Alba gewinnt erstes Finalspiel gegen Bayern - König der Diebe

So 03.06.18 | 17:17 Uhr | Von Sebastian Schneider, rbb|24
Marius Grigonis, litauischer Basketballprofi bei Alba Berlin bejubelt einen seiner fünf erfolgreichen Dreier für Alba, beim späteren 106:95-Sieg n.V. im ersten Finalspiel beim FC Bayern München am 03.06.18 (Quelle: imago / Jan Huebner/Martin).
Video: rbb UM6 | 03.06.2018 | Martin Zimmermann | Bild: imago sportfotodienst

Ein unfassbar spannender Start in diese Finalserie - mit dem glücklicheren Ende für Alba Berlin: Mit 106:95 gewinnt das Team von Aito Garcia Reneses das erste Duell in München - erst in der Verlängerung können die Berliner den entscheidenden Schlag setzen. Von Sebastian Schneider

Alba hat das erste Spiel dieser Finalserie gewonnen, auswärts gegen den FC Bayern: Mit 106:95 ließen die Berliner die Münchner am Sonntag hinter sich, nach Verlängerung. Beste Schützen waren Marius Grigonis für Berlin (30 Punkte, fünf Dreier) und Nihad Djedovic (18) für München. Am Donnerstag geht die Best-of-Five-Serie in Friedrichshain weiter: Wer zuerst drei Siege beisammen hat, ist Deutscher Meister.

"Wir haben gewonnen, weil wir die Besseren waren", fasste Grigonis die Angelegenheit später zusammen. Aber eins nach dem anderen. Als die Gelben und die Roten an diesem Nachmittag auf das Parkett der Rudi-Sedlmayer-Sporthalle tigern, sieht man ihnen an, wie ernst es ist. Ihre Mienen sind grimmiger, die Blicke ernster als sonst. Vor so einer Finalserie geben sich Basketballer gerne cool, sie wollen fokussiert und furchtlos wirken, unbeeindruckt und grenzenlos selbstbewusst. Aber natürlich ist das Blödsinn. Viele nesteln sich nervös an ihrer Arbeitskleidung herum oder richten sich die Frisur.

Die Gästefans von Alba Berlin vor dem Tip-Off des ersten Finalspiels gegen den FC Bayern München am 03.06.18 in München (Quelle: imago / kolbert-press/ Burghard Schreyer).
Unterstützung war am Start - wie üblich hatten die Berliner Verantwortlichen Busse organisiert, gut 100 Fans kamen mit nach München. | Bild: imago sportfotodienst

Grigonis findet sofort ins Spiel

Marius Grigonis verwandelt den ersten Wurf für Berlin, ein sauberer Dreier aus der linken Ecke, danach gleich noch einen – Vorzeichen einer unglaublichen Vorstellung des Litauers an diesem Nachmittag. Dann macht sich der riesige Münchner Danilo Barthel nützlich, wie erwartet kommt der 100 Kilo schwere Nationalspieler früh zu seinen Punkten: Alba führt 9:5.

Das Spiel nimmt an Fahrt auf, beide Seiten treffen von draußen, dribbeln und rennen sich die Hibbeligkeit aus den Knochen. Die Bayern in ihren weinroten Leibchen drücken aufs Tempo, sie wollen Alba so oft es geht unsortiert erwischen. Denn gegen die Wucht ihrer Großen haben es die Berliner schwer.

6.054 Menschen schauen auf den Rängen zu, die Halle ist nicht ausverkauft. Für wen die Leute auch halten, die Serie löst schon im ersten Viertel ein, was Fans sich von ihr versprochen haben: Schlaue, ekelige Verteidigung, gut getimete Pässe, saubere Dreier unter Hochdruck. Die Bayern bewegen den Ball immer besser, Alba wird nervöser. Am Ende des ersten Viertels führt München mit 21:20. Berlin hat Glück, dass die Würfe vorne fallen – denn gegen die Defense der Gastgeber bekommt das Team keine Struktur in sein Spiel.

Acht Punkte Führung für Alba zur Pause

Im zweiten Abschnitt verliert Alba oft den Ball, aber die Bayern sind plötzlich zu zerstreut, um das zu bestrafen. Sie lassen Freiwürfe liegen und häufen überflüssige Fouls an. Auch der talentierteste Münchner Scorer Cunningham zeigt nun sein zweites Gesicht: Der Ex-NBA-Profi hat Phasen, in denen er die Lichter ausschießt – und solche, in denen er unerklärliche Flatterhaftigkeit an den Tag legt. Diese Zeit ist jetzt.

Albas Spiritus Rector Luke Sikma feuert den Ball übers Feld wie eine Kanonenkugel, die Mikrowelle Butterfield ist längst auf Betriebstemperatur – und veredelt den Pass zu ihrem vierten Dreier in der ersten Hälfte. Butterfield (19 Punkte) beweist wieder mal, welch genügsamer Schütze er ist. Weder Platz noch Zeit braucht der Mann, um sein Werk zu vollenden. Sein Arsenal an Wurffinten macht es schwer, ihn zu verteidigen, ohne wie ein Idiot auszusehen. Berlin geht mit acht Zählern Vorsprung in die Pause - es steht 46:38.

Alba hat hochprozentig getroffen, es war schwer, dieses Tempo zu parieren. Gratulation an Alba, aber es steht erst 1:0."

Der Münchner und ehemalige Berliner Profi Nihad Djedovic

Die zweite Fünf dringt nicht durch

Eine wütende Kabinenansprache der Münchner, danach gleich fünf Zähler durch ihren Schleicher Djedovic, Bayern ist auf zwei ran. Aber der semmelblonde Wettkämpfer Grigonis übernimmt, er zieht wieder ein paar Dreier durch die Reuse. Alba führt mit elf. 

Dann aber geraten die Berliner in Foulprobleme, die Stammkräfte müssen raus. Die zweite Fünf dringt einfach nicht durch, auch vom Ballverteiler Peyton Siva kommt zu wenig. Den bärtigen Barthel (17 Zähler) kann Alba nicht bremsen, er punktet, reboundet, lässt sich gewieft aufs Parkett fällen und zieht das Foul. Es fehlt die Ordnung, der Vorsprung schmilzt – mit 64:62 beginnt der Schlussakt in Sendling.

"Du musst Basketball genießen"

Der Puls geht nicht runter, natürlich, aber allmählich sieht man den Spielern ihre Müdigkeit an. Die mitgereisten Alba-Fans haben es jetzt schwer gegen den Lärm der Roten. Siva trifft seinen ersten Feldwurf, weit entfernt. Aber dann führen die Bayern, rennen die Berliner kaputt. Was in der ersten Halbzeit fernab ihrer Möglichkeiten war, gelingt ihnen jetzt: Spencer Butterfield kaltzustellen.

Marius Grigonis interessiert das alles nicht, er scheint mit jeder Minute mehr Spaß zu haben. Der 24-Jährige blüht auf, wenn alles auf dem Spiel steht. "Du musst Basketball genießen", hat er vor kurzem in einem Interview gesagt. Man sieht ihm die Freude darüber an, wieder mal die Hoffnung eines Gegners zerstört zu haben. Nochmal gleicht er aus, mit seinem fünften Dreier. Aber kein Team kann sich absetzen - mit 87:87 gehts in die Verlängerung.

Spencer Butterfield (links) und Luke Sikma (rechts) bejubeln Sikmas entscheidenden Treffer in der Verlängerung für Alba Berlin, beim späteren 106:95-Sieg im ersten Finalspiel beim FC Bayern München am 03.06.18 (Quelle: imago / Jan Huebner/Martin).
Lange tat sich Luke Sikma (rechts) schwer gegen seinen Bewacher Danilo Barthel - aber seinen wichtigsten Wurf netzte er am Ende ein. | Bild: imago sportfotodienst

Der MVP erledigt den entscheidenden Treffer

Es ist längst unmöglich, sich auf einen Sieger festzulegen, den Beteiligten ist jede Großtat, aber auch jede Schludrigkeit zuzutrauen. Kann es ein schöneres Kompliment für ein Basketballspiel geben? Grigonis fliegt wegen seines fünften Fouls raus, jetzt hockt er auf einem Stuhl hinter der Bande und zupft sich nervös an den Haaren herum. Viel spricht gegen Alba.

Aber als es am meisten drauf ankommt, liefern die Gäste - die Bayern können ihr Tempo nicht mehr mitgehen. Luke Sikma, der zertifiziert wertvollste Spieler der Bundesliga, von dem die meiste Zeit nicht viel zu sehen war, nagelt den entscheidenden Distanzwurf durch den Ring. Von der Mikrowelle gar nicht zu reden - am Anschreibetisch notieren sie noch Butterfields sechsten Dreier.

Spiel 2 steigt am Donnerstag um 19 Uhr in Berlin

Am Ende gewinnen die Berliner mit elf Zählern Vorsprung. Danach werfen sich beide Seiten noch ein paar Nettigkeiten an den Kopf. Die Münchner sehen sich ein bisschen von den Schiris benachteiligt, Alba habe mehr Freiwürfe bekommen, monieren sie. Kommentieren aber will das Gezeter hinterher, nach guter alter Trash-Talk-Omertá, keiner mehr.

"Es war ein großartiges Duell, aber nur das erste - wir haben noch zwei mehr, die wir schaffen müssen", sagte der trockengerubbelte Grigonis. Die Berliner haben ungewöhnlich oft den Ball verloren und nicht zu ihrem fließenden Passspiel gefunden. Insofern besteht noch Luft nach oben, was den nächsten Donnerstagabend (19 Uhr) angeht. In einer Basketball-Serie sagt man dazu: Sie haben das Spiel geklaut. Aber die Münchner sind jederzeit in der Lage, sich die Beute zurückzuholen.

Sendung: Inforadio, 03.06.18, 17.20 Uhr

Beitrag von Sebastian Schneider, rbb|24

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