Berliner Spitzenkandidaten | Sebastian Czaja (FDP) - Sie sollen den Macher kennen lernen

Do 09.09.21 | 18:00 Uhr | Von Kirsten Buchmann
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Sebastian Czaja, FDP-Spitzenkandidat für die Berliner Abgeordnetenhauswahl 2021 (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Video: rbb|24 | 07.09.2021 | Material: Abendschau | Bild: dpa/Christoph Soeder

Jung, dynamisch, kämpferisch – so präsentiert sich der FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja. Seine Partei hat ihren Wahlkampf auf den 38-Jährigen zugeschnitten. Von Kirsten Buchmann

Ein FDP-Wahlstand in der Clayallee im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, davor mit weißem Hemd und schwarzer Steppweste der Spitzenkandidat der Liberalen, Sebastian Czaja. Er blickt um sich. "Hallo", grüßt er eine Frau mit markanter schwarzgerahmter Brille und bläulich getönten Gläsern. Sie fragt freundlich nach: "Jetzt weiß ich aber nicht, wo ich Sie hinstecken soll." - "Ich gehöre zur FDP. Ich bin Sebastian Czaja, der Spitzenkandidat der FDP zur Abgeordnetenhauswahl", stellt er sich vor. "Ah ja", sagt die Passantin. Da wo sie wohne, stehe ein Großplakat von jemand anderem, noch nicht seins. "Dann können Sie mich jetzt kennen lernen", antwortet Czaja.

Damit sich der Spitzenkandidat für die Berliner Abgeordnetenhauswahl möglichst jedem, der an diesem Tag am FDP-Wahlstand in der Clayallee vorbeikommt, einprägt, steht dort zudem ein großes Czaja-Porträt. Seine eine Gesichtshälfte ist in blaues, die andere in pinkfarbenes Licht getaucht. Den Blick nach schräg oben in die Ferne gerichtet, erinnert er an eine Figur aus einem Science-Fiction-Film. Als Macher inszeniert sich Sebastian Czaja. "Holen wir uns die Zukunft", steht unter seinem Bild.

Anpacken und gestalten

"Ich habe Lust, in dieser Stadt anzupacken und diese Stadt zu gestalten. Deshalb bewerbe ich mich als Spitzenkandidat mit 38 für die Abgeordnetenhauswahl", sagt der FDP-Politiker.

An der Clayallee fragt er nach, was die Stadt für die Zukunft brauche. Czaja steuert in seinen weißen Turnschuhen ein paar Schritte auf ein Obstgeschäft zu. Eine Antwort: Gute, zuverlässige Fachkräfte zu finden, sei schwierig.

In einem Geschäft für Pralinen und Kaffee in der Nähe erkundigt Czaja sich, wie es der Unternehmerin geht und ob sie gut durch die Pandemie gekommen sei. – "Ja, wird dürften ja öffnen", sagt die Geschäftsfrau. Allerdings würde sie gerne ihre Tische und Stühle weiter ausbreiten, "mit dem Ordnungsamt hier habe ich da ein bisschen Sorge."

Der Zollstock vom Ordnungsamt

Bei dem Thema ist Czaja in seinem Element: "Das ist schon absurd: erst die Pandemie und dann der Zollstock vom Ordnungsamt." In seiner Stimme schwingt Ungeduld mit. Die FDP dagegen wolle mehr Großzügigkeit für die Gastronomen und Betriebe, damit sie besser wirtschaften könnten.

Der rot-rot-grünen Koalition wirft er schon lange Verantwortungslosigkeit vor, auch wegen der schleppenden Digitalisierung der Verwaltung und in Schulen sowie wegen zu wenig Wohnungsbau. Seine Botschaft: Die FDP wird es besser machen. Wohnungen müssten gebaut statt nur gekauft werden. Die Verwaltung müsse modernisiert werden, mit Digitalisierung, aber durch bessere Service-Angebote. Im Verkehr müsse es zusätzliche Angebote geben statt Verbote.

"Wir lebten in einem völlig neuen Land"

Wenn es um Bildung und speziell um Aufstieg durch Bildung geht, bringt Czaja auch schon mal seine eigene Biografie ins Spiel. DDR-Herkunft, sechs Jahre alt, als die Mauer fiel – Aufbruchsstimmung, so erzählte er auf einem Parteitag: "Wir lebten in einem völlig neuen Land, das uns Wohlstand versprach, wenn wir uns anstrengten." Seine Mutter war Krankenschwester, sein Vater Elektroinstallateur. Sebastian Czaja selbst machte eine Lehre als Elektrotechniker und schließlich das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg.

Er befindet: "Fleiß zahlt sich aus." Den Menschen in Berlin will er ermöglichen, dass sie "Architekten ihres eigenen Lebens werden". Als Architekt seines Lebens in der Politik will er für Berlin nun den Regierungswechsel erreichen. "Berlin steht vor einer Richtungswahl. Die Chancen waren nie so gut, dass ein Richtungswechsel herbeigeführt werden kann."

Chef der kleinsten Abgeordnetenhausfraktion

Was eine Koalitionsaussage angeht, mit wem er gerne regieren würde, da hält er sich fast alles offen, außer mit der Linken und mit der AfD.

Momentan ist Sebastian Czaja Chef der kleinsten Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 kam die FDP – auch da bereits mit ihm als Spitzenkandidaten – auf 6,7 Prozent der Stimmen. Mit einem zentralen Thema, mit der Kampagne, den Flughafen Tegel offen zu halten, punktete Czaja damals bei den Wählern und brachte die FDP wieder ins Parlament. Davor, in der Wahlperiode bis 2016, war sie nicht im Abgeordnetenhaus vertreten. Diesmal, bei der Wahl am 26. September, wollen Sebastian Czaja und die Berliner FDP zweistellig werden und mitregieren. Laut Umfragen im August verlor die FDP allerdings gegenüber der vorherigen Erhebung einen Prozentpunkt und kam auf acht Prozent.

Ein Haken könnte für die Liberalen diesmal womöglich sein, dass die Freien Wähler ihnen Stimmen abknöpfen. Für sie kämpft Marcel Luthe, ehemals FDP, der wegen eines zerrütteten Vertrauensverhältnisses aus der Abgeordnetenhausfraktion der Liberalen ausgeschlossen worden war.

Praller Wahlkampf-Terminkalender

Die Wahl rückt näher. Sebastian Czaja am Stand, auf Kiez-Tour und bei Unternehmensbesuchen, sein Kalender ist prall gefüllt mit Terminen kreuz und quer durch die Stadt. Im Beliebtheit-Ranking der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Parteien landete Sebastian Czaja laut Umfragen im August inzwischen auf dem dritten Platz, nach Franziska Giffey von der SPD und Linken-Politiker Klaus Lederer. 18 Prozent zeigten sich zufrieden, zwei Prozent sehr zufrieden mit Czajas politischer Arbeit. 38 Prozent der Befragten kannten ihn zu dem Zeitpunkt nicht.

Und wie kommt Sebastian Czaja an diesem Tag bei den Wählerinnen und Wählern in der Clayallee an? Die Dame mit der bläulich getönten Brille, der Czaja anfangs noch unbekannt war, ist ohnehin für die FDP.

Die Verkäuferin im Obstgeschäft sagt über Czaja: “„Ganz nett, ist ein hübscher Mann." Czaja erinnert sie rasch mal daran, weshalb er da ist, indem er ihr das FDP-Magazin in die Hand drückt: "Sie kriegen auch einen Inhalt, wenn Sie mögen." Der Obsthändler findet Czaja "sympathisch". Er bleibt aber auch nach seinem Besuch noch unentschieden, welche Partei er bei der Abgeordnetenhauswahl am 26. September wählen wird.

Beitrag von Kirsten Buchmann

23 Kommentare

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  1. 23.

    Gegenfrage: Haben denn Reglementierungswut oder Repressionen bei dem von ihnen genannten Teil dieser Bevölkerungsgruppen - also denen die "auffällig" geworden sind - bisher dauerhaft auch nur irgendetwas bewirkt?

    Ihre, so nehme ich an, "Lieblingsgruppierungen" unterscheiden sich doch erheblich von einander. Der kleinste gemeinsame Nenner dort ist "ist mir doch egal" - hier werden sie mit Zwang dauerhaft - und darum geht es, nicht ums kurzfristige "Gefügigmachen" - nichts erreichen.

    Was man sich unter Eigenverantwortung vorstellen kann, sollte einem durchschnittlich gebildeten Menschen klar sein. Ich betrachte diesen Teil ihrer Ausführung deshalb als obsolet.

  2. 22.

    "Ich bin nunmal für mehr Eigenverantwortung."

    Was kann man sich darunter konkret vorstellen? Mehr Eigenverantwortung statt Staat bei allen Verkehrsteilnehmer, beim Partyvolk, den Drogenkonsumenten....

  3. 21.

    An welchen Passagen im Berliner Wahlprogramm lässt sich denn diese Glaubwürdigkeit ableiten?

    Ich sag mal, Sprüche wie "Wer sein Auto braucht, darf jetzt nicht links abbiegen" oder "Politik, die Wirtschaft machen lässt" sind niveaulos einerseits und sehr naiv andererseits.

  4. 20.

    Sehr einleuchtend und anschaulich dargestellt.
    Wäre ich eine Lehrerin, würde ich ein 1+ vergeben.

  5. 19.

    Also ich habe die Nase von der Bevormundungs- und HüHott-Politik des aktuellen Senats gestrichen voll. Ich bin nunmal für mehr Eigenverantwortung. Berlin ist auch kein Dorf, somit muß ein gesundes Maß an Ökonomie und Ökologie, fernab von ideologischen Gedöns, gefunden werden. Gegen schwarze "Law-and-Order-Politik" habe ich ebenso eine Abneigung wie gegen Parteien am linken oder rechten Rand. Nicht Wählen ist keine Option. Ebensowenig wie die Stimme irgendeinem "Ein-Prozenter" hinterher zu werfen. Vll. kommt auch ein klein wenig frischer Wind in die Kompostbude. Also warum nicht so wählen, das andere Floristen sich gelb ärgern ;-).

  6. 18.

    Ohne solche Egomanen wäre die ganze Welt besser dran!!!

  7. 17.

    "Endlich jemand, dem man glauben möchte"

    Warum möchten Sie diesem Politiker glauben?!

    Als Opposition war die Czaja-FDP eine Katastrophe. Außer Populismus und markige Worte war da nichts. Nicht ohne Grund ist Luthe ausgetreten. Man denke da nur an den Volksentscheid "Tegel" im Zuge des letzten Wahlkampfs, wo es nur um das eigene Klientel von Geschäftsleuten und Beamte ging und gegen den Bau von tausenden Wohnungen sowie Schaffung neuer Jobs. Alten Tegel offen halten, Wohnungsbau verhindern, Forschung / Startups ausbremsen - und dann hat er sich auf Wahlplakaten ernsthaft als "Fortschrittsbeschleuniger" bezeichnet.

    Und in diesem Wahlkampf? Steht plötzlich die Schaffung neuer Wohnungen im Vordergrund und man will ein neues Volksbegehren zum Tempelhofer Feld.

    PS: Frischen Wind gab es schon nach der letzten Wahl mit den Grünen. Manch einer ist damit letztendlich nicht glücklich geworden.

  8. 16.

    Hab schon die Grünen gewählt. Würde niemals die Autofahrerparteien CDU, FDP oder AFD wählen.

  9. 15.

    Dass die Durchschnittsverdiener am besten bei Linken und Grünen wegkommen und die Reichen am besten bei der politischen Rechten (FDP, CDU, AfD) ist inzwischen hinlänglich an Hand der Wahlprogramme errechnet worden.

    Dass die FDP sich als Partei geriert, ist entweder Zeichen der völligen Realitätsverirrung oder der bewussten politischen Lüge. Alles was die Liberalen und ihr heiliger Markt regeln, ist, dass soziale Gerechtigkeit keine Chance bekommt. Gift für unsere Stadt.

  10. 14.

    Die Katastrophe heißt weiter mit den unfähigen RRG Senat . Alles ist besser wie der aktuelle Katastrophen-Senat

  11. 13.

    ...aus der Fraktion mit den mit Abstand höchsten Entgelten und Aufwandsentschädigungen für Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen je Fraktionsmitglied.

  12. 12.

    Es wäre gut, wenn wir in Berlin mal einen frischen Wind hätten. Endlich jemand, dem man glauben möchte, was er sagt: "Ich habe Lust, in dieser Stadt anzupacken und diese Stadt zu gestalten." Hoffentlich geben hier viele Menschen de FDP mal eine Chance statt nur weiter so mit dem Berline Rot-Rot-Grünen Trauerspiel.

  13. 11.

    Nein sagt auch ein popeliger Angestellter wie ich der seit 21 Jahren einen gut bezahlten gesicherten Job in der Privatwirtschaft hat den ich mir selbst gesucht habe. Hört endlich auf zu meckern und gebt nicht immer anderen schuld. Fakt ist die Grünen und linken wollen Leute wie mich die zu den guten Durchschnittsverdienern gehören an die Geldbörse. Warum ? Man hat sich alles selbst erarbeitet. Ich bin keinen was schuldig.

  14. 10.

    Wenn nicht nur Klientelpolitik betrieben wird, so wie man es von der FDP gewohnt ist, hat die FDP ja immer mal wieder recht gute Ansätze. Und auch genug Rückgrat, um einer Koalition eine Absage zu erteilen. Gefällt mir eigentlich, aber ich fühle mich trotzdem nicht von der FDP vertreten. Aber vielleicht kommt das ja noch.

  15. 9.

    Ein überaus wählbarer Kandidat, der Herr Czaja.
    Jedenfalls wählbarer, als die Betrügerin von der SPD und dem Enteignungsphantasten von der SED, die bei "Umfragen" vor ihm stehen.

  16. 8.

    Wer Politik und ´Aufschwung´auf Pump, auf Kosten der 9nächsten0 Steuerzahler will. Wer wirklich noch glaubt: ´der Markt regelt alles´! Wer möchte, das die Reichen steuerfrei noch reicher werden. Wer es für sinnvoll hält das Gewinne privatisiert und Schulden sozialisiert werden. Der sollte fdp wählen!

  17. 7.

    Hahaha, Wahlempfehlung FDP - das ist echt gut. Das mit der FDP lassen wir besser mal! Ich finde ja Steuererhöhungen auch nicht gut, aber wer soll dann alles finanzieren, ohne dass uns dann die Superreichen und Firmen wegrennen, nur so ein Gedanke ;-)

  18. 6.

    Also Wahlempfehlung für unser aller Bürgerrechte und ohne hohe Steuern, kann ganz klar nur sein, FDP, die Piratenpartei oder die Partei !

  19. 5.

    Er befindet: "Fleiß zahlt sich aus."

    Sprach der Politiker mit gesicherten Einkommen (Diäten, Nebentätikeiten, Pension).

  20. 3.

    Heute morgen bei einem Radio eins Interview war der Mann so hilflos. Er keine Frage wirklich beantwortet und hat immer nur das Parteiprogramm zitiert. Das war nur peinlich und nix von Macher

  21. 2.

    Gott sei Dank, es gibt noch Alternativen!

  22. 1.

    Der Typ wäre eine Vollkatastrophe für unsere Stadt. Schlimm genug, dass die SPD-Rechtsaußen Giffey wohl Bürgermeisterin wird.

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