Brandenburger Bundestags-Wahlkreis 60 - Wo das Warten auf'n Bus zum Wahlkampf zählt

Wie Menschen auf dem Land in Brandenburg mobil bleiben, ohne eigenes Auto - darum geht es auch im Bundestagswahlkampf. Etwa im Wahlkreis 60, zu dem große Teile der Kreise Potsdam-Mittelmark, Havelland und Teltow-Fläming gehören. Von Claudia Baradoy
Tobias Bank, 35 Jahre alt, ist Kommunalpolitiker der Linken und kandidiert zum ersten Mal für den Bundestag. Er wohnt in Wustermark, arbeitet in Berlin - und pendelt regelmäßig nach Bad Belzig ins Wahlkreisbüro.
Direkt vor der Tür seines Büros ist der Busbahnhof. Doch das ist nur auf den ersten Blick praktisch. Denn Bank fährt selten mit dem Bus, weil er von Wustermark damit nicht ans Ziel kommt: "Ich bin fast immer gezwungen, das Auto zu nehmen, obwohl ich lieber mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren würde, das wäre einfach entspannter für mich. Aber mein Zeitplan lässt das nicht zu. Busse und Bahnen fahren zu selten."
Der ÖPNV hält nicht mit
Die Art und Weise, wie man von A nach B kommt, muss sich verändern, sagt Bank. Denn immer mehr Menschen ziehen aufs Land, aber der ÖPNV hält nicht mit: "Das ist ja ein sehr ländlich geprägter Wahlkreis. Und viele der Dörfer und Orte hier sind nicht ausreichend an den ÖPNV angebunden. Zum Beispiel gibt es nach 18 Uhr keine Busverbindung nach Bad Belzig mehr. Das heißt, Jugendliche, die vom Dorf kommen, können hier nicht ins Kino, zum Schwimmbad oder in den Club gehen, weil sie abends nicht mehr nach Hause kommen."
Bei der Bahn ist es ähnlich: Wer mit dem Zug fährt, kommt in Bad Belzig oder Wiesenburg nur einmal pro Stunde weg - in Rathenow und Premnitz sind die Abstände noch größer. Bank findet das für Pendler und Pendlerinnen, die zur Arbeit nach Berlin, Potsdam oder Dessau und Wittenberg müssen, nicht akzeptabel. Bank, der auch Kreistagsabgeordneter in Potsdam Mittelmark und Gemeindevertreter in Wustermark ist, will sich im Bundestag für die Stärkung des Nahverkehrs einsetzen.
Auch die anderen Parteien wollen mehr Nahverkehr
Mehr Busse, Bahnen und Radwege - das wollen auch die Richterin Sonja Eichwede (SPD) und Alexandra Pichl (Grüne), die im Wahlkreis 60 kandidieren.
Dietlind Tiemann von der CDU strebt zum zweiten Mal ein Bundestagsmandat an. Zu einer starken Wirtschaft in den ländlichen Raum gehören gute öffentliche Verkehrsverbindungen, sagt sie: Insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der Klimasituation. "Das heißt: Viel mehr öffentlichen Nahverkehr und den klimaneutral zu gestalten ist aus meiner Sicht sehr wichtig."
Verkehr aus kleinen Orten rausbringen
Tiemann engagiert sich für den Bau von weiteren Radverbindungen in der Region - zum Beispiel zwischen Brück und Golzow. Dort müssen Radfahrer immer noch die viel befahrene Landesstraße nutzen. Nicht ungefährlich für Kinder und Senioren, die zur Schule und zum Einkaufen zwischen den Orten hin und her fahren. Seit Jahren kämpft eine Bürgerinitiative um Gelder. Unterstützt wird sie unter anderen von Dietlind Tiemann.
Ihr geht es auch darum, den Verkehr aus den kleinen Orten rauszubringen - zum Beispiel aus Schmerzke bei Brandenburg an der Havel. Dort treffen sich die viel befahrenen Bundestraßen 1 und 102 . "Das Problem ist ganz einfach, die vielen Fahrzeuge, die dort durchfahren", sagt Tiemann, "alles durch so einen kleinen Ort. Und die Bebauung in dem Bereich ist sehr dicht. Deswegen ist es notwendig, die Straße endlich zu verlegen."
Nach langem Kampf gibt es nun zumindest auch Bundesmittel für die Ortsumgehung Schmerzke. Baubeginn soll Anfang kommenden Jahres sein.