Nach der 0:5-Klatsche in Leipzig - Düsseldorf wird für Hertha zum Charaktertest

Do 04.04.19 | 23:02 Uhr | Von Astrid Kretschmer
Hertha-Trainer Pal Dardai gestikuliert (Quelle: imago images / Contrast)
Bild: imago images / Contrast

Hertha BSC will nach der deutlichen Klatsche am vergangenen Wochenende im Spiel gegen Düsseldorf am Samstag Wiedergutmachung betreiben. Doch Trainer Pal Dardai beschäftigt neben der Spielvorbereitung noch ein ganz anderes, wichtiges Thema. Von Astrid Kretschmer

Pal Dardai ist in diesen Tagen auf vielen Ebenen gefragt. Als sportlicher Krisenbewältiger, als Motivator, als Moderator und Werbebotschafter. Auch wenn er für letztere Rolle vierbeinige Unterstützung bekommt. "Seit wir Pate sind, war ich noch nicht da, die kleine Eisbärin zu begrüßen", sagt der Hertha-Trainer am Donnerstag zu der neuen "tierischen" Symphatieträgerin des Vereins. Aber klar: Eine kleine Eisbärin mit dem Namen "Hertha" macht noch keinen Sommer beziehungsweise eine erfolgreiche Saison für den Berliner Bundesligisten.

"Trainer, Sie haben Recht"

Denn mal wieder läuft es nicht in der Rückrunde. Die deftige 0:5-Niederlage bei RB Leipzig vom vergangenen Wochenende sei mittlerweile verdaut, ließ Pal Dardai durchblicken. Der Trainer hatte einen ehrlichen Dialog mit seiner Mannschaft angekündigt. "Nach meinem Monolog kam die Antwort: "Trainer, Sie haben Recht", berichtete der Ungar. "Mich interessiert das Training aber nicht, nur die Antwort am Wochenende. Die Jungs machen vernünftig mit und so ist das auch normal", sagte Dardai vor dem Duell mit Fortuna Düsseldorf am kommenden Samstag.

Dardai hatte nach der Klatsche von Leipzig von der schlimmsten Niederlage seiner Trainerkarriere gesprochen. Was auch zeigt, wie sehr Dardai die Pleite persönlich nahm. Direkt nach dem Spiel hatte er sich nicht zur Leistung seiner Mannschaft äußern wollen. Mit etwas Abstand sucht er nun die Balance zwischen ehrlicher Kritik und Aufbau. "Es ist besser, 0:5 zu verlieren, als unglücklich 1:2 und dann lügen wir uns in die Tasche, das war toll und gut", sagte Dardai. Die "schwere" Niederlage gegen Leipzig soll zur Motivation werden.

Düsseldorf wird zum Charaktertest

Als Tabellenzehnter hat Hertha mit sieben Punkten Rückstand auf die Europa-League-Ränge eher jegliche Chance auf das internationale Geschäft verspielt. Dennoch: Für Hertha steht gegen Düsseldorf mit Ex- Hertha-Trainer Friedhelm Funkel einiges auf dem Spiel. Fortuna Düsseldorf als Tabellen-Elfter könnte mit einem Sieg im Olympiastadion, bei nur einem Punkt Rückstand, an Hertha vorbeiziehen. Und nach drei Niederlagen in Folge droht den Berlinern eine mitunter begeisternde Saison zu entgleiten. Charaktertest, Revanche, Wiedergutmachung - egal wie man es nennt: Die Mannschaft muss am Samstag liefern.

Im Niemandsland der Tabelle scheint die Mannschaft die Saison austrudeln zu lassen. Natürlich spiele das eine Rolle, gab Pal Dardai ehrlich zu. Er habe einen Spannungsabfall bei "seinen Jungs" ausgemacht. Das Problem sieht er allerdings woanders. "Hertha steht nicht im Niemandsland", sagte der 43-Jährige, "Hertha steht dort, wo es hingehört.“ Natürlich habe man ein paar Punkte verschenkt. Der Grund: "Wir haben auf dem Platz so viele unerfahrene junge Spieler", glaubt Dardai.

Wiedergutmachung ohne Lustenberger

Dardai plant, größtenteils der Elf von Leipzig die Chance zu geben, diese Klatsche auszubügeln. Definitiv nicht dabei sein wird Fabian Lustenberger, der sich am Mittwoch im Training verletzt hat. Am Donnerstag verkündete Hertha die Diagnose: Muskelfaserriss im Oberschenkel. Dies könne gut und gerne vier Wochen dauern. "Kann sein, dass es das war für dieses Jahr", so Dardai.

Da heißt es wohl Daumen drücken für den Schweizer, dass er in dieser Saison noch einmal spielfähig wird, um einen gebührenden Abschied - Lustenberger verlässt Hertha nach 12 Jahren - aus Berlin zu feiern. Einer, der womöglich in die Startformation rücken könnte, ist Marvin Plattenhardt. Der WM-Teilnehmer habe sich mit guten Trainingsleistungen aufgedrängt. Zudem kündigte Dardai an, definitiv mit einer Vierer-Abwehrkette spielen zu wollen.

Ungarn als Paradebeispiel

Das Wir-Gefühl ist im Saisonendspurt angesagt. Und das bringt den Trainer auf ein anderes Thema. "Für ein echtes Wir-Gefühl braucht es ein volles Stadion", hielt der Wahl-Berliner Dardai ein vehementes Plädoyer für eine neue Spielstätte.

Eindrücklich erzählte der Ungar von der Entwicklung des Nationalteams in seinem Heimatland. Durch ein neues Stadion habe sich die Atmosphäre bei Länderspielen stark verändert. Wo früher auf den Rängen eher Skepsis herrschte, sei nun Euphorie spürbar, etwa beim 2:1-Erfolg der Ungarn gegen Kroatien Ende März, bei dem Dardai im Stadion war.

"Wenn du eine andere Atmosphäre hast, sieht auch ein Scheißspiel besser aus", meinte der Ex-Profi. Eine ähnliche Entwicklung würde sich Dardai auch in Berlin wünschen. Doch die Zeichen stehen aktuell schlecht: Das anvisierte Baufeld im Olympiapark wird teilweise bewohnt. Die Genossenschaft will die Häuser nicht verkaufen.

Kuschelfaktor Hertha

Dardais flammender Appell zeigt wie sehr der Trainer, der von sich selbst sagt, in seinen Adern fließe blau-weißes Blut, diesen Entschluss bedauert. Fest steht, dass noch kein Hertha-Verantwortlicher so emotional für das Stadion-Projekt geworben hat. Bisher, so der Vorwurf, habe der Verein es versäumt, die Menschen mitzunehmen und für Hertha zu werben. Hertha hingegen - die kleine Eisbärin mit ihrem Kuschelfaktor - ist da eher ein Selbstläufer. "Das ist eine wunderschöne Sache", sagt ein lächelnder Pal Dardai. Und keinem nimmt man die Freude über diese Namensgebung im Verein mehr ab als ihm.

Sendung: rbb UM6, 04.04.2019, 18 Uhr

Beitrag von Astrid Kretschmer

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