Alba vor dem zweiten Finalspiel gegen Bayern - Wird schon hinhauen

Do 07.06.18 | 07:25 Uhr | Von Sebastian Schneider, rbb|24
Peyton Siva (links, Alba Berlin) und Alex King (FC Bayern) kämpfen im ersten Finalspiel zwischen dem FC Bayern und ALBA Berlin am 03.06.18 in München um den Ball (imago / Bernd König).
Audio: radio eins | 07.06.2018 | Bild: imago sportfotodienst

Den Heimvorteil hat Alba dem FC Bayern geklaut, am Donnerstag wollen die gedemütigten Münchner sich rächen und in der Finalserie ausgleichen. Mehr als 12.000 Fans werden in Berlin zuschauen - körperlosen Sport sollte keiner erwarten. Von Sebastian Schneider

Gutbezahlte Profis sind sie alle, aber so ein Basketballspiel auf höchstem Niveau verarbeitet ja jeder anders. Señor Aito schnappte sich seine Kamera und streifte wieder mal durch Berlin, er knipste Kunst auf Häuserwänden: Ein Porträt von Lenin war dabei und ein kleines Mädchen mit Schmetterlingsflügeln.

Zwei Siege noch für ersten Meistertitel seit 2008

Grigonis feierte den ersten Geburtstag seines Hundes, ein winziges weißes Knäuel. Sikma fuhr die anderen im Golf zum Wannsee. Sie fläzten sich im Strandbad wie Oberschüler bei hitzefrei. Der riesige Clifford lag im Sand und pennte. 

Selbst nach dem 62. Pflichtspiel dieser Saison verstehen sich die Sportsfreunde so gut, dass sie auch in ihrer Freizeit zusammen herumhängen. Sowas ist selten, hilft aber auch auf Arbeit: Zwei Siege braucht Alba noch, um den ersten Meistertitel seit zehn Jahren nach Berlin zu holen.

Wacher, flinker, dreister

Ob auch die Bayern das Kaiserwetter genossen haben, ist nicht überliefert, jedenfalls haben die Spieler etwaige Ausflüge zur Isar tunlichst verborgen. Sie waren es ja, die dieses erste Finale am Sonntag verloren hatten, noch dazu in ihrer eigenen Halle. Das 106:95 nach Verlängerung hatten sie so nicht eingeplant, Alba war wacher, flinker, dreister und manchmal auch etwas mehr vom Glück begünstigt als sie.

Am Donnerstag (19 Uhr) möchten die Münchner sich für diese Demütigung revanchieren - zum Spiel zwei dieser Best-of-Five-Serie kommen sie nach Friedrichshain. Mehr als 12.000 Karten sind schon verkauft. Auf den meisten Sitzen der Arena werden gelbe Alba-Shirts liegen, spendiert von Sponsoren. Zusammenhalt soll das demonstrieren, ein Trick aus der NBA. Nur ganz weit oben, in Block 416, da wird man rot sehen.

Butterfield und Grigonis machten zusammen 49 Punkte

Womit wir bei den Gästen wären: "Wir haben diese Niederlage jetzt verdaut und fahren nach Berlin, um zu gewinnen", referierte deren Trainer Dejan Radonjic vor der Abreise. Er saß dabei an einem Massivholztisch in der Bar eines Herrenausstatters. An der Wand hinter ihm leuchtete ein Waldpanorama. Radonjic machte einen recht aufgeräumten Eindruck. "Wir wissen genau, was wir gut gemacht haben und was wir ändern müssen", sagte er.

Während der Auszeiten am Sonntag hatte der Montenegriner noch etwas ratlos gewirkt, seine Blicke schossen durch die Sedlmayer-Halle wie Flipperkugeln. Es schien, als habe er Probleme, sich seinen Spielern mitzuteilen. Die machten ja im Grunde vieles richtig, den schnellen Berliner Ballverteiler Peyton Siva und den MVP Luke Sikma hatten sie gut im Griff.

Aber gegen die Raserei und die irre Dreierquote der anderen waren sie am Ende machtlos.  Hundefreund Grigonis und Kollege Butterfield häuften zusammen 49 Punkte und elf Dreier für Alba auf, da kann man so viele schlaue Winkelzüge auf sein Taktikbrett kritzeln, wie man will. "Wir haben unseren Basketball gespielt: schnell, variantenreich. Wir haben uns der Physis der Bayern nicht gebeugt", sagte Berlins Manager Marco Baldi bei "Telekom Basketball".

Weg von der "Kultur der Alibis"

Wahr ist aber auch: Das Pendel hätte in den letzten Minuten dieses Spiels genauso gut in Richtung der Münchner ausschlagen können. Aber sie verfehlten ihre wichtigen Würfe und versäumten es, den Berlinern ihr gesetzteres Tempo aufzuzwingen – obwohl sie schon mit fünf Punkten führten.

Hätte Lucic den letzten Versuch reingehauen, hinterher hätte keiner der Bayern über die Schiris oder den etwas provokanten Dreier von Joshikou Saibou gezetert. Als der Sieg schon entschieden war, dribbelte der Berliner harmlos vor sich hin - und foppte die Gegner dann doch mit einem Treffer. Ein paar Rote wollten ihm dafür an die Gurgel. Auch so ein Ding, an dem die Bayern arbeiten wollen: Nicht soviel über andere Sachen schimpfen. Eine "Kultur der Alibis" hatte ihr Vereinsmanager vor der Finalserie bei seinem Team erkannt.

Unter den Körben hat Bayern mehr Möglichkeiten

Aber dass alle brav spielen, will ja auch keiner. Solche kleinen Gemeinheiten, das ist auf dem gewienerten Parkett nicht anders als auf dem Asphalt an der Hasenheide, würzen jeden Wettstreit. Die Bayern sind jetzt einfach angepisst. "Wir glauben daran, dass wir das zweite Spiel gewinnen, wenn wir aggressiver sind", sagte der Flügelspieler Danilo Barthel.

Und aggressiv sein, das können Barthel und seine Kollegen durchaus. Wenn man diesen 100 Kilo schweren Hünen mal aus nächster Nähe dabei beobachtet, wie er seinen Gegner legal Richtung Korb rammt, möchte man sich schnell hinter einer Weichbodenmatte verstecken. Unter den Brettern sind die Münchner Alba überlegen, so exzellent sich dessen Center Dennis Clifford am Sonntag auch gewehrt hat. Aber wenn er mit Foulproblemen raus muss, wird es schwer.

Weniger Turnover und Alternativen zum Dreier finden

Deshalb bleibt den Getreuen Aitos auch nichts anders übrig, als vor den eigenen Fans pausenlos auf die Tube zu drücken und die Bayern zu erwischen, bevor die sich sortiert haben. Die Kunst ist, dabei nicht zu überdrehen: 23 Ballverluste wie im ersten Spiel wären eindeutig zuviel. 

Nochmal so hochprozentig werde man seine Dreier wohl nicht treffen, wandte der Berliner Trainer vor dem Heimspiel ein. Deshalb wird es darauf ankommen, dass die zuletzt verhinderten Hauptdarsteller Peyton Siva und Luke Sikma diesmal Wege finden, sich aus der Umklammerung der Münchner zu befreien. Dann hätten auch die Schützen Grigonis und Butterfield wieder den Platz, den sie für ihr zerstörerisches Werk brauchen.

"Pick your poison", sagt man im Basketball, wenn ein Team es schafft, seinem Gegner auf viele Arten weh zu tun: "Wähle Dein Gift". Am Tag danach sind übrigens 31 Grad angesagt. Perfekt, um sich mal wieder abzukühlen.

Beitrag von Sebastian Schneider, rbb|24

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