Zweites Finalspiel: Alba verliert gegen FC Bayern - Zu hoch geflogen

Do 07.06.18 | 21:08 Uhr | Von Sebastian Schneider, rbb24
Reggie Redding vom FC Bayern München im Zweikampf mit Alba-Spieler Joshiko Saibou. (Quelle: imago/Contrast)
Video: rbb aktuell | 07.06.2018 | Uri Zahavi | Bild: imago/Contrast

Mit Speed und Spielwitz wollte Alba am Donnerstag die Vorentscheidung in dieser Finalserie schaffen: Aber der FC Bayern ließ nichts davon zu, beim 96:69 stutzte er die Berliner auf Bodenlevel. Es wird schwer, sich von diesem Ausgleich zu erholen.

Vielleicht hätte Clifford den Albatros einfach umhauen sollen. Kunstnebel, Scheinwerfer, dumpf hallende Trommelschläge, die Spieler rannten aufgeputscht aus den Katakomben, gleich würde es losgehen. Das Maskottchen der Berliner hatte sich ja schon bereitgemacht, die Flügel gespreizt, den riesigen Vogelkörper leicht zurückgelehnt wollte es den 2,13-Meter-Schrank empfangen. Bei jedem Heimspiel machen sie das so. Und tatsächlich nahm der Center den üblichen Anlauf - aber kurz vor dem Crash bremste er ab und grinste nur. Keine gute Idee.

Das nächste Mal wird der Albatros sich wieder in der Horizontale wiederfinden, denn Berlin verlor dieses zweite Duell gegen den FC Bayern am Donnerstagabend mit 69:96, in der Serie steht es nun 1:1. Dieses Ergebnis liest sich noch sanfter, als die Angelegenheit tatsächlich war. Luke Sikma (13) und besonders Bogdan Radosavljevic (14) wehrten sich redlich, aber das war zu wenig - Albas Scharfschützen waren kein Faktor. Dass das letzte Viertel eines Finalspiels von zwei Teams dieser Klasse praktisch bedeutungslos heruntergedaddelt wird, kommt so oft vor wie ein Sandsturm im Harz. 

München nimmt den Berlinern den Schnellangriff weg

Das erste Spiel hatten die fixen Berliner in München gewonnen, sie trafen absurd hochprozentig, rannten kreuz und quer und entzogen sich so der bayerischen Verteidigungskunst. Dass es so weitergehen würde, erwartete niemand, aber mit gut 13.200 Fans in der Halle müsste sich doch genug Rückenwind entfachen lassen, hoffte Alba. Fast alle Besucher steckten in gesponserten gelben Shirts, der Stehblock stampfte und krakeelte, jeder Bayern-Profi wurde nach Kräften ausgepfiffen. Bei der Nationalhymne drehten die Münchner ihren Gegnern ganz bewusst den Rücken zu. Dann schnürten sie ihnen die Luft ab.

Sikma, Grigonis, Butterfield, Clifford, Siva: Der Alba-Trainer schickte seine stärkste erste Fünf aufs Feld, jeder von ihnen mit genug Werkzeugen ausgestattet, um zu punkten. Aber die Bayern-Defense schmiss jedes einzelne aus der Kiste. Der Berliner Point Guard Siva hat einen ersten Schritt, der nicht zu stoppen ist, aber er kam gar nicht dazu, seine geliebten Fast-Breaks ins Rollen zu bringen.

Wettrennen auf Treibsand

Von Anfang an verlangsamten die Gäste Albas Spiel und erzwangen schwere Würfe. Sie sorgten dafür, dass sich der noch am Sonntag überragende Marius Grigonis sich überhaupt nicht wohlfühlte. Vorne nahmen sie sich, was ihnen die verunsicherten Berliner anboten. Nach siebeneinhalb Minuten saß Albas komplette Startformation schon wieder frustriert draußen. Saibou warf einen Airball. Vielleicht hatte der ganze gelbe Zirkus ihn und seine Kollegen doch ein wenig zu schwer beeindruckt.

Zum Ende des ersten Viertels führte Bayern mit 26:9. "Dit is' do' nich euer Ernst!", brüllte ein Mann im hellblauen Hemd hinter der Bande. Man musste Angst haben, dass ihm gleich der Kopf platzte. Er brüllte auch später noch andere Dinge, mit bierbelegter Stimme, aber die wiederholen wir ein andermal.

Man muss einräumen: Er hatte seine Gründe. Alba versuchte es mit einer Zonenverteidigung, aber die Einstellung änderte sich nicht. Die Bayern zerschnitten den Raum mit vielen, schnellen Pässen, sie häuften insgesamt 30 Assists an, Berlin nur 18. Ständig konnte sich einer ihrer Flügel an der Grundlinie davonstehlen und bekam den Ball serviert, zu einfachen Punkten. Unter den Brettern nutzte wieder Danilo Barthel (15 Zähler, sechs Rebounds) seine Überlegenheit - fast die Hälfte ihrer Punkte erkämpften sich die Bayern hier.

Als Grigonis und Butterfield zwei Dreier für Berlin reinlöteten, war es kurz ein Spiel auf Augenhöhe, bis auf neun kam Alba ran. Aber an diesem Abend blieb es für die Hausherren ein Wettrennen auf Treibsand. Ständig schmissen sie den Ball weg. Zur Halbzeit hieß es 29:44.

Feiern ohne Grund zur Party

Nun würden die Berliner einen überragenden Lauf brauchen, um die Geschicke noch zu wenden. Aber es kam keiner, Bayern brach nicht ein, weil ihr kluger Spielmacher Jovic die Angriffe auf viele Hände verteilte. Mitte des dritten Viertels war der Abstand auf 22 Zähler angeschwollen, Anfang des letzten gar auf 30. Münchens teuerster Angestellter Jared Cunningham klaute seinem Gegner den Ball, spurtete Richtung Alba-Kurve und hämmerte das Gerät durch den Ring. Dann spannte er die Muskeln an und guckte so böse zu den Fans, wie er konnte.

Die Pfiffe waren jetzt auch egal, die Wut war verbraucht - längst hatte die "Garbage Time" begonnen - wertlose Zeit, weil es um nichts mehr ging. Dreier von Siva und Butterfield machten das Ergebnis noch etwas erträglicher, die Leute sangen trotzig weiter. Dann war es vorbei. "Worüber ich heute sehr glücklich bin, ist wie die Fans das Team unterstützt und aufgebaut haben, obwohl sie nicht gut gespielt haben", sagte Berlins Coach Aito danach. "Mein Team hatte leider keinen guten Tag."

Das fasste es exakt zusammen. Er leitet die jüngste Mannschaft der Vereinsgeschichte, da sind selbst solch krasse Schwankungen nicht ungewöhnlich - auch wenn man sich schon so an das Dauergesiege seiner Truppe gewöhnt hatte. Wahr ist aber auch: Dieses 69:96 aber war mehr als nur der Ausgleich in dieser Serie, denn nun haben sich die erfahrenen Münchner ihr Heimrecht zurückgeholt. Am Sonntag sind sie wieder im Süden mit Alba verabredet.

Sendung: rbb aktuell, 07.06.2018, 21.45 Uhr

Beitrag von Sebastian Schneider, rbb24

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