Wahlprogramme - Das planen die Brandenburger Parteien in der Wirtschafts- und Energiepolitik
Wie kann man Unternehmen dazu bringen, sich in Brandenburg anzusiedeln? Dazu haben die Parteien vor der Landtagswahl unterschiedliche Ideen. Auch in Sachen Tariftreue und Kohleausstieg gehen die Meinungen auseinander.
SPD: Tarifreue, schnellere Genehmigungsverfahren und mehr Erneuerbare
"Das Herzstück unserer Wirtschaftspolitik sind die Ansiedlung von Industriebetrieben sowie die Modernisierung und der klimaneutrale Umbau unserer ansässigen Betriebe"
In ihrer Wirtschaftspolitik setzt die SPD zuerst auf Tariftreue. Das heißt, öffentliche Aufträge sollen nur noch an Unternehmen vergeben werden, die nach Tarif bezahlen. Auch Gelder der Wirtschaftsförderung sollen vornehmlich an tarifgebundene Unternehmen gehen.
Der Vergabemindestlohn von bisher 13 Euro pro Stunde soll in zwei Schritten auf 15 Euro pro Stunde steigen. Man will mehr Hochschulabsolventen dazu bewegen, in Brandenburg zu leben und zu arbeiten. Geflüchteten soll Arbeit ab dem ersten Tag ermöglicht werden. Außerdem will die SPD mehr Plätze in Azubi-Wohnheimen mit gedeckelter Miete.
Genehmigungen sollen vereinfacht werden, Genehmigungsverfahren durch mehr Personal in den Behörden und feste, maximale Bearbeitungszeiten beschleunigt werden.
Die SPD setzt weiter auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien und darauf, die Produktion von Wasserstoff voranzutreiben. Ziel sei die weitgehende Energieunabhängigkeit der Hauptstadtregion, heißt es im Wahlprogramm.. Bürgerinnen und Bürger sollen davon stärker profitieren, weshalb sich die SPD im Bund weiter für gerechte Netzentgelte einsetzen will, wodurch der Strompreis sinken soll. Bürgergenossenschaften, die lokal erzeugten Strom lokal nutzen, sollen unterstützt werden.
Beim Kohleausstieg hält die SPD am im Kohlekompromiss festgelegten Termin von 2038 fest.
AfD: Sonderwirtschaftszonen, Fonds für Meisterausbildung
"Daher wollen wir die Stromerzeugung aus Kohle als wichtigen Wirtschaftsfaktor, soweit am freien Markt konkurrenzfähig, unbedingt erhalten."
Den regionalen Einzelhandel will die AfD durch ein "Brandenburg Einkaufsnetz" stärken, bei dem es um digitale Vermarktung und die Vernetzung von Kunden, Werkstätten und Dienstleistungsbetrieben gehe. Die AfD setzt sich außerdem für Sonderwirtschaftszonen innerhalb Brandenburgs ein, in denen erleichterte Regelungen für Investoren und Unternehmen gelten sollen.
Die Steuereinnahmen von Kommunal- und Landeshaushalt will die Partei senken, indem etwa die Grundsteuer oder die Erbschaftssteuer abgeschafft werden.
Durch eine Landesinitiative soll die Attraktivität von Handwerks- und Industrieberufen gesteigert werden. Dazu gehört, dass die Kosten für die Meisterausbildung durch einen Sonderfonds übernommen werden sollen.
Den geplanten Ausstieg aus der Kohle will die AfD verhindern, Braunkohlverstromung müsse erhalten bleiben. Gleichzeitig fordert die Partei, dass alle Strukturmaßnahmen, die der Bund wegen des Kohleausstiegs in der Lausitz finanziert, umgesetzt werden.
Die AfD spricht sich dafür aus, das Gas- und Öl-Embargo gegen Russland aufzuheben.
Windkraft- oder Photovoltaikausbau will die AfD stoppen, neue Anlagen sollten nur noch nach einem Bürgerentscheid gebaut werden dürfen. Das Ziel, 2,2 Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen zu nutzen, lehnt die AfD ab.
Der Bau kleiner Kernkraftwerke im Land solle geprüft werden.
CDU: Meldeportal für Bürokratieabbau, "blauer" Wasserstoff
"Es braucht einen wirtschaftlichen Befreiungsschlag, um auch in Zukunft Wachstum und Wohlstand zu sichern."
Die CDU spricht sich gegen den Vergabemindestlohn aus, der mit dem allgemeinen Mindestlohn entbehrlich geworden sei. Sie will die Kosten für den Meisterbrief erstatten, sofern der Bund nicht bereits Kosten übernehme.
Bei der beruflichen Orientierung will die CDU bereits in der Grundschule beginnen und Jugendliche, die in den Ferien ein handwerkliches Praktikum absolvieren, sollen dafür eine Prämie bis zu 120 Euro erhalten. Kleineren und mittleren Betrieben wolle die CDU bei der Suche nach einer Unternehmensnachfolge durch ein Nachfolgemanagement helfen.
Die CDU will ein Meldeportal einrichten, in dem Unternehmen auf bürokratische Belastungen hinweisen, aber auch Vorschläge zum Bürokratieabbau unterbreiten können. Ähnlich dem Brandenburger Klimarat will die CDU einen Brandenburger Wirtschaftsrat ins Leben rufen, der, besetzt mit Expertinnen und Experten, die Landesregierung berät.
Auch die CDU drängt auf eine Reform der Netzentgelte und will eine entsprechende Initiative im Bundesrat anregen. Einen Kohleausstieg vor 2038 schließt sie aus. Die Lausitz solle Energieregion bleiben und sich zum Standort für Batterieproduktion entwickeln.
"Blauer" Wasserstoff, hergestellt mit Strom aus Erdgas, müsse eine Brückentechnologie sein und zusammen mit CCS-Technologie, also der Abspaltung und Einlagerung von CO2, genutzt werden. Dafür brauche das Land einen "Brandenburger Masterplan für CO2-Technologie", heißt es im CDU-Wahlprogramm.
Grüne: Ausbildungsumlage, Tariftreue und schneller Kohleausstieg
"Deswegen ist unsere Vision für Brandenburg eine öffentliche, gemeinwohlorientierte und genossenschaftliche Energieversorgung."
Die Grünen setzen sich für eine Ausbildungsumlage ein. Das heißt, alle Betriebe zahlen in einen Fonds ein, aus dem ausbildenden Betrieben wiederum Kosten erstattet werden. Vorbild ist der bereits existierende Pflegefonds. Azubiwerke sollen sich um die Belange der Auszubildenden kümmern, etwa um günstigen Wohnraum.
Bei der Förderung von Unternehmen wollen die Grünen strengere Ansprüche an ökologische und soziale Ziele stellen. Der Vergabemindestlohn muss nach ihren Vorstellungen deutlich angehoben werden.
Auch die Grünen fordern eine Tariftreueklausel. Etwa mit landesweiten Recyclingquoten oder einem Reparaturbonus soll Brandenburg zum Innovationsführer in der Kreislaufwirtschaft werden. Die Schuldenbremse wollen die Grünen neu regeln und mehr Ausnahmen zulassen.
Die Klimaneutralität des Landes möchten die Grünen, wenn möglich, schon vor 2045 erreichen. Ganz sicher wollen sie einen Plan für den Kohleausstieg für spätestens 2030. Die Partei argumentiert, dass es sonst zu einem weiteren Strukturbruch in der Lausitz kommen könnte, sollte der Betreiber Leag den Betrieb vorzeitig einstellen.
Dass "grüner" Wasserstoff in Brandenburg produziert wird, schließen die Grünen nicht aus. Dadurch dürfe aber der Wassermangel nicht verschärft werden. Neue Gaskraftwerke wolle die Partei verhindern, auch Fracking lehnt sie ab. Von Gewinnen aus Windkraft- und PV-Anlagen sollen Bürgerinnen und Bürger zukünftig direkt profitieren.
Linke: Vergabemindestlohn hoch, genossenschaftliche Initiativen stärken
"Statt 'immer mehr für immer weniger Menschen' ist unser Ziel eine Gemeinwohlökonomie, die sich an Nachhaltigkeitszielen und dem Schutz von Mensch, Umwelt, Klima […] orientiert."
Die Linke will den Vergabemindestlohn auf 15 Euro pro Stunde erhöhen, außerdem soll er an die Entwicklung der Inflation gekoppelt werden. Die Partei plant ein Modellprojekt zur Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Die teilnehmenden Unternehmen sollen vom Land gefördert werden.
Die Wirtschaftsförderung solle sich an ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit orientieren. Zeil sei eine postkapitalistische, solidarische Wirtschaftsweise. Mit Landesgeld will die Linke eine Industriestiftung gründen. Deren Aufgabe solle es sein, über Beteiligungen oder günstige Kredite Unternehmen zu unterstützen.
Auch die Linke möchte einen Brandenburgischen Wirtschaftsrat einrichten. Unter der Beteiligung der Arbeitgeber und Gewerkschaften soll dieser die Landesregierung unterstützen.
Um Unternehmen die Nachfolge zu erleichtern, will die Linke genossenschaftliche Initiativen aus dem Kreis der Mitarbeiter fördern. Betriebsübernahmen aus dem eigenen Unternehmen sollen so erleichtert werden. Jugendlichen, die in den Ferien ein Praktikum absolvierten, will die Linke eine wöchentliche Prämie von 150 Euro zahlen.
Die Linke will erreichen, dass in Brandenburg die Energieproduktion bis 2030 zu 100 Prozent aus Erneuerbaren abgesichert werden kann. Außerdem soll es ein Förderprogramm für Balkonkraftwerke und Mini-Windkraftanlagen geben.
BVB/Freie Wähler: mehr Wissenschaft für die Wirtschaft, Moratorium bei Windrädern
"BVB / FREIE WÄHLER fordert daher ein Moratorium beim Ausbau der Windkraft in Brandenburg. Sollte sich kein Moratorium durchsetzen lassen, fordern wir eine Erhöhung des Mindestabstands zu Wohngebieten."
Der Schwerpunkt für wirtschaftliche Ansiedlungen soll laut BVB/Freie Wähler bei technologie- und IT-orientierten Unternehmen liegen. Wissenschaftliche Institute müssten bei der wirtschaftlichen Entwicklung eine größere Rolle spielen, indem etwa Lehrstühle am Bedarf der Wirtschaft ausgerichtet sind.
Um Treibhausgase zu reduzieren, setzt BVB/Freie Wähler vor allem auf den europäischen Emissionshandel. Dessen Mechanismus begrenzt die Menge an CO2, die mit der Zeit in der EU ausgestoßen werden darf.
Bei den Erneuerbaren Energien fordern sie ein Moratorium beim Windkraftausbau – was einem Ausbaustopp gleichkommt. Sollte dies nicht umzusetzen sein, wollen die Freien Wähler einen höheren Mindestabstand von 1,5 Kilometern von Windkraftanlagen zu Wohnhäusern. Dem "Repowering", also dem Nachrüsten bereits bestehender Anlagen, sei der Vorzug vor Neubau zu erteilen.
Einen vorzeitigen Kohleausstieg vor 2038 hält BVB/Freie Wähler für unrealistisch. Braunkohle solle in Brandenburg weiter in der chemischen Industrie genutzt werden. Die Voraussetzungen dafür sollen die BTU Cottbus und die Bergakademie Freiberg erforschen.
Eine Verpressung von CO2 in tiefliegende Gesteinsschichten, das sogenannte CCS, lehnen die Freien Wähler ab, ebenso wie Fracking oder eine subventionierte Massenproduktion von Wasserstoff in Brandenburg.
BSW: Schluss mit Gas-Embargo gegen Russland, Zukunftsfonds für Start-ups
"Das sinnlose Embargo gegen Russland, gerade beim Import von Energieträgern, muss beendet werden."
Das BSW will das Gas-Embargo gegen Russland, eingeführt wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine, beenden, da es industrielle Leuchttürme wie das PCK gefährde und Neuansiedlungen verhindere. Erdgas und Kohle seien für die Energieversorgung der Betriebe weiterhin erforderlich.
Einen Kohleausstieg vor 2038 schließt das BSW aus. Einen späteren Ausstieg hält die Partei offen.
Klima- und Umweltschutz will das BSW insbesondere durch ingenieurstechnische Innovationen erreichen. Bei der Energiewende will das BSW eine stärkere Beteiligung von Kommunen und Bürgern am Gewinn installierter Solar- und Windkraftanlagen.
Das BSW will, dass Brandenburg ein erfolgreicher Standort für heimische Unternehmen Start-ups wird, und schlägt einen Zukunftsfonds vor, der diese und andere Unternehmen fördern soll. Gründer sollen zeitlich von Regulierungen befreit werden und das Land solle sie mit potenziellen Kapitalgebern vernetzen.
Auch das BSW will ein Tariftreuegesetz. Fördermittel erhielten danach nur Unternehmen, die nach Tarif bezahlen. Der Vergabemindestlohn müsse steigen, auch wenn das BSW keine konkrete Summe dafür nennt. Im Bund wolle man sich für einen allgemeinen Mindestlohn von mindestens 14 Euro pro Stunde einsetzen.
Bürokratie will das BSW abbauen, indem es Prozesse verschlanke und Berichts- und Nachweispflichten für Unternehmen reduziere. Beim Fachkräftemangel setzt BSW statt auf Einwanderung auf eine bessere Ausbildung des Nachwuchses.
Hinweis: Dargestellt werden die Positionen aller Parteien, die nach den Ergebnissen repräsentativer Umfragen eine realistische Chance haben, erneut oder erstmals in den Landtag einzuziehen. Die Reihenfolge richtet sich nach dem Ergebnis der Landtagswahl 2019: SPD 26,2 Prozent; AfD 23,5 Prozent; CDU 15,6 Prozent; Grüne 10,8 Prozent; Linke 10,7 Prozent; BVB/Freie Wähler 5,0 Prozent. Das BSW war im Landtag bislang nicht vertreten.