Abgeordnetenhauswahl - Fast alle Spitzenkandidaten wollen Thema Wohnen als erstes angehen

Di 21.09.21 | 23:43 Uhr
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ARCHIV - 24.03.2020, Berlin: Die Fassaden von Altbauten und Neubauten in Friedrichshain. (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Video: Ihre Wahl 2021 zum Abgeordnetenhaus | 21.09.2021 | Bild: dpa/Jens Kalaene

Wohnungsneubau oder Ankauf, Enteignungen oder ein Pakt mit den Wohnungsgesellschaften: Die Berliner Spitzenkandidaten haben in der rbb-Wahlarena kontrovers diskutiert, wie das Thema Wohnen nach der Wahl angegangen werden soll.

Die Spitzenkandidaten für die Berliner Abgeordnetenhauswahl haben das Thema Wohnen weit oben auf ihrer Agenda. Das wurde in der Diskussionsrunde im rbb-Fernsehen am Dienstagabend deutlich.

Franziska Giffey (SPD), Bettina Jarasch (Grüne), Klaus Lederer (Linke) und Sebastian Czaja (FDP) antworteten auf eine entsprechende Frage, dieses Thema als erstes nach der Wahl angehen zu wollen. AfD-Spitzenkandidatin Kristin Brinker sagte, als Finanzpolitikerin wolle sie sich zuerst den Haushalt ansehen, Kai Wegner (CDU) nannte eine bessere öffentliche Verwaltung als sein erstes Thema.

Giffey und Jarasch setzen auf Zusammenarbeit mit Wohnungsunternehmen

Giffey setzt vor allem auf Wohnungsneubau, das sei "Chefinnen-Sache" sagte sie. Sie will als erstes ein Bündnis für bezahlbaren Wohnraum beziehungsweise Wohnungsneubau schaffen. Diesem Bündnis sollen sowohl die landeseigenen Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften aber auch private Investoren angehören. Giffey kritisierte die Unterstützung von Linken und Grünen für den Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen. Eine solche Vergesellschaftung gegen Entschädigung nach pauschalen Kriterien wie der Anzahl von Wohnungen sei "weder zielgenau noch gerecht".

Auch Bettina Jarasch will mit den Wohnungsunternehmen gemeinsam handeln. Diese sollen sich unter anderem zu fairen Mieten verpflichten, dann würden sie beispielsweise auch Grundstücke für Wohnungsneubau bekommen. Sie sagte, sie wolle auch den Druck, der durch den Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co enteignen" entstehe, dafür nutzen, einen solchen Pakt mit den Wohnungsunternehmen zu verhandeln. Eine Enteignung sehen die Grünen aber nur als "allerletztes Mittel".

Lederer für Enteignungen - Brinker warnt vor Risiken

Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer hingegen sprach sich hingegen erneut für eine Enteignung von Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnung aus. "Indem wir Wohnungen dem Markt entziehen, werden wir dafür sorgen, dass die Angebotsmieten nicht weiter durch die Decke knallen", sagte der Kultursenator. Er versprach, dass die Berliner "keinen Cent" für die Entschädigungen im Falle einer Vergesellschaftung zahlen müssten. "Das wird kreditfinanziert."

AfD-Spitzenkandidatin Kristin Brinker kritisierte den jüngsten Ankauf des Senats von rund 14.750 Wohnungen für gut 2,4 Milliarden Euro. Dieses Geld hätte viel besser in Neubau investiert werden können, sagte sie. Nach ihrer Einschätzung hätten davon 8.000 bis 10.000 Wohnungen neu gebaut werden können. Zudem sei ein Immobilienkauf auch immer mit Risiken verbunden, warnte Brinker. "Das ist ein Risiko für den Landeshaushalt und für den Steuerzahler."

Wegner fordert mehr Neubau - Czaja will Hilfe für Wohneigentum

Wegner kritisierte, durch Enteignungen würde kein einziger neuer Quadratmeter Wohnraum neu entstehen. 40 Milliarden Euro für Entschädigungen im Falle von Enteignungen in die Hand zu nehmen sei der falsche Weg. Vielmehr müsse neu gebaut werden - für alle Preissegmente in der Stadt. "Wir brauchen auch Wohnraum für den Busfahrer, für den Polizeibeamten, der keinen Wohnbereichtigungsschein bekommt und trotzdem bezahlbaren Wohnraum in dieser Stadt braucht."

Auch Czaja plädierte für Wohnungsneubau: "Wir brauchen dringend eine "mietsenkende Neubauoffensive". Das aber helfe nur mittel- und langfristig. Nötig sei aber auch eine kurzfristige Hilfe. Der FDP-Spitzenkandiat schlägt etwa finanzielle Unterstützung vor für Menschen, die Wohneigentum aufbauen wollen. "Auch wenn Berlin einen Mieterstadt ist, gehört das für uns mit dazu, damit man in den eigenen vier Wänden auch sein Zuhause findet."

Keine Einigkeit bei Bebauung des Tempelhofer Feldes

Gestellt wurde in der Diskussionsrunde auch die Frage, ob auf dem Tempelhofer Feld Wohnungen entstehen sollen, obwohl dies ein Volksentscheid 2014 abgelehnt hatte. SPD, CDU, FDP und AfD sprachen sich für eine Randbebauung aus, sollten die Bürger bei einer erneuten Befragung zustimmen. Die Grünen sind dagegen, die Linke sieht hier Lederer zufolge nicht die erste Priorität, wenn es um Neubau geht.

Sendung: Ihre Wahl 2021 zum Abgeordnetenhaus, 21.09.2021, 20:15 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Das ist leider falsch, sie sind es nicht! Sie liegen falsch wenn Sie schreiben: "(...)
    "Privat Vermieter sind nicht für den Bau von Sozialwohnungen verantwortlich. " Doch, sind sie.(...)"
    Wer hat Ihnen nur so einen Quatsch beigebracht oder war es Selbststudium?

  2. 13.

    Was schreiben Sie denn hier für einen pauschalen Quatsch? Also ich wohne seit über 10 Jahren in meiner Wohnung, habe eine gute Vermieterin und die Gemeinschaft investiert jedes Jahr in den Erhalt unseres Hauses. Wenn andere Menschen in heruntergekommenen Löchern wohnen wollen ist das okay, aber über andere völlig unwissend und platt herzuziehen ist einfach mal völlig daneben.

  3. 12.

    Frau Giffey wird sich sehr wundern, wie viele Stühle an ihrem Tisch für Wohnungsneubau leer bleiben werden, da gerade die freie Wohnungswirtschaft von den Linkspopulisten aus der Stadt getrieben wurde. Jedenfalls lassen die aktuellen Bauantragszahlen schon jetzt zuverlässig erkennen, dass es in den kommenden Jahren sehr still um den Mietwohnungsneubau werden wird. Und wie die SPD nun versucht, die (nachweislich wider besseren Wissens) selbst verursachte Katastrophe als Anlass zur Wiederwahl zu propagieren, lässt an dieser Stelle leider keine zutreffende Kommentierung mehr zu.

  4. 11.

    Also genau die Konstellation, die Berlin letztendlich in die Pleite getrieben hat. Alle drei Parteien sind innigst mit der alten Westberliner Beton- und Immobilienmafia verbunden. Sollte das jemals wieder in Regierungsverantwortunk kommen werden die alten Seilschaften wiederbelebt. Giffey macht es ja bereits vor. Bei der FDP freut man sich über den milliardenschweren Bau von U-Bahnlinien ganz besonders.

    Sebastian Czaja ist seit 2016 bei der beton & rohrbau 2.0 GmbH in der Projektentwicklung tätig.

  5. 10.

    In Berlin wurden vor 25 Jahren noch Anreize geboten um eine Wohnung anzumieten, und Wohnungen waren "für Appel un Ei " zu erwerben.
    Das wiederspricht dieser Abzocke, die hier unterstellt wird.
    Die Berliner haben kaum gekauft um selbst zu bewohnen, außerdem zog diese Stadt jährlich ca 40 000 Zuzügler an, und nun haben wir den "Salat".
    Wo bleibt die Verantwortung der Regierung, die letztendlich für diese Dasensvorsorge zuständig sein müsste.
    Die Linke freut sich natürlich, wenn die Wohnungssuchenden und die unzufriedenen Mieter, anstatt der Landesregierung auf die " Pelle" zu rücken, den "Kapitalisten" die Schuld geben, passt es doch in`s langfristiges Konzept.












    anreize geboten um eine Wohnung

  6. 9.

    Sie schaffen es jedesmal die Klippen zu umschiffen und benatworten stattdessen Fragen, die ich nie gestellt habe.

    "Privat Vermieter sind nicht für den Bau von Sozialwohnungen verantwortlich. " Doch, sind sie.

    "Er kann durch Förderprogramme den sozialen Wohnungsbau für private Vermieter attraktiver machen." Also den Abzockern noch mehr Steuergelder wie bisher hinterherwerfen? Das könnte ihnen so passen.

    "Der Senat ist in der Pflicht und übt geht dieser in den letzten Jahren kaum nach." Das ist nachweislich gelogen.

  7. 8.

    Das sehe ich genauso wie sie. Rot schwarz und gelb. Ist mein Tipp für Sonntag

  8. 7.

    Im Rahmen der Föderalismusreform I aus dem Jahr 2006 wurde die Zuständigkeit für die Gesetzgebung zur sozialen Wohnraumförderung vom Bund auf die Länder übertragen. Den Ländern obliegen nunmehr auch das Recht zur Gesetzgebung in diesem Bereich und die Finanzierung der sozialen Wohnraumförderung.

    Privat Vermieter sind nicht für den Bau von Sozialwohnungen verantwortlich. Der Senat hat die Verantwortung genügend sozialen Wohnraum bereitzustellen.

    Er kann durch Förderprogramme den sozialen Wohnungsbau für private Vermieter attraktiver machen. Dies ist in Berlin jedoch nicht der Fall, so dass natürlich kaum private Vermieter Sozialwohnungen bauen.

    Der Senat ist in der Pflicht und übt geht dieser in den letzten Jahren kaum nach.

  9. 6.

    Vermieter, ganz besonders private Vermieter haben jahrzehntelang ein Klima der Angst erzeugt. Durch Verdrängung und durch gnadenlose Abzocke.

    Von welchen Privatinvestitionen faseln sie hier? Welcher Privatinvestor hat in den letzten zehn Jahren bezahlbaren Wohnraum geschaffen und in welcher Menge?

  10. 5.

    Die Neubauwohnungen können sich viele Leute nicht leisten und liegen irgendwo in der Peripherie. Frau Giffey hat sicher eine schöne Innenstadtwohnung und kann sich diese bei ihrem Einkommen auch leisten. Die Enteignungkampagne sorgt dafür, dass Wohnungen auch im Innenstadtbereich bezahlbar bleiben. Auch alteingesessene BerlinerInnen, Friseure, Bäcker, Erzieherinnen,möchten in ihrem Altbaukiez wohnen bleiben, in dem sie ihre Sozialstrukturen haben und ihre Kinder großgezogen, nicht nur Zugezogene mit großem Geldbeutel oder Leute, die nur fürs WE eine Bleibe brauchen.

  11. 4.

    Mit Androhungen von Enteignen schafft man ein Klima von Rechtsunsicherheit, und bremst die Investitionsbereitschaft der Privatinvestitionen ab. Da Berlin eine hochverschuldete Stadt ist, wird sich der Wohnungsmangel im nächsten Jahrzent noch verschärfen.
    Eine Entspannung ist nur zu ereichen, wenn viele Berliner wegziehen, und kein Zuzug stattfindet.

  12. 3.

    Es ist Wahlkamf. Das merkt man, wenn man sich die Fakten anschaut:
    Während sich in den Großstädten die Preissteigerung mit einem Plus von 2,1 Prozent im Bestand abschwächte (2020: 2,9 Prozent), legten die Mieten jedoch vor allem in den Mittelstädten bis 100.000 Einwohner um 4,1 Prozent (2020: 3,4 Prozent) sowie in Kleinstädten bis 20.000 Einwohner um 5,1 Prozent (2020: 3,1 Prozent) zu.

    Eine Mietpreisexplosion in Großstädten wie uns versucht wird glaubhaft zu machen gibt es also nicht, weil die Mieten unter der allgemeinen Preisteuerung steigen.

  13. 2.

    Das gerade LWU und Genossenschaften hätten in der laufenden Legislatur eine größere Anzahl Wihnungen hätten bauen sollen, waren auch die Worte der Linken. Was daraus geworden ist, ist bekannt.

    Hat Lederer schon ein Konzept, wie er rechtssicher enteignen will? Neulich sagte er gegenüber dem Tagesspiegel, dass daran noch gearbeitet werden müsse.

  14. 1.

    Der Einzigen, der ich beim Thema Wohnen traue, ist Franziska Giffey.
    Von Jarasch war ich sehr enttäuscht.
    Ich denke, jetzt werden die Grünen noch mehr Stimmen verlieren.
    Lederer war mir überraschend sympathisch.
    Hoffentlich raubt er auch noch Stimmen von den Grünen, damit diese auf Platz 4 abrutschen.

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