Spree-Neiße - Amt Peitz lässt Wahlplakate von "Die Partei" abhängen

Mo 03.02.25 | 17:11 Uhr | Von Florian Ludwig
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Wahlplakat von "Die Partei" in Berlin, aufgenommen im Januar 2025. (Quelle: Jeremy Knowles)
Jeremy Knowles
Audio: Antenne Brandenburg | 03.02.2025 | Martin Schneider / Norbert Krüger Amtsdirektor | Symbolbild | Bild: Jeremy Knowles

Drei Plakatmotive der Partei "Die Partei" lösten im Amt Peitz offenbar Entrüstung aus. Nach Bürgerbeschwerden wurden die Plakate entfernt. "Die Partei" will juristisch dagegen vorgehen - der Amtsdirektor will die Jugend schützen. Von Florian Ludwig

Das Amt Peitz (Landkreis Spree-Neiße) hat Wahplakate der Satirepartei "Die Partei" entfernen lassen. Das teilte die Partei am Wochenende zunächst auf ihrer Interneseite und per Instagram mit, das Amt bestätigte dem rbb auf Nachfrage den Vorgang.

Konkret geht es um Plakate mit drei verschiedenen Motiven: einerseits ein Plakat mit der Aufschrift "Fickt euch doch alle!" vor einem Hintergrund aus Regenbogenfarben, ein weiteres Plakat mit der Darstellung eines Tampons und der Aufschrift "Feminismus, Ihr Fotzen" und ein Plakat, das ein Kleinkind an einem Gewehr zeigt und das mit "Kinder stark machen" überschrieben ist.

Wie "Die Partei" in einer Erklärung mitteilte wolle sie sich diese "mutwillige und möglicherweise politisch motivierte Einmischung in den Bundestagswahlkampf" nicht gefallen lassen. Die Partei sei dabei eine einstweilige Verfügung zu erwirken und bereite außerdem eine Klage vor. Das bestätigte auch der Brandenburger Sprecher, Thomas Hufnagel, dem rbb auf Nachfrage.

Amt befürchtet "unsittliche und verrohende Wirkung"

Wie Hufnagel dem rbb sagte, wurden die Plakate bereits in der vergangenen Woche durch Mitarbeiter des Amtes entfernt. Nachdem "Die Partei" interveniert habe, seien diese aber wieder aufgehängt worden.

Anschließend habe es mehrere Anrufe und Beschwerden durch Bürger beim Amt gegeben, wie Hufnagel erklärte. Er geht davon aus, dass diese Beschwerden "organisiert", also gemeinschaftlich abgegeben worden sind. Das Amt habe der Partei daraufhin am Freitag eine Frist von knapp drei Stunden gesetzt, die Plakate erneut zu entfernen. Weil dies nicht geschah, haben Amtsmitarbeiter die Plakate offenbar abermals entfernt.

Die Aufforderung zum Entfernen der Plakate liegt dem rbb vor. Darin heißt es zur Begründung, dass die Motive die öffentliche Ordnung gefährden würden, weil von diesen eine "unsittliche und verrohende Wirkung" auf die betrachtenden Personen ausgehen kann. Die Plakate seien geeignet "das moralische Empfinden weiter Teile der Bevölkerung drastisch zu verletzen". Sie würden darüberhinaus ein Gefühl eines "reichsfreien Raumes" - gemeint ist wohl "rechtsfrei" - erzeugen.

Besonderen Anstoß nimmt das Amt offenbar an dem Plakatmotiv, das ein Kleinkind mit Waffe zeigt. Dieses Plakat vermittele Kindern und Jugendlichen die Botschaft, dass Stärke nur durch Waffenbesitz und Gewaltbereitschaft erlangt werden könne. "Dass ein möglicherweise beabsichtigter Satire-Ansatz erkannt wird, ist dagegen eher zu bezweifeln", so das Amt in seiner Aufforderung. Die getroffene Entscheidung zur Entfernung der Plakate sei daher "notwendig und angemessen".

Unklar, ob Entfernen rechtmäßig ist

Auf rbb-Nachfrage erneuerte der Peitzer Amtsdirektor, Norbert Krüger, diese Einschätzungen. Auslöser waren demnach die einzelnen Motive der Plakate. Das Plakat mit dem Kleinkind sei direkt vor einer Grundschule aufgehängt worden. Man müsse das Motiv "im Kontext der heutigen Zeit sehen", so Krüger. Vor dem Hintergrund einer Kriegsangst in Deutschland sei das Plakat schockierend für Kinder und Eltern.

In Bezug auf die anderen Motive sprach Krüger von einer Verrohung und der Gefahr, dass die Aussagen darauf als Beleidigung angesehen werden könnten. "Der, der das liest, fühlt sich davon auf alle Fälle auch beleidigt", so Krüger.

Ob es in diesem Einzelfall gerechtfertigt war, die Plakate zu entfernen, müsse ein Gericht entscheiden, sagte Krüger weiter. Zuvor habe sich das Amt "schlau gemacht", ob das Amt es rechtlich vertreten könne, wenn es die Plakate entfernt.

Bei der Partei "Die Partei" (nach eigenen Angaben kurz für "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative") handelt es sich um eine Satirepartei, die bereits häufiger mit zugespitzen Formulierungen und Forderungen Aufsehen erregt hat. Ihr Vorsitzender ist der Satiriker Martin Sonneborn.

Sendung: Antenne Brandenburg, 03.02.2025, 17:30 Uhr

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71 Kommentare

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  1. 70.

    Ah ja, Ossis haben keinen Humor?
    Das sehe ich aber anders. Gerade mit tiefgründigem und mehrseitigen Humor wie auch Satire kann der gemeine Ossi sehr viel anfangen. War schließlich jahrelang die fast einzige Möglichkeit, sich über das System lustig zu machen. Der Ossi kann dagegen oft wenig mit plumpem Humor ala Karnevals-Bütten-Reden anfangen. Aber Humor ist halt vielschichtig und Verallgemeinerungen meistens blödsinnig. Ich wünschen Ihnen noch einen humorvollen Tag.

  2. 69.

    Wenn es eine Anordnung eines Amtes ist, in diesem Falle Peitz, dann ist diese Formulierung eines ,,reichsfreien Raumes'', mit voller Absicht getätigt worden! Und das ist der eigentliche Skandal, nicht die, von der Kunstfreiheit gedeckten und hetzfreien Plakate der Partei! Zumal es eine organisierte Beschwerdeaktion vom rechten Rand gab.

  3. 68.

    Ist D ein Rechtsstaat, ja/nein? Falls ja, wieso sollten Kommunaler in die Parteienfreiheit eingreifen dürfen? Sie hätten es beklagen können (Gerichte) oder an staatsinterne beaufsichtigende Institutionen melden.

    Sind wir wieder bei "Volkes Wille" (oder Behördenwillkür), statt rechtsstaatlichen Prinzipien zu folgen? Das ist demokratie-/staatsgefährdend, nicht das Denken über Satire.

  4. 67.

    Man hatte es auch einmal mit Satire versucht. Kunst kommt aber von Können, da sieht mans.

  5. 66.

    Ich denke, das war "ein Freud´scher" und da hat jemand gerade zu viel Reich im Kopf gehabt. Allerdings ist es mit eine Aufgabe eines Amtes, herausgeschickte amtl. Dokumente noch einmal auf Fehlerfreiheit zu kontrollieren. ;-)

    Dass ein abgenommene Wahlplakat eine Wahl ungültig machen kann, glaube ich nicht. An Straßenkreuzungen werden zuweilen einige Wahlplakate abgenommen, weil die dort im Übereifer aufgehängt wurden, gleich so direkt an Eingängen neben Wahllokalen, wo ein Abstand gehalten werden muss.

    Auf diese Regelung hat sich vermutlich das dortige Amt berufen. Ein Plakat mit einem Kleinkind mitsamt Waffe drauf, ist in der Tat schwierig. Es reicht ja schon, dass sich auf der S-Bahn-Sitzbank mir gegenüber ein ca. Achtjähriger mit einem ca. Fünfjährigen über "Killerbabies" austauscht, die sich beide offenbar in Videos angeschaut haben.

    Wie lässt sich dem noch humorvoll begegnen? Oder muss Humor da nicht die "weiße Fahne" hissen?



  6. 65.

    Stimmt doch nicht! Jede Stimme wird gezählt, auch für die Parteienfinanzierung und als Opposition.
    Stimme für kleine Parteien = Oppositionsstimme.

    Sind Sie gegen Opposition?

  7. 64.

    Peitz: Wir können alles, außer Satire und Humor!

  8. 63.

    Ich bin ein sogenannter Ossi. Im Osten Berlins und ich habe offenbar Humor, wenn ich die Plakate von der Partei DIE PARTEI witzig finde, oder? Es gibt auch viele Wessis die keinen Humor haben. Das dürfte daran liegen, daß wir vielleicht unterschiedliche Humore haben.

  9. 62.

    Peitz, das humorloseste Amt in Brandenburg. Wer bietet mehr?

  10. 61.

    "Satirepartei" Die Partei – ist Satirepartei eine Namensgebung des rbb oder der Partei selbst?

    "Satirepartei" Die Partei – soll also keine satirischen Plakate haben dürfen?

    Sagt wer? Der ABV? Der Schutzmann?

  11. 60.

    Warum unternimmt denn die Mehrheit nichts, wenn " FCK die AfD " FCK all Cops " überall angeschmiert und auf Plakaten wie eine Monstranz zu Schau gestellt und getragen wird ? Gibt es da Unterschiede ?

  12. 59.

    ihre Behauptung von einer ,,Mehrheit der Bevölkerung'', ist eine bloße Behauptung. In der Realität, sind 75% des deutschen Volkes gegen diese blauen Plakatkleber. Das nennt man Demokratie. Klar, daß die radikale Minderheit dagegen wettert. Die müssen das einfach respektieren.

  13. 58.

    "die Mehrheit der Bevölkerung"

    Komisch, in dem Artikel wurde gar nicht darüber berichtet, dass die "Bevölkerung" darüber abgestimmt hat, ob die Plakate abgehängt werden sollen.
    Es fällt schon auf, dass es meist eine besonders Laute Minderheit ist, die immer einfach von sich behauptet, die "Mehrheit" zu sein, ohne auf statistische Fakten Wert zu legen.

  14. 57.

    War das mit dem reichsfreien Raum jetzt Satire, oder ist dieser Lapsus tatsächlich so in der Begründung des Amtes aufgetreten?

  15. 56.

    ...vielleicht war :
    Zitat"...entstünde der Eindruck eines -reichsfreien- Raums..." doch kein Schreibfehler?
    Spontan fiel mir dazu nur ein:
    Dumm, dümmer am Dümmsten...wer nun, das ist ist Sache des Auges des Betrachters.
    Komisch wäre doch, wenn dadurch die Wahl ungültig würde.
    Auf jeden Fall:
    Super Wahlwerbung durch Entfernung dieser für "Die Partei".

  16. 55.

    Na ja, es gibt Humor in der ganzen Bandbreite: angefangen von Situationshumor, wo ein Mensch sich selber auf die Schippe nehmen kann und sich geistige Verkrampfungen dabei auflösen, bis hin zum Humor, der eine andere Art des Kampfes gegen andere ist, der Witz über die eigene Person dabei nicht inbegriffen ist.

    Welten liegen zwischen dem Humor eines Eckhard von Hirschhausen und eines Harald Schmidt bzw. dem Humor der bayerischen Bierzelte.

    Alles ist vorhanden und soll sein. Dass Humor allerdings GENERELL etwas löst, halte ich für zu pauschal.

  17. 54.

    Über Humor lässt sich streiten. Mit Stil ist eher mein Ding. Aber ja, wenn das privat der übliche Jargon ist, kann man sich darüber kaputt lachen. Aber gut, genau das, sollte ja auch erreicht werden. Viel Spaß beim Wählen.

  18. 53.

    Die Ossis sind recht humorlos.

  19. 52.

    Nicht verwunderlich, ist halt in Brandenburg unweit von Sachsen, wenn man sich so die Wahlergebnisse im Süden von Brandenburg anschaut.

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