Spitzenkandidaten | Klaus Lederer (Linke) - Kämpfer im Kapuzenpulli

Fr 15.07.16 | 11:01 Uhr | Von Thorsten Gabriel und Jan Menzel
Der Berliner linke Landesvorsitzende Klaus Lederer (Die Linke) stellt am 10.02.2014 im Abgeordnetenhaus Berlin bei einer Sondersitzung des Rechtsausschusses Fragen (Quelle: dpa/Florian Schuh)
Bild: dpa

Ein leidenschaftlicher Linker, seit elf Jahren Parteichef und nun erstmals Spitzenkandidat: Klaus Lederer steigt bei der Abgeordnetenhauswahl für die Berliner Linke in den Ring. Regierungserfahrung, Hartnäckigkeit und Prinzipientreue bringt der 42-Jährige mit. Von Thorsten Gabriel und Jan Menzel 

"Der kleine und der große Klaus" nannte man sie seinerzeit im landespolitischen Berlin. Der große, das ist damals der Sozialdemokrat Klaus Wowereit, der Regierende  Bürgermeister. Der kleine ist er: Klaus Lederer, der frisch gebackene Landesvorsitzende der mitregierenden Linken mit gerade 31 Jahren. Pünktlich zur nahenden Halbzeit der rot-roten Regierungs-Ära rückt der Jurist 2005 an die Spitze der damaligen "Linkspartei.PDS" auf. Ein Pragmatiker in Jeans und Kapuzenpulli mit Kurzhaarschnitt und Ohrring, der optische Gegenentwurf zum anzugtragenden "großen Klaus".

Lederer ist  ein Kind der DDR, aufgewachsen in der Platte. Mehr durch Zufall wird er 1974 in Schwerin geboren. Dort leben seine Großeltern. Die Eltern ziehen bald nach Frankfurt (Oder). Mit 14 geht es weiter nach Berlin-Hohenschönhausen. Wenn auch zunächst wider Willen, ist es – rückblickend - für den politisch hochgradig interessierten und aktiven Jugendlichen wohl ein Glücksfall, dass er in Berlin landete. Lederer ist mit dabei, als an seiner Schule ein Runder Tisch gegründet wird. In der Marxistischen Jugendvereinigung lernt er Gleichaltrige kennen, mit denen er Jahre später noch im Abgeordnetenhaus Politik machen wird.

Er macht es Zuhörern nicht leicht – sich selbst aber auch nicht

"Ohne Berlin wäre ich nie der, der ich bin", hat er einmal der "taz" gesagt, beim Interview in einem Café am Prenzlauer Berg, entspannt mit Milchkaffee und Zigarette. Doch so studentisch und jungenhaft Lederer daher kommt, in der Sache  ist er knallhart. Er macht Politik aus Überzeugung und hält an Prinzipien fest.  Wie wichtig ihm selbst dabei der Blick auf seine Vergangenheit ist, zeigt ein Blick auf seine Internetseite. Ausführlich reflektiert er online, wie er wurde, wer er ist.

"Links ist man nicht, links handelt man", schreibt er dort. "Dabei ist man nicht Vollstrecker des großen Weltenplans, sondern Akteur in einem unübersichtlichen Geflecht von Interessen, in denen sich auch die Widersprüche unserer Gesellschaft manifestieren." Lederer macht es Zuhörern, die auf verdauliche Worthappen abonniert sind, nicht leicht; sich selbst aber auch nicht.

Als Rechtspolitiker geschätzt

Um den Parteichef und -strategen Lederer ist es zumindest öffentlich in den vergangenen Jahren stiller geworden – was angesichts des Wechsels der Linken in die Opposition 2011 auch nicht verwundert. Auf der politischen Bühne sind die Spots seitdem eher auf die Großkoalitionäre und anfangs auf die Piraten gerichtet. Dafür aber zeigt Lederer kontinuierliche Präsenz als Fachpolitiker im Abgeordnetenhaus.  Ob es um die "Ehe für alle", direkte Demokratie oder die Zustände in Berliner Knästen geht – der Jurist Lederer wird als Rechtspolitiker über die Grenzen seiner Partei geschätzt.

Lederer, der sich in seiner Dissertation intensiv mit der aus seiner Sicht völlig verfehlten Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe beschäftigt hat, ist dabei, als in den Jahren unter Rot-Rot das Tafelsilber verkauft wird, und er trägt den Sanierungskurs der öffentlichen Haushalte mit. Dann aber ist er einer der profiliertesten Verfechter der Rekommunalisierung:  Lederer macht mit, als der Energietisch mit seinem Volksentscheid ganz knapp damit scheitert, das Strom- und Gasnetz zurück in Landeshand zu bringen. Er gehört zu denen, die schnell mehr städtische Wohnungen forderten, wobei  er vor allem Menschen mit sehr kleinen Einkommen im Blick hat:  "Ich wünsche mir eine Stadt, in der jede Berlinerin und jeder Berliner vom sozialen Zusammenhalt was hat, mobil sein kann, an der Kultur teilhaben kann. Das ist mein Wunsch, dafür kämpfe ich."

Kämpfen muss Lederer nun erneut und das kann er auch. Am Rednerpult bricht sich regelmäßige die ganze Leidenschaft Bahn. Wenn der 42-Jährige los legt, dann mit einem Wahnsinnstempo. Was ihn aber zum natürlichen Spitzenkandidaten macht, ist seine langjährige Erfahrung. "Wer sich der Realität verweigert, ist unwählbar." Und wer bei diesem Satz glaubt, Lederer wolle nicht regieren, der irrt.

Beitrag von Thorsten Gabriel und Jan Menzel

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