Wahlkampfthema Infrastruktur - "Ich finde, der Bus sollte häufiger kommen"
Die Infrastruktur auf dem Land ist nach wie vor eines der größten Probleme Brandenburgs. Viele Bahnstrecken sind nach 1990 stillgelegt worden. Das bedeutet aber nicht, dass wenigstens die Busse häufig fahren würden. Von Karsten Steinmetz
An der Bushaltestelle auf der B102 ist weit und breit niemand zu sehen. Der Bus Richtung Rathenow hat Rhinow vor einer halben Stunde verlassen. Der nächste kommt erst in anderthalb Stunden.
Morgens fahren die Busse zwar regelmäßiger als jetzt am späten Vormittag. Um damit zur Arbeit nach Rathenow zu fahren, bieten sie sich trotzdem nicht an, erzählt ein Rhinower, der an der B102 gerade sein Gartentor repariert. "Ich hab's mal eine Zeitlang versucht. Morgens hat es auch gut geklappt", sagt er. Doch nachmittags musste er stets lange warten. "Dann bin ich irgendwann aufs Auto umgestiegen."
Immerhin: Die B102 ist gut ausgebaut, der Verkehr rollt. "Und es hat doch jeder hier ein Auto", ergänzt der Heimwerker und zuckt mit den Schultern. Er fühle sich in Rhinow auf keinen Fall abgehängt.
Ist ja richtig, sagt Lisa Mertens, eine gebürtige Rhinowerin, die mittlerweile in Wolfsburg lebt und in der Bäckerei und Konditorei von Rhinow gerade Kaffee trinkt. "Aber was ist denn mit den Jugendlichen, die noch keinen Führerschein haben? Die kommen doch abends hier nicht weg. Ich finde, der Bus sollte häufiger kommen."
Der Zug ist abgefahren
Diesen Wunsch hegt auch Stefan Schneider, der ehrenamtliche Bürgermeister von Rhinow. Der Ort hat zwar nur 1.700 Einwohner, besitzt aber seit dem 13. Jahrhundert das Stadtrecht. Auch Schneider würde den Bus gerne häufiger durch Rhinow fahren sehen. "Gerade die Schüler wünschen das. Wenn mal eine Schulstunde ausfällt, müssten sie nicht mehr so lange warten."
Punktuell habe es Verbesserungen in diesem Jahr gegeben, teilt das kommunale Verkehrsunternehmen "Havelbus" mit. Mehr sei nicht vorgesehen. Bürgermeister Schneider reicht das nicht. Viel Unterstützung vom Landkreis erhält seine kleine Stadt nicht; die 2,75 Millionen Euro Fördermittel vom Land für den ÖPNV im Havelland für 2019 sind schnell an anderer Stelle aufgebraucht.
Früher konnten die Rhinower noch mit dem Zug nach Rathenow oder Neustadt/Dosse fahren. 2003 wurde die Strecke stillgelegt. Das Land plant auch nicht, sie wieder in Betrieb zu nehmen. Dieser Zug ist abgefahren.
"Bis Friesack sind Gespräche nicht mehr möglich"
"Okay", sagt Bürgermeister Schneider, während er durch Rhinow spaziert und links und rechts Fußgänger grüßt. Irgendwie hätten sich doch alle halbwegs auf die Situation mit löchriger Busverbindung und ohne Zug eingestellt. Aber die Baustelle Mobilfunk sei nur schwer hinnehmbar. "In Rhinow geht's ja noch", sagt Schneider. Aber schon ein Kilometer außerhalb des Orts breche jede Verbindung ab. "Bis Friesack sind Gespräche nicht mehr möglich." Ein ernstes Problem vor allem, wenn ein Notruf zum Rettungsdienst abgesetzt werden soll.
Bürgermeister Schneider ist SPD-Mitglied, seine Partei regiert Brandenburg seit 29 Jahren. Dennoch nimmt er kein Blatt vor den Mund: "Von einem vernünftigen Standard sind wir Lichtjahre entfernt", klagt der Ehrenamtler.
Bestellwesen und Materiallager mit ISDN-Anschluss digitalisiert
Auch schnelles Internet bleibt noch ein Wunschtraum für die Rhinower. Ein Problem stellt das für den größten Arbeitgeber in der Stadt dar. Das Maschinenbau-Unternehmen Rexrodt hat Bestellwesen und Materiallager digitalisiert – mit einem alten ISDN-Anschluss. Neue Glasfaserkabel sollen verlegt werden – allerdings gibt es Ärger mit Anwohnern, unter deren Grundstücke die Kabel liegen sollen.
Rhinow sei eine schöne, kleine Stadt, lobt derweil ein Berliner Ehepaar, das gerade beim örtlichen Fleischer Station macht. Das langsame Internet und abbrechende Telefonverbindungen interessieren sie wenig. Wurst und Schnitzel seien aber so gut, dass sich selbst ein großer Umweg oder eine längere Anreise lohne.
Mit dem Auto. "Wie denn sonst?", fragen die beiden.