Kommentar - Alles auf Woidke? Auf Dauer zu wenig gegen die AfD

So 22.09.24 | 21:45 Uhr | Von Christoph Hölscher
  25
Dietmar Woidke, Ministerpräsdident und Vorsitzender der SPD in Brandenburg, wird am Wahlabend im Landtagsgebäude vor einer Wahlsendung geschminkt. (Quelle: dpa/Sommer)
Bild: dpa/Sommer

Die SPD hat die Wahl zum persönlichen Zweikampf "Woidke gegen die AfD" erklärt – und gewonnen. Der Sieg geht allerdings vor allem auf Kosten ihrer bisherigen Koalitionspartner. Eine nachhaltige Strategie, um die AfD in Schach zu halten, ist das nicht, kommentiert Christoph Hölscher

Woidkes Ankündigung, nur dann Ministerpräsident zu bleiben, wenn er die Wahl gegen die AfD gewinnt, hat sich letztlich als "Gamechanger" erwiesen: Auch wenn viele Wählerinnen und Wähler diesen Schritt als Erpressung wahrgenommen haben dürften, sind die Umfragewerte der SPD seitdem kontinuierlich angestiegen. Am Ende hat es gereicht, um die AfD knapp zu überholen – ein enges Duell, bei dem beide Parteien mit großem Vorsprung vor den Mitbewerbern durchs Ziel gegangen sind.

Die Zuspitzung des SPD-Wahlkampfes auf die Person des beliebten Ministerpräsidenten hat´s möglich gemacht, aber auch alle Parteien außer AfD und BSW auf historisch niedrige Werte gedrückt. Das gilt nicht zuletzt für die bisherigen Koalitionspartner, CDU und Bündnisgrüne. Zwar wäre die Position der SPD in jedem neuen Regierungsbündnis rein von den Zahlen her stärker als zuvor. Allerdings dürfte es nach diesem komplett auf Woidke zugeschnittenen Wahlkampf schwierig werden, dort wieder Vertrauen und Zusammenhalt herzustellen.

Wahlkampf als Hypothek für die Regierungsbildung

Dabei ist eine geeinte und handlungsfähige Landesregierung wohl nötig, damit sich der Wahlsieg nicht spätestens in fünf Jahren als Pyrrhussieg erweist. Mit AfD und BSW könnten zwei populistische Parteien die Opposition im künftigen Brandenburger Landtag bilden. Das würde eine konstruktive und sachorientierte Arbeit dort nicht einfacher machen.

Zumal auch die AfD von der Polarisierung im Wahlkampf profitiert und ihr historisch bestes Ergebnis in Brandenburg eingefahren hat: 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler hatten offenbar kein Problem damit, ihre Stimmen einer teils offen rechtsextremen, rassistischen und demokratiefeindlichen Partei zu geben, weil viele sie inzwischen als "Partei der Mitte" sehen. Und das, obwohl die AfD gerade in der Schlussphase des Wahlkampfes kein Blatt vor den Mund genommen, immer extremere Positionen vertreten, unverhohlen auf Hass und Hetze gesetzt hat.

AfD von den Schalthebeln der Macht fernhalten

Wie kann die Demokratie nun vor diesen gefährlichen Feinden geschützt werden? Zunächst, indem zwischen Wählenden und Gewählten unterschieden wird: Die extremistischen AfD-Politiker müssen mit allen demokratischen und legalen Mitteln von staatlichen Ämtern und Posten ferngehalten werden. Falsch verstandenes Entgegenkommen würde die AfD lediglich nutzen, um demokratische Institutionen von innen zu untergraben, in ihrem Sinne umzubauen, für sich zu funktionalisieren.

Das Argument, dass die AfD aufgrund ihres guten Wahlergebnisses Anspruch auf Teilhabe an der Macht hätte, ist so falsch wie abwegig: 70 Prozent haben Parteien gewählt, die ausdrücklich nicht mit der AfD zusammenarbeiten wollen. Demokratie heißt hier vor allem, dem Willen dieser großen Mehrheit zu entsprechen, solange Gesetze nichts anderes vorschreiben.

Mit sozialer Politik um AfD-Wähler werben

Die AfD von den Schalthebeln der Macht fernzuhalten, wird allerdings nicht reichen, um ihren weiteren Aufstieg zu bremsen. Die demokratischen Parteien müssen vor allem um die Wählerinnen und Wähler kämpfen, die der AfD nicht wegen, sondern trotz ihrer rechtsextremen Ausrichtung ihre Stimme gegeben haben. Sie müssen deren Probleme, Sorgen, Ängste wahr- und ernstnehmen - ihnen überzeugende politische Angebote unterbreiten, ohne der menschenverachtenden AfD-Agenda nachzueifern.

Das heißt für die Regierung des alten und wohl auch neuen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke: Endlich gute und soziale Politik machen, Problemen wie steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen, Wohnungsnot, Ärzte- oder Lehrermangel wirksam begegnen. Bei der nächsten Landtagswahl in fünf Jahren wieder alles auf die Beliebtheit des Ministerpräsidenten zu setzen, könnte zu wenig sein, um die AfD erneut zu schlagen.

Beitrag von Christoph Hölscher

25 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 25.

    Warum? Will ich Menschen deportieren? Singe ich Hassgesänge? Wohl kaum.

    Ich halte Menschen die offen rechtsextrem, rassistisch und volksverhetzend sind oder damit kein Problem haben, für den Bodensatz unserer Gesellschaft, ja.

    Nur habe ich, im Gegensatz zu Rechtsextremisten, kein Problem damit und stehe dazu was ich sage.

    Bodensatz, übertragen, pejorativ: Mitglieder der Gesellschaft oder von Gesellschaftsteilen, die als nicht wertvoll betrachtet werden.

    Bringen diese Leute die rechtsextrem sind oder rechtsextrem wählen unsere Gesellschaft voran? Nein.

  2. 24.

    "... auch Parteien die Probleme angehen und nicht nur quatschen. "

    Und schon haben sie sich für eine ernsthafte Diskusssion disqualifiziert. Ich diskutiere nicht auf Stammtischniveau.

    Sie können die dänische Parteienlandschaft nicht mit der deutschen vergleichen, das ist schon ihr erster Fehler.

    "Seit Mette Frederiksen die Führung der Partei übernommen hat, ist eine Annäherung zwischen den Sozialdemokraten und der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei zu bemerken, die bei der vergangenen Wahl erstmals die konservative Venstre überholt hatte und als nunmehr stärkste Partei des eigentlich von der Venstre angeführten klassischen Mitte-Rechts-Blocks bis 2019 eine Minderheitsregierung unter Führung der Venstre unterstützt."

  3. 23.

    Eigentlich schreiben sie auch menschenverachtend " Bodensatz im Osten".Sie sind kein Deut besser.

  4. 22.

    Bei einer Mehrheit braucht man keine Tolerierung.Warum auch!Seit langen wieder eine dänische Mehrheitsregierung.Es gibt eben in Europa,außerhalb des rechten Spektrums, auch Parteien die Probleme angehen und nicht nur quatschen.

  5. 21.

    "Sie müssen deren Probleme, Sorgen, Ängste wahr- und ernstnehmen - ihnen überzeugende politische Angebote unterbreiten, ohne der menschenverachtenden AfD-Agenda nachzueifern."

    Nein, müssen wir nicht. Warum denen hinterherhecheln, die sind für die Demokratie endgültig verloren. Umso mehr man die umwirbt, desto wichtiger fühlen die sich.

    Ein gewisser Bodensatz ist im Osten für die Demokratie verloren.

    Ich gehe mal davon aus, dass Herr Hölscher nie in einem Kindergarten gearbeitet hat. Wenn da ein Kind bockig ist versucht man es zu beruhigen wenn das nicht klappt und das Kind macht den anderen auch noch ihre Sandburgen kaputt, dann schickt man es raus, bis es sich wieder beruhigt hat.

    Danach kann es wieder mitspielen. Aufmerksamkeit schadet da nur. Das will das Kind ja nur., Es soll sich alles um sich drehen.

    Wenn man die eingebildeten Probleme der Rechtsextremen ernst nimmt, fallen denen doch sofort neue ein!

  6. 20.

    Dann schauen sie sich die Partei mal genau an, die die Regierung in Dänemark toleriert. Toleriert, nicht mitregiert!

  7. 19.

    Bla, bla. bla! Wacht endlich mal auf Ihr Träumer und Gutmenschen. Die Politik ist für das Wahlergebnis verantwortlich, nicht irgendwelche wie auch immer geartete Strömungen links/recht/mitte etc. KAUSALITÄT! Schon mal gehört?
    Ein Ursache (Angst, Unsicherheit, Kriminalität, Wertverlust, Verrohung) sind essenzielle Bedrohungen, egal ob verbal geschürt oder physisch vorhanden. Es ist Sache der Politik, sich dessen anzunehmen und derer habhaft zu werden. Passiert ist nix, weil wir immer noch den "Weltfrieden" wollen. Und übrigens bei den 16-59 jährigen, also aktiv am BSP beteiligten, liegt die AfD sogar durchgehend vorn. Das sind nicht nur tätowierte Glatzen und Hooligans, sondern ein Drittel der Bevölkerung. Mein Vorschlag, wie auch für Sachsen und Thüringen, lasst die AfD in die Regierung. Lasst diese Partei zeigen, sie verändern kann, will, möchte. Wir haben per GG eine freiheitlich-demokratische Grundordnung und Gesetze, daher ist eine spontane "Machtergreifung" ein geringes Risiko.

  8. 18.

    Immer schön bei der Wahrheit bleiben.Die dänische Regierungskoalition besteht aus Sozialdemokraten,liberal konservative und liberal zentristische.Nix rechtsextrem.

  9. 17.

    Wie heißt es hier in einem anderen Artikel?:

    Linke-Spitzenkandidat Sebastian Walter nannte das Ergebnis seiner Partei "desaströs". Viele Menschen hätten die SPD "nicht aus Überzeugung" gewählt, sondern wegen des "Panikwahlkampfs des Ministerpräsidenten" gegen die AfD.

    Damit ist eigentlich alles gesagt.

  10. 16.

    Es ist gut, dass die AFD so stark ist,obwohl Herr Woidke, Schappo ein guter Mann ist.Nur im Endeffekt ist es nötig dass auch in Brandenburg jemand die Finger in die Wunden legt.und soo soo happy dass diese furchtbaren Grünen auch aus dem nächsten Landtag rausgeflogen sind.Und noch einmal liebe SPD...Es ist zum Teil ihr unfähiger Kanzler, der so gar nicht geht und der die SPD ins wanken bringen musste. Gut so und sehr sehr nötig

  11. 15.

    Hallo, das Wort „extrem“ passt nur auf die AfD. Die FDP ist in den 1990ern stehen geblieben und zahlt den Preis dafür zu Recht. Die Grünen sind nicht extrem, sie haben in vielem Recht, wie auch die SPD. Hier muss sachpolitisch viel viel konsolidiert werden, vor allem jenseits der Städte. Die Menschen haben ganz offensichtlich viel zu wenig Ahnung. Von dem, was die Politik geschafft hat, in den letzten Jahren, und von dem, was die AfD bereits zerstört hat und weiter zerstören wird.

  12. 14.

    Ja, die Welt ist voll von Feinden - also von Menschen, die nicht einsehen wollen, dass nur ich ganz allein recht habe und auch der allerbeste aller guten Menschen bin (na ja, und vielleicht noch meine Gesinnungsgenossen).

    Alle böse außer mich!

  13. 13.

    Die Grünen sind weg, beim Thema Migration beginnt die SPD umzudenken und die “Ampel“ scheitert leider an den Extremforderungen von FDP und Grünen, die jede Form pragmatischer Entscheidungsfindung torpedieren.

  14. 12.

    In einer Demokratie ist es eine der Aufgaben der Medien, Rechtsextremismus auch als solchen zu benennen. Das hat nichts mit Voreingenommenheit zu tun, zumal es sich hier um einen Kommentar handelt. Woran genau stören Sie sich also?

  15. 11.

    Hallo Renate! Da es in diesem Land Zeiten gab, in denen die Meinungsfreiheit im Journalismus eher stiefmütterlich behandelt, und dementsprechend in der Schule nicht gelehrt wurde, empfehle ich dir, dieses Wissen aufzuholen indem du z. B. das Internet nutzt um herauszufinden was ein Kommentar ist, statt merkwürdige Kommentare zu produzieren.

  16. 10.

    Warum sind die einschlägigen Medien so voreingenommen? Wo bleibt da, dass Gleichgewicht aller Parteien , die letztlich demokratisch gewählt werden?

  17. 9.

    Die dänischen "sozial"demokraten werden von Rechtsextremen geduldet, ohne sie könnten sie nicht regieren. Soweit wird es hier nicht kommen.

  18. 8.

    Genauso ist es.Die SPD braucht sich nur ein Beispiel an ihre dänischen Genossen zu nehmen.Die haben das Volk verstanden.

  19. 7.

    Schummeln wir vielleicht, bei dieser Landtagswahl? Wie bei allen vorangegangenen Wahlen.

  20. 6.

    Die Bürger müssen vor allem demokratisch wählen, das ist unsere Aufgabe, wir sind gefragt. Wer die Demokratie abwählt, wird ins Elend schlittern, das muss uns bewusst sein, meckern kann jeder.

Das könnte Sie auch interessieren