Asylantragsprüfung zum Beispiel Praktika zu machen. Die Partei will Künstliche Intelligenz einsetzen, etwa bei der Nutzung von Übersetzungstools.
Die SPD hält an der Einführung einer Bezahlkarte – statt Bargeld – für Asylsuchende fest.
Die Zusammenarbeit mit den polnischen Sicherheitsbehörden im Grenzraum soll ausgebaut werden. Die Grenzsicherung sieht die SPD weiterhin als Kernbereich der Bundespolizei, die von der Brandenburger Polizei nur temporär unterstützt werden soll.
AfD: Asylrecht in Brandenburg massiv verschärfen
"Eine AfD-geführte Landesregierung wird eine massive Abschiebungsinitiative starten."
Die AfD lehnt den Familiennachzug für Flüchtlinge kategorisch ab. Bis 2029 soll anhand eines Abschiebeprogramms die Zahl der illegalen Einwanderer zurückgehen. Dazu gehören laut der Partei Personen, die falsche Angaben zu ihrer Identität gemacht haben. In diesem Sinne sollen rückwirkende Überprüfungen der Altersangaben bei minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen vorgenommen werden.
Abgelehnte Asylbewerber sollen in ihr Herkunftsland zurückkehren, wenn sichergestellt ist, dass sie dort nicht flächendeckend verfolgt werden. Gefährder und Straftäter seien aber ausnahmslos abzuschieben – auch nach Afghanistan, Irak oder Syrien.
Die Partei will, dass die Justizvollzugsanstalt Frankfurt (Oder) gekauft und in den Landesbesitz zurückgeführt wird, um sie unter anderem als Abschiebezentrum für abgelehnte Asylbewerber zu nutzen. Die AfD ist für die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete. Sie will auch, dass Asylbewerber generell keinen Anspruch auf Analogieleistungen haben (Sozialhilfe ähnliche Leistungen). Derzeit ist dies nach einem Aufenthalt von 36 Monaten möglich.
Eine Niederlassungserlaubnis für anerkannte Asylbewerber soll erst nach zehn Jahren gewährt werden können. Die AfD fordert die Unterbringung von Asylbewerbern in einigen wenigen zentralen Einrichtungen. Zudem sollen Integrationsprojekte einer staatlichen Erfolgsprüfung unterzogen werden.
Die Grenze zu Polen soll kontrolliert werden, Grenzzäune seien möglich. In Deutschland bei Kontrollen erfasste Einwanderer mit illegalem Status sollen in Haft kommen.
CDU: Asylsuchende ohne Bleibeperspektive zurückführen
"Befugnisse der Polizei ausweiten, um Abschiebungen unangekündigt zu vollziehen."
Die CDU bekennt sich zum Recht auf Asyl nach dem Grundgesetz für politisch Verfolgte. Schutzsuchende mit begründetem Anspruch will sie aufnehmen - Menschen ohne Bleibeperspektive sollen das Land aber schnellstmöglich verlassen, vor allem Intensivstraftäter.
Die Christdemokraten wollen irreguläre Migration verhindern, dafür sollen wirtschaftliche Anreize – wie Sozialleistungen für Asylsuchende – verringert werden. Die Partei ist für die Bezahlkarte statt Bargeld.
Die Befugnisse der Polizei sollen ausgeweitet werden, etwa um Abschiebungen unangekündigt durchführen zu können. Wer durch Kriminalität auffällt, soll auch keinen umfassenden Anspruch auf Sozialleistungen haben. Die Partei will Abschiebung von Schwerkriminellen in Konfliktländer ermöglichen.
Geflüchtete, die keine Bleibeperspektive haben, sollen nicht auf die Kommunen verteilt werden. Sie sollen bis zu 24 Monate in einer Erstaufnahme unterkommen können. Das Landesaufnahmegesetz müsse entsprechend geändert werden.
Die Nutzung öffentlicher Räume wie Sporthallen zur Unterbringung von Menschen will die CDU nicht. Wenn der Antrag auf Asyl abgewiesen wurde, aber aus bestimmten Gründen eine Person nicht abgeschoben werden kann, soll er oder sie in der Zentralen Ausländerbehörde (Eisenhüttenstadt) unterkommen.
Die CDU will an den seit 2023 bestehenden stationären Kontrollen zwischen Brandenburg und Polen festhalten. In diesem Sinne fordert sie, dass das Personal der Bundespolizei aufgestockt wird und dass diese Asylbewerber, die aus einem EU-Staat kommen, zurückweisen kann. Zudem will sie eine Grenzpolizei einrichten, um gegen illegale Migration und Schmuggel vorzugehen.
Grüne: Geflüchtete sollen ein Zuhause kriegen
"Abschiebeeinrichtungen lehnen wir entschieden ab. Die Zeit in Erstaufnahmeeinrichtungen soll auf maximal 3 Monate verkürzt werden.“
Die Grünen fordern eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten, also in Wohnungen und Nachbarschaften. Familien mit Kindern in Gemeinschaftsunterkünften sollen spätestens nach sechs Monaten – inklusive der bereits in einer Erstaufnahmeeinrichtung verbrachten Zeit – in einer eigenen Unterkunft unterkommen. Zudem soll es landesweit Willkommenszentren für Schutzsuchende geben, wo sie die Sprache lernen und Freizeitangebote wahrnehmen können.
Abschiebungen sehen die Grünen kritisch, die Partei fordert, Bleiberechtsmöglichkeiten genau zu prüfen. Das am BER geplante Abschiebezentrum wie auch kommunale Abschiebezentren lehnt sie ab.
Geflüchtete sollen schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden, indem Arbeitsverbote abgeschafft und die Anerkennung ausländischer Abschlüsse erleichtert wird. Wer keinen festen Aufenthaltsstatus hat, soll einen Aufenthaltstitel erhalten, wenn er oder sie eine Ausbildung oder Beschäftigung nachweisen kann. Es soll mehr Landesaufnahmeprogramme für Menschen aus Kriegs- und Krisenregionen geben.
Die Grünen setzen sich für ein Integrationsgesetz ein. Dadurch soll die Mitsprache und Gleichberechtigung von Menschen mit Migrationsgeschichte in der Gesellschaft gesetzlich verankert sein.
Die Partei ist gegen die die Bezahlkarte. Sie ist für die ‚Socialcard‘, die ohne Sanktionierungsmöglichkeiten funktioniere und Geflüchteten mehr finanzielle Autonomie gewähre.
Linke: Integration durch mehr Sprachkurse und weniger Abschiebungen
"Berufsbezogene Sprachkurse fehlen, Berufsanerkennungen dauern teils mehrere Jahre und Anpassungsqualifzierungen fehlen."
Die Linke bezeichnet die derzeitige Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahme für geflüchtete Menschen von bis zu 18 Monaten als zu lang. Sie will diese Zeit verkürzen. Zudem will sie solche Einrichtungen ausbauen lassen und es soll bereits dort die Chance für Menschen geben, Deutsch zu lernen.
Kommunen sollen nicht gezwungen werden, Unterbringungsplätze bei Leerstand abzubauen, da dabei Kosten entstehen. Den Bau eines Ein- und Ausreisezentrums am BER will die Linke stoppen.
Den Familiennachzug für syrische Flüchtlinge will sie ermöglichen, wenn die Menschen für deren Lebensunterhalt aufkommen können. Geflüchtete sollen weniger Zeit in Gemeinschaftsunterkünften der Kommunen verbringen. Familien sollen nach einem Jahr in einer Wohnung unterkommen.
Die Linke ist gegen die Einführung der Bezahlkarte. Kommunale Ausreisezentren lehnt sie ab. Menschen, die sich in einer Ausbildung befinden oder einen Beruf ausüben, sollen nicht abgeschoben werden können – auch wenn der Asylantrag abgelehnt wurde. Partei will humanitäres Aufnahmeprogramm mit einem Umfang von mindestens 200 Personen jährlich schaffen.
Das Landesaufnahmegesetz soll zu einem Integrationsgesetz weiterentwickelt werden. Integrationsangebote sollen so verlässlich finanzierbar sein. In den Bereichen Bildung, soziale Arbeit, Medizin und Pflege sollen Angebote zur Anpassungsqualifizierungen ausgebaut werden.
BVB / Freie Wähler: Tempo bei Eingliederung in den Arbeitsmarkt, aber auch bei Rückführungen
"BVB / Freie Wähler unterstützt eine Migrationspolitik mit dem Ziel der Integration durch Spracherwerb und schnelle Arbeitsmarktintegration."
BVB / Freie Wähler setzt für die Integration von Zugewanderten auf das Lernen der Sprache und eine schnelle Eingliederung in die Arbeitswelt.
Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse soll dem Wahlprogramm der Partei zufolge leichter werden. Menschen mit Migrationshintergrund sollen gezielt für Stellen, in denen interkulturelle Kompetenzen gefragt sind, ausgebildet werden.
Asylanträge sollen in Brandenburg zügig bearbeitet und Rückführung abgelehnter Bewerber beschleunigt werden. Bei der Erstellung kommunaler Verträge zwecks der Einrichtung und Finanzierung von Wohnheimen soll es mehr Transparenz geben. Die Partei ist für die Einführung einer Geldkarte für einen Teil der an Flüchtlinge zu gewährenden Mittel.
BVB / Freie Wähler wollen Migrationsbeiräte in Landkreisen und kreisfreien Städten schaffen.
BSW: Unkontrollierte Migration stoppen
"Voraussetzung für gelingende Integration ist, dass die Zahl der Zugewanderten sich in einem Rahmen bewegt, der unsere Gesellschaft nicht überfordert."
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bekennt sich zum Grundrecht auf Asyl und fordert gleichzeitig eine konsequente Steuerung der Migration.
Die Partei will, dass Asylanträge an den EU-Außengrenzen und in Drittstaaten gestellt und entschieden werden. Straffällige Ausländer, vor allem Gefährder und sogenannte Hassprediger, sollen abgeschoben werden.
Das BSW ist für die Einführung der Bezahlkarte. Ausreisepflichtige sollen nur noch Leistungen erhalten, die dem verfassungsrechtlich geforderten Existenzminimum in Form von Sachleistungen entspricht.
Das Bündnis fordert zwecks der Integration von Menschen in die Gesellschaft mehr Deutschkurse, sie will zudem verpflichtende Sprachtests für Kinder ab drei Jahren – bei Defiziten soll der Besuch in einer Kita verpflichtend sein.
Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse soll unkomplizierter werden, wenn sie mit deutschen Qualifikationen vergleichbar sind.
Hinweis: Dargestellt werden die Positionen aller Parteien, die nach den Ergebnissen repräsentativer Umfragen eine realistische Chance haben, erneut oder erstmals in den Landtag einzuziehen. Die Reihenfolge richtet sich nach dem Ergebnis der Landtagswahl 2019: SPD 26,2 Prozent; AfD 23,5 Prozent; CDU 15,6 Prozent; Grüne 10,8 Prozent; Linke 10,7 Prozent; BVB/Freie Wähler 5,0 Prozent. Das BSW war im Landtag bislang nicht vertreten.
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