Kommentar - Alles auf Woidke? Auf Dauer zu wenig gegen die AfD
Die SPD hat die Wahl zum persönlichen Zweikampf "Woidke gegen die AfD" erklärt – und gewonnen. Der Sieg geht allerdings vor allem auf Kosten ihrer bisherigen Koalitionspartner. Eine nachhaltige Strategie, um die AfD in Schach zu halten, ist das nicht, kommentiert Christoph Hölscher
Woidkes Ankündigung, nur dann Ministerpräsident zu bleiben, wenn er die Wahl gegen die AfD gewinnt, hat sich letztlich als "Gamechanger" erwiesen: Auch wenn viele Wählerinnen und Wähler diesen Schritt als Erpressung wahrgenommen haben dürften, sind die Umfragewerte der SPD seitdem kontinuierlich angestiegen. Am Ende hat es gereicht, um die AfD knapp zu überholen – ein enges Duell, bei dem beide Parteien mit großem Vorsprung vor den Mitbewerbern durchs Ziel gegangen sind.
Die Zuspitzung des SPD-Wahlkampfes auf die Person des beliebten Ministerpräsidenten hat´s möglich gemacht, aber auch alle Parteien außer AfD und BSW auf historisch niedrige Werte gedrückt. Das gilt nicht zuletzt für die bisherigen Koalitionspartner, CDU und Bündnisgrüne. Zwar wäre die Position der SPD in jedem neuen Regierungsbündnis rein von den Zahlen her stärker als zuvor. Allerdings dürfte es nach diesem komplett auf Woidke zugeschnittenen Wahlkampf schwierig werden, dort wieder Vertrauen und Zusammenhalt herzustellen.
Wahlkampf als Hypothek für die Regierungsbildung
Dabei ist eine geeinte und handlungsfähige Landesregierung wohl nötig, damit sich der Wahlsieg nicht spätestens in fünf Jahren als Pyrrhussieg erweist. Mit AfD und BSW könnten zwei populistische Parteien die Opposition im künftigen Brandenburger Landtag bilden. Das würde eine konstruktive und sachorientierte Arbeit dort nicht einfacher machen.
Zumal auch die AfD von der Polarisierung im Wahlkampf profitiert und ihr historisch bestes Ergebnis in Brandenburg eingefahren hat: 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler hatten offenbar kein Problem damit, ihre Stimmen einer teils offen rechtsextremen, rassistischen und demokratiefeindlichen Partei zu geben, weil viele sie inzwischen als "Partei der Mitte" sehen. Und das, obwohl die AfD gerade in der Schlussphase des Wahlkampfes kein Blatt vor den Mund genommen, immer extremere Positionen vertreten, unverhohlen auf Hass und Hetze gesetzt hat.
AfD von den Schalthebeln der Macht fernhalten
Wie kann die Demokratie nun vor diesen gefährlichen Feinden geschützt werden? Zunächst, indem zwischen Wählenden und Gewählten unterschieden wird: Die extremistischen AfD-Politiker müssen mit allen demokratischen und legalen Mitteln von staatlichen Ämtern und Posten ferngehalten werden. Falsch verstandenes Entgegenkommen würde die AfD lediglich nutzen, um demokratische Institutionen von innen zu untergraben, in ihrem Sinne umzubauen, für sich zu funktionalisieren.
Das Argument, dass die AfD aufgrund ihres guten Wahlergebnisses Anspruch auf Teilhabe an der Macht hätte, ist so falsch wie abwegig: 70 Prozent haben Parteien gewählt, die ausdrücklich nicht mit der AfD zusammenarbeiten wollen. Demokratie heißt hier vor allem, dem Willen dieser großen Mehrheit zu entsprechen, solange Gesetze nichts anderes vorschreiben.
Mit sozialer Politik um AfD-Wähler werben
Die AfD von den Schalthebeln der Macht fernzuhalten, wird allerdings nicht reichen, um ihren weiteren Aufstieg zu bremsen. Die demokratischen Parteien müssen vor allem um die Wählerinnen und Wähler kämpfen, die der AfD nicht wegen, sondern trotz ihrer rechtsextremen Ausrichtung ihre Stimme gegeben haben. Sie müssen deren Probleme, Sorgen, Ängste wahr- und ernstnehmen - ihnen überzeugende politische Angebote unterbreiten, ohne der menschenverachtenden AfD-Agenda nachzueifern.
Das heißt für die Regierung des alten und wohl auch neuen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke: Endlich gute und soziale Politik machen, Problemen wie steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen, Wohnungsnot, Ärzte- oder Lehrermangel wirksam begegnen. Bei der nächsten Landtagswahl in fünf Jahren wieder alles auf die Beliebtheit des Ministerpräsidenten zu setzen, könnte zu wenig sein, um die AfD erneut zu schlagen.