Brandenburg - SPD und BSW billigen Koalitionsgespräche
Der Weg für Koalitionsgespräche zwischen der SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht in Brandenburg ist frei. Beide Parteien stimmten am Montag entsprechenden Verhandlungen zu. Grundlage ist ein gemeinsam erarbeitetes Sondierungspapier.
- Die SPD und das BSW in Brandenburg haben sich für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ausgesprochen
- Gespräche sollen kommenden Montag beginnen
- Beim zentralen Thema Friedensbemühungen in der Ukraine zeigen sich beide Seiten einig
Die SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Brandenburg können Koalitionsgespräche aufnehmen. Nach den Spitzengremien der SPD stimmte am Montagabend auch der Landesvorstand des BSW entsprechenden Verhandlungen zu, wie dessen Spitzenkandidat und Landtagsfraktionschef Robert Crumbach dem rbb mitteilte.
Basis der Koalitionsgespräche ist ein am Montag von den Unterhändlern von SPD und BSW vorgestelltes gemeinsames Sondierungspapier.
Am Vormittag hatten die beiden Parteichefs Dietmar Woidke und Robert Crumbach die Ergebnisse der mehrwöchigen Sondierungsgespräche vorgestellt und Koalitionsverhandlungen empfohlen. Die Verhandlungen sollen am kommenden Montag beginnen.
Woidke: "Wollen das Vertrauen in Politik umsetzen"
"Es gab nur eine Möglichkeit, eine Regierung zu bilden, wenn man nicht mit der AfD koalieren will", sagte Woidke bei der Pressekonferenz. "Das Vertrauen, das uns Wähler mit der Wahl geschenkt haben, müssen wir jetzt in Politik umsetzen."
Woidke betonte zugleich, dass bislang noch keine Regierungsbildung beschlossen sei. "Es ist erstmal nicht mehr als ein Vorschlag", so Woidke. "Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir alles dafür tun wollen, dass es den Menschen in Brandenburg besser geht", auch wenn SPD und BSW in manchen Punkten unterschiedlicher Meinung seien.
BSW-Landeschef Crumbach sieht "erhebliche Schnittmengen"
BSW-Parteichef Crumbach sprach auf der Pressekonferenz von "vertrauensvollen Gesprächen" in den vergangenen Wochen. Für das neu gegründete BSW seien die anstehenden Aufgaben eine Herausforderung. "In den Sondierungsgesprächen galt es auszuloten, ob wir verlässlich und fair behandelt werden vom Partner", so Crumbach. Es gebe zwischen den Positionen der SPD und des BSW "erhebliche Schnittmengen, wie man Probleme, die da sind – wie Bildung oder andere Dinge" analysieren und lösen wolle.
Auf die Frage, wie die Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen stehe, betonte Crumbach: "Das BSW Brandenburg ist das BSW Brandenburg." Man habe sich mit der Bundespartei allerdings immer "eng und gut" über den Verlauf der Sondierungsgespräche abgestimmt. "Sie können davon ausgehen, dass nicht nur Frau Wagenknecht diese Ergebnisse kennt."
BSW und SPD in Brandenburg einig beim Thema Frieden
Die Sondierungsgruppen haben sich zudem auf eine gemeinsame Position zum Krieg in der Ukraine geeinigt. Man wolle sich für eine diplomatische Lösung "durch Verhandlungen mit den Konfliktparteien mit dem Ziel von Waffenstillstand und dauerhaftem Frieden" einsetzen, hieß es im Entwurf des gemeinsamen Sondierungspapiers. Über konkrete Maßnahmen wolle man sich in Koalitionsgesprächen verständigen, ergänzte Woidke. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht fordert eine klare Position zur Aufstellung von US-Mittelstreckenraketen und ein Eintreten für einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine.
"Der Krieg wird nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können", heißt es in dem Papier der Sondierer. Ministerpräsident Woidke ergänzte, Waffenstärke genüge nicht, "das muss mit diplomatischer Klugheit kombiniert werden". Diese BSW-Forderung solle vertraglich im Koalitionsvertrag festgehalten werden.
Generalsekretär Kolesnyk: Formulierung zur Ukraine ist ein Kompromiss
Der Generalsekretär der Brandenburger SPD, David Kolesnyk, betonte am Dienstag im rbb24 Inforadio, in der Brandenburger Landesverfassung sei die Aufgabe der Landesregierung festgeschrieben, sich für Frieden und Verständigung einzusetzen. Deshalb hätten sich SPD und BSW auf eine Position zur Ukraine verständigt, auch wenn das Land Brandenburg selbst nicht über Waffenlieferungen zu entscheiden habe. Die gefundene Formulierung sei ein Kompromiss zwischen SPD und BSW. "Russland hat die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen, daher rührt auch das Recht und auch moralisch die Pflicht, warum man die Ukraine mit Waffenlieferungen unterstützen kann. Wir müssen trotzdem weiter alles tun, um diesen Krieg zu beenden."
SPD-Finanzministerin Katrin Lange betonte, dass der Entwurf des Sondierungspapiers als Grundlage der Koalitionsverhandlungen die Bemühungen schriftlich festhalte. BSW-Parteichefin Wagenknecht hatte gefordert, das Thema Friedenspolitik in die Präambel von möglichen Koalitionsverträgen aufzunehmen.
Bereits vor der Landtagswahl in Brandenburg hatte sich Dietmar Woidke mit Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer sowie Thüringens CDU-Chef Voigt in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Anfang Oktober für mehr diplomatisches Engagement Deutschlands zur Beendigung des russischen Kriegs gegen die Ukraine ausgesprochen. Woidke machte später aber auch deutlich, dass er Waffenlieferungen für die Ukraine weiter für notwendig hält.
SPD und BSW wollen Energiekosten senken
In ihrem Sondierungspapier erklären die Parteivertreter zudem, die Qualität in Kitas und Schulen zu verbessern und verbindliche Lehrpläne einführen zu wollen. Die berufliche Orientierung in Schulen soll gestärkt und die Beitragsentlastung aus dem Brandenburg-Paket entfristet werden.
Ziel sei außerdem die Senkung der Energiekosten, um den Wohlstand der Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg zu sichern und auszubauen.
Wie aus dem Sondierungspapier hervorgeht, unterstützen SPD und BSW darüber hinaus die Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften, Brandenburg solle Asylberechtigten Schutz bieten. "Maßnahmen zur Eindämmung und Verhinderung irregulärer Migration werden unterstützt", heißt es.
Zudem betonten die Sondierer in ihrer Vereinbarung, alle Krankenhausstandorte erhalten zu wollen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte nach der Verabschiedung der umstrittenen Krankenhausreform eine Schließung von zahlreichen Krankenhäusern für nötig gehalten, da insbesondere auf dem Land viele Betten leer stünden, es an medizinischem Bedarf mangele und eine stärkere Spezialisierung erfolgen müsse.
Beratungen über Brombeer-Koalition schwierig
Eine Koalition aus SPD und BSW wäre neu in Deutschland. Seit Anfang Oktober haben die SPD unter Ministerpräsident Dietmar Woidke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) unter Landeschef Robert Crumbach eine mögliche Regierungskoalition für Brandenburg ausgelotet. Nun müssen die Spitzen der Landesverbände von SPD und BSW der Aufnahme von Koalitionsgesprächen zustimmen.
In Sachsen und Thüringen geht es für das BSW ebenfalls um eine mögliche Regierungsbeteiligung, hier aber in einer Brombeer-Koalition, also aus CDU, BSW und SPD. In Sachsen wurden die Sondierungsgespräche vorerst unterbrochen, weil auch Abgeordnete aus der BSW-Fraktion einem Antrag der AfD auf einen Corona-Untersuchungsausschuss im Landtag zustimmten.
In Thüringen steht das Projekt auf der Kippe: Die Suche nach einem Kompromiss zu friedenspolitischen Forderungen, die Wagenknecht zur Voraussetzung für den Start von Koalitionsverhandlungen gemacht hat, war bisher erfolglos.
Sendung: Inforadio, 28.10.2024, 14:40 Uhr
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