26. September 2021 - Das alles steht am Berliner Superwahltag zur Abstimmung

Der Wahlsonntag am 26. September ist einzigartig in der Berliner Geschichte: Drei Wahlen und ein Volksentscheid stehen an. Die wichtigsten Fakten im Überblick. Von Agnes Sundermeyer
Alle fünf Jahre wählt Berlin seine Volksvertreterinnen und -vertreter auf Landes- und auf Bezirksebene. Es gibt an dem Tag also Wahlen zum Abgeordnetenhaus (AGH) und zu den zwölf Bezirksverordnetenversammlungen (BVV). Doch damit nicht genug: In diesem Jahr fällt auf dasselbe Datum auch die Wahl zum Bundestag, also dem nationalen Parlament.
Außerdem können die Wählerinnen und Wähler bei dem Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co enteignen" darüber abstimmen, ob große Immobilienkonzerne enteignet werden können. Insgesamt sind es sechs Kreuze, die jeder und jede Wahlberechtigte setzen kann.
Doch bevor es verwirrend wird, der Reihe nach:
WER DARF WÄHLEN?
Das Recht, an den Wahlen zum Abgeordnetenhaus teilzunehmen, haben alle Deutschen, also Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben. Außerdem ist die Bedingung, dass sie seit mindestens drei Monaten ununterbrochen in Berlin ihren Wohnsitz haben und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.
Dasselbe gilt auch für die Wahl zum Bundestag. Bei der müssen die Wählerinnen und Wähler mindestens drei Monate am Stück in der Bundesrepublik Deutschland gewohnt haben.
Auch im Ausland lebende Deutsche können mitwählen. Vom Wahlrecht ausgeschlossen sind unter anderem Personen, denen das Wahlrecht durch Richterspruch aberkannt wurde. An der Abstimmung zum Volksentscheid kann auch nur teilnehmen, wer wahlberechtigt ist.
Bei den Wahlen zur BVV sind außer deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern auch Angehörige anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) mit gemeldetem Wohnsitz in Berlin wahlberechtigt. Das Mindestalter für die Wahlen zur BVV ist zudem auf 16 Jahre abgesenkt worden.
WANN UND WIE WIRD GEWÄHLT?
Die Wahllokale sind am Sonntag, 26. September von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Danach beginnt die Stimmenauszählung, die öffentlich ist und bei der man sogar zusehen kann.
Wer nicht persönlich zur Wahl gehen kann, hat die Möglichkeit, in den sechs Wochen vor der Wahl per Briefwahl zu wählen. Dafür braucht man einen Wahlschein [bundeswahlleiter.de]. Den kann man bei der Gemeinde seines Hauptwohnortes schriftlich beantragen, telefonisch geht das nicht. Dazu gibt es aber auch auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung, die jede und jeder Wahlberechtigte mit der Post erhält, einen Vordruck, den man ausgefüllt zurücksenden kann, auch per E-Mail. Alternativ gibt es einen QR-Code auf der Wahlbenachrichtigung; scannt man ihn ein, sind alle persönlichen Angaben für den Wahlschein bereits eingetragen.
Alle fünf Stimmzettel für alle Wahlen müssen übrigens in denselben Stimmzettelumschlag gesteckt werden, sonst ist das Wahlgeheimnis nicht gewahrt und die Wahl ist ungültig.
WER UND WAS WIRD GEWÄHLT?
1. Die Wahl zum deutschen Bundestag
Die Funktion des Bundestags ist es, Gesetze zu verabschieden und die Regierung zu kontrollieren. Er wird für vier Jahre gewählt.
Zu dieser Bundestagswahl treten 53 Parteien an [bundeswahlleiter.de]. Dabei gibt es eine Erst- und eine Zweitstimme. Mit der Erststimme kann man einen Kandidaten einer Partei wählen, der im Wahlkreis antritt. Ganz Deutschland ist in 299 Wahlkreise aufgeteilt. Wer die Mehrheit im Wahlkreis bekommt, zieht direkt in den Bundestag ein.
Mit der Zweitstimme wird eine Partei gewählt. Damit der Bundestag am Ende widerspiegelt, wie erfolgreich die Parteien bei der Wahl waren, bekommt jede Partei so viele Sitze, wie ihr nach diesem Ergebnis zusteht.
2. Die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus:
Das Abgeordnetenhaus ist das Landesparlament in Berlin. Es schafft die Gesetze, bildet die Regierung und kontrolliert sie auch. Die Bürgerinnen und Bürger können sowohl die Parteien als auch einzelne Kandidatinnen und Kandidaten wählen, die ins Parlament einziehen sollen. Dafür haben die Wahlberechtigten zwei Stimmen: eine für eine Partei auf Landesebene und eine für den Direktkandidaten oder die Direktkandidatin im Wahlkreis. Um ins Abgeordnetenhaus einziehen zu können, muss eine Partei fünf Prozent der Wählerstimmen bekommen.
Die Zahl der Abgeordneten, die nach der Wahl tatsächlich im Berliner Abgeordnetenhaus sitzen, ist nicht in jeder Legislaturperiode gleich. Eigentlich gibt es 130 Sitze für Parlamentarier im Abgeordnetenhaus. Je nachdem, wieviel Prozent die Parteien bei der Wahl bekommen haben, erhalten sie davon anteilig Sitze im Parlament.
Nun gibt es aber, wie bei der Bundestagswahl, neben der Zweitstimme, mit der man eine Partei wählen kann, auch noch die Erststimme. Darüber können Kandidatinnen und Kandidaten direkt gewählt werden. Und wenn hier jemand gewinnt, der einen hinteren Listenplatz hat oder gar nicht auf der Wahlliste seiner Partei steht, gibt es für sie die sogenannten Überhangmandate. So kann es passieren, dass eine Partei deutlich mehr Sitze im Abgeordnetenhaus bekommt. Damit aber bei Abstimmungen das Kräfteverhältnis der Parteien im gesamten Plenum erhalten bleibt, bekommen dann auch andere Parteien zusätzliche Sitze zugesprochen. Das ist auch der Grund dafür, dass das aktuelle Parlament aus 160 Abgeordneten besteht.
Mit der Wahl geht die Legislaturperiode und damit auch die Amtszeit des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) und seiner Senatorinnen und Senatoren sowie der Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeister zu Ende. Müller wird nicht wieder antreten, sondern kandidiert für den deutschen Bundestag.
3. Die Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung
Die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) sind die kommunalen Parlamente der Berliner Bezirke, vergleichbar mit den Stadträten und Gemeindevertretungen in anderen Bundesländern. Es gibt in Berlin zwölf Bezirke: Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Mitte, Neukölln, Pankow, Reinickendorf, Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick.
Die BVV trifft Entscheidungen über Einrichtungen oder Bereiche, für die nur der Bezirk verantwortlich ist. Dazu zählen zum Beispiel die bezirkseigenen Grünflächen, Schulgebäude und Jugendeinrichtungen, aber auch Volkshochschulen und Bibliotheken. Auch die Organisation der Jugendämter und der Ordnungsämter gehört dazu.
In jedem der zwölf Berliner Bezirke gibt es eine BVV. Sie wird alle fünf Jahre gewählt, jeweils am selben Tag wie das Abgeordnetenhaus.
Bei der BVV-Wahl werden die Kandidatinnen und Kandidaten nicht direkt gewählt, sondern man gibt seine eine Stimme einer Partei oder Wählervereinigung in seinem Bezirk. Um in die BVV einzuziehen, braucht eine Partei drei Prozent der Stimmen. Gemäß dem Anteil der Stimmen setzt sich dann auch die BVV mit ihren Fraktionen zusammen. Die BVV besteht jeweils aus höchstens 55 Bezirksverordneten.
In der Bezirksverordnetenversammlung kann sich die Zahl der Bezirksverordneten auch verringern: Wenn auf der Liste einer Partei nicht so viele Kandidaten stehen, wie nach dem Wahlergebnis einziehen dürften, bleiben diese Stühle leer.
Die stärkste Fraktion in der BVV stellt in der Regel die Bezirksbürgermeisterin oder den Bezirksbürgermeister. Manchmal tun sich aber auch Parteien, die weniger Stimmen bekommen haben, zu sogenannten Zählgemeinschaften zusammen, um einen Kandidaten oder eine Kandidatin zur Wahl zu stellen.
4. Der Volksentscheid
Bleibt noch die Abstimmung zum Volksentscheid der Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen". Bei diesem Kreuz geht es nicht um die Wahl von Parteien oder Abgeordneten. Die Berlinerinnen und Berliner können darüber abstimmen, ob Immobilienkonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen gegen eine Entschädigung enteignet werden sollen.
Damit der Volksentscheid erfolgreich ist, müssen aber zwei Bedingungen erfüllt werden: Zum einen muss die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler mit Ja stimmen. Zum anderen muss aber auch das sogenannte Quorum erfüllt werden: Mindestens ein Viertel aller Stimmberechtigten muss mit Ja stimmen - das wären aktuell etwas mehr als 617.000 Stimmen.
Ob dann die Bahn frei für Enteignungen ist, bleibt ungewiss. Der Senat wäre nur zu einem Gesetz "aufgefordert", aber rechtlich gebunden, die Pläne der Initiative umzusetzen, ist er nicht. Die endgültige Entscheidung über ein neues Gesetz trifft dann das neu gewählte Abgeordnetenhaus.