Brandenburger Landtag - Was passiert in einer konstituierenden Sitzung?
Am Donnerstag tritt erstmals der neue Brandenburger Landtag zusammen. Bei der konstituierenden Sitzung wird unter anderem das höchste Amt im Land besetzt. Alterspräsident Simon erwartet eine Sitzung ohne Zwischenfälle. Von Oliver Noffke
Am Donnerstag konstituiert sich der neue Brandenburger Landtag. Bei der ersten Sitzung nach einer Wahl müssen einige Dinge festgestellt, geregelt und neu organisiert werden. Noch ist Parlament aber nicht beschlussfähig.
Das wird geändert, indem die Namen der 88 gewählten Abgeordneten verlesen werden und ihre Anwesenheit festgestellt wird. Erst danach können sie ihrer Arbeit nachgehen, also zum Beispiel Anträge einbringen oder Abstimmungen abhalten.
Was macht der Alterspräsident?
Die Beschlussfähigkeit herzustellen ist Aufgabe der ältesten Person unter den Abgeordneten. Der sogenannte "Alterspräsident" - oder die Alterspräsidentin – leitet laut der Geschäftsordnung des Landtags die konstituierende Sitzung, bis die Parlamentarier eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten oder ein neues Präsidium gewählt haben [bravors.brandenburg.de]. Nach einer Eröffnungsrede verliest der Alterspräsident die Namen der Abgeordneten. Damit ist das Parlament beschlussfähig.
Der älteste Abgeordnete im Brandenburger Landtag und damit Alterspräsident ist aktuell Reinhard Simon vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Der 73-Jährige war lange Intendant der Uckermärkischen Bühnen in Schwedt, nun ist er erstmals Abgeordneter. Auf Anfrage von rbb|24 teilt Simon mit, dass er sich auf seine Aufgabe freue und von einem reibungslosen Ablauf ausgehe.
"In meiner Rede werde ich auch auf Probleme Brandenburgs hinweisen und vor allem einen sachlichen Umgang aller miteinander einfordern. Für beides wünsche ich mir offene Ohren meiner Abgeordneten-Kollegen", so Simon. Er appelliere an alle Parteien, der Verantwortung gerecht zu werden, die ihnen die Wähler übertragen haben, sagte er.
Aus wem besteht das Präsidium des Landtags?
Der Vorsitz im Präsidium des Landtags ist das höchste Amt in Brandenburg – wie in den übrigen Bundesländern auch. In der vergangenen Legislaturperiode war Ulrike Liedtke von der SPD Landtagspräsidentin. Ihre Partei hat diesen Posten seit 1990 durchgehend besetzt. Denn traditionell wird das Amt aus den Reihen der größten Fraktion besetzt [landtag.brandenburg.de].
Festgeschrieben ist das allerdings nicht und die Abgeordneten können sich anders entscheiden. In Thüringen ist dieser Fall vor Kurzem eingetreten. Die größte Fraktion wird dort von der AfD gestellt. Die übrigen Fraktionen wollten allerdings die Kandidatin des als gesichert rechtsextremistisch eingestuften thüringischen Landesverbands der AfD nicht akzeptieren [tagesschau.de].
In der Landesverfassung heißt es dazu, die Präsidentin oder der Präsident werden aus der Mitte des Parlaments gewählt. Ursprünglich sah die Landesverfassung einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin vor. Nach mehreren Änderungen ist nun festgelegt, dass es mindestens zwei sein sollen und einer der Posten aus den Reihen der Opposition besetzt werden muss. Die genaue Zahl der Stellvertreter:innen ist also nicht festgelegt.
Auf Vorschlag des BSW sollen es in der neuen Legislaturperiode erstmals drei geben. So wäre alle vier Parteien im Landtag auch an der Spitze seines Präsidiums vertreten. Die SPD will erneut Liedtke als Präsidentin zur Wahl stellen. AfD, BSW und CDU wollen die Abgeordneten Daniel Münschke, Jouleen Gruhn und Rainer Genilke als Stellvertreter:innen vorschlagen.
Komplettiert wird das Präsidium durch die Wahl der weiteren Mitglieder, zuletzt waren das acht Abgeordnete. Alle Fraktionen sollen vertreten sein. Das Präsidium soll seine Präsidentin in der Führung des Parlaments unterstützen und für Verständigung zwischen den Fraktionen sorgen.
Über alle Ämter wird einzeln abgestimmt. Gewählt ist, wer die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält. Um Personen aus dem Präsidium abzuwählen ist hingegen eine Mehrheit von zwei Drittel der Abgeordneten notwendig.
Was macht die Parlamentspräsidentin?
Wer dem Landtag vorsitzt, übernimmt vor allem vier Aufgaben:
- Die Präsidentin – oder der Präsident – vertritt das Parlament nach außen. Wer im Landtag beschäftigt ist, wird von ihr ernannt und entlassen.
- Sie wahrt die Würde des Hauses und die Rechte des Parlaments. Zudem sorgt sie für Ordnung, etwa während der Sitzungen. Verhandlungen sollen gerecht und unparteiisch geleitet werden.
- Wer das Amt inne hat, übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Landtagsgebäude aus. Das heißt: Polizei oder Staatsanwaltschaft können die Räume von Fraktionen oder Abgeordneten nur durchsuchen oder Beschlagnahmungen durchführen, wenn die Landtagspräsidentin einwilligt.
- Auch die Verantwortung für den Haushalt, also die Einnahmen und Ausgaben – zum Beispiel die Gehälter der Beschäftigten – des Landtags, ist mit dem Amt verbunden.
Wie stellt das Präsidium die Tagesordnung auf?
Die wahrscheinlich wichtigste Aufgabe des Präsidiums im Parlamentsbetrieb ist der Beschluss der Tagesordnung. Dabei werden die Themen festgelegt, der Ablauf der Sitzungen und die vorgesehenen Redezeiten werden festgehalten. Spätestens sieben Tage vor einer Sitzung wird die entsprechende Tagesordnung beschlossen. Die Fraktionen haben aber auch am Sitzungstag noch die Möglichkeit Themen einzubringen.
Da diese Ämter während der konstituierenden Phase des Parlaments besetzt werden, wird bereits ganz zu Beginn sehr viel Verantwortung verteilt. "Ich bin fest davon überzeugt, dass die demokratischen Institutionen auf Störungen jeglicher Art eingerichtet sind", so Alterspräsident Reinhard Simon auf Anfrage. Er erwartet einen reibungslosen Ablauf und hält – angesichts der chaotischen konstituierenden Sitzung in Thüringen – wenig von Spekulationen über Gegenteiliges. "Reden wir doch bitte über die realen Probleme der Brandenburger", so Simon.
Sendung: Antenne Brandenburg, 16.10.2024, 13:55 Uhr