Füchse-Legende gibt Wissen jetzt als Trainer weiter - Den neuen Stochl formt er selbst

Mi 24.04.19 | 08:57 Uhr | Von Lorenz Schalling
Petr Stochl bei der Videoanalyse mit Malte Semisch. Quelle: rbb
Video: rbbUM6 | 24.04.19 | 18:00 Uhr | Lorenz Schalling | Bild: rbb

Vom Zweitliga-Aufstieg bis zu den Titelgewinnen – Petr Stochl war immer dabei und avancierte bei den Füchsen Berlin zum Publikumsliebling. Nach dem Karriereende zog er zurück nach Tschechien. Jetzt arbeitet er an der Zukunft der Füchse. Von Lorenz Schalling

7:45 Uhr – die erste Trainingseinheit des Tages beginnt. Petr Stochl wird bis 21:30 Uhr in Füchse Town sein, dem Trainingszentrum des Berliner Bundesligisten. Das ist keine Ausnahme, sondern die Regel, wenn der Ex-Keeper in Berlin ist. Als Geschäftsführer Bob Hanning ihm den Posten des Torwart-Trainers anbot, war der 43-Jährige sofort Feuer und Flamme: "Ich habe mich sehr gefreut, dass ich weiter für die Füchse arbeiten darf. So kann ich die Erfahrungen, die ich hier gesammelt habe, an die Jungs weitergeben."

An zwei Tagen pro Woche, immer montags und dienstags, ist Stochl in Berlin und kümmert sich um die Torhüter der Füchse. Von der C-Jugend bis zu den Profis. Dafür nimmt er viel auf sich. Nach seinem Karriereende im Sommer 2018 zog Stochl mit der Familie zurück in die tschechische Heimat nach Pilsen. Nun kommt er jeden Montag 450 Kilometer nach Berlin und fährt sie noch Dienstagabend wieder zurück nach Hause, trotz des langen Trainingstages.

Die Jugend hat es heute besser

"Die Jungs haben hier tolle Möglichkeiten", sagt Stochl. "Sieben Mal die Woche Training, dazu haben sie einen Torwart-Trainer, Physiotherapeuten und einen Videoraum. Das alles hatte ich nicht in meiner Jugend. Wenn sie dies alles richtig nutzen, können sie sich deutlich besser entwickeln, als wir damals."

Diese Voraussetzungen sind das eine. Doch ohne Fleiß ist das alles nichts. Das bekommen die Jungs bei ihrer Einheit mit Petr Stochl zu spüren. Die drei Torhüter der A-Jugend und der etwas jüngere Lasse Ludwig, Torwart der B-Jugend, kommen eine Stunde lang in den Genuss des anspruchsvollen Programms ihres Torwart-Trainers. Dabei hat Petr Stochl ziemlich konkrete Vorstellungen, was er von einem Handballtorwart erwartet: "Er muss beweglich sein. Das erfordert viel Stretching. Das ist die Grundlage, um eine gute Technik aufzubauen. Erst dann kann man ein guter Torwart werden."

Bevor es für den Nachwuchs ins Tor geht, absolvieren die Jugendlichen eine turnerische Erwärmung. Sie rollen oder tippeln mit schnellen Schritten über Turnmatten, ergänzt von Bewegungsabläufen, die ein Handballtorhüter aus dem Effeff beherrschen muss: Ausfallschritt oder Hürdensitz.

Training mit dem Tennisschläger

Als die Nachwuchs-Torhüter dann endlich ins Tor dürfen, packt ihr Trainer erst einmal einen Tennisschläger und Bälle aus, um ihre Reaktionsschnelligkeit zu schulen. Einem Torhüter nach dem anderen schlägt er nun die kleinen Filzbälle um die Ohren. Natürlich parieren die Jungs nicht jeden, trotzdem gibt es viel Lob und Motivation vom Trainer. Genau diesen Umgang schätzen die jungen Torhüter. "Er korrigiert zwar viel, aber sagt immer: Ja du bist da, du bist in der Ecke, alles gut. Mach dir nichts draus, Kopf hoch, den nächsten hast du wieder! Und als Mensch ist er immer freundlich zu dir, hat auch mal einen Witz auf der Lippe. Also es ist alles entspannt mit ihm", sagt der 16-jährige Ludwig.

Petr Stochl nutzt auch Tennisbälle in seinem Training. Quelle: rbb
Stochl fordert seine Schützlinge auch mit Tennisbällen.Bild: rbb

Als die Tennisbälle schließlich gegen ihr eigentliches Spielgerät, die größeren Handbälle, getauscht werden, heißt das jedoch nicht, dass es nun leichter wird. Vor dem Tor legt Stochl im Halbkreis fünf bunte Blättchen aus. Drei von ihnen müssen die Jugendlichen in wechselnder Reihenfolge ablaufen. Erst dann folgt das eigentliche Kerngeschäft eines Handball-Torhüters: Würfe der Angreifer, in diesem Fall ihres Trainers, parieren.

Stochls Training: Nicht nur Wurfserien und Reaktionsübungen

Jede Parade erfreut Petr Stochl, doch den Unterschied zwischen Training und Spielen kennt er nur zu gut: "Ich will, dass sie sich nur auf das konzentrieren, das im Moment passiert. Was passiert ist, ist schon vorbei. Manche Torhüter überlegen noch 20 Minuten, was für ein einfaches Tor sie kassiert haben. Aber das bringt nichts und lenkt sie nur ab von der Situation, die kommt." Deshalb ist es Stochl auch wichtig, ihnen durch viele Gespräche auch mentales Selbstvertrauen zu vermitteln. Und ihr Verhalten im Spiel im Videostudium zu analysieren. Das macht er mit den Nachwuchs-Torhütern nicht anders als mit Malte Semisch, der Nummer Zwei der Profis.

Mit ihm bespricht Stochl, wie es gelingt im Spiel umzusetzen, was im Training erarbeitet wurde. Dabei achtet Petr Stochl besonders auf das Stellungsspiel. Denn auch mit seiner Größe von 2,08 Metern kann Semisch in diesem Bereich noch viel von den Erfahrungen des Ex-Torhüters lernen.

Silvio Heinevetter genießt Sonderrolle

Bei Petr Stochl genießen alle Füchse-Torhüter aller Generationen dieselbe intensive Betreuung. Nur einer bildet eine Ausnahme: Silvio Heinevetter. Mit dem Nationalspieler bildete Stochl neun Jahre ein erfolgreiches Torhüterduo. Da ist ein etwas anderer Umgang selbstverständlich: "Heine ist so ein erfahrener Torwart, der weiß ganz genau, wie er sich auf ein Spiel vorzubereiten oder sich zu pflegen hat. Ich habe ihm im Sommer sofort gesagt: Wenn du irgendetwas brauchst oder besprechen möchtest, komm einfach zu mir."

Archiv: Petr Stochl und Silvio Heinevetter tauschen sich aus. Quelle: imago/Bernd König
Erfolgreiches Torwart-Duo: Petr Stochl (l.) und Silvio Heinevetter (r.) | Bild: imago/Bernd König

Auch für Silvio Heinevetter hat sich nach Stochls Karriereende nicht viel geändert: "Er war ja vorher auch schon so etwas wie ein Trainer. Als älterer Spieler hast du natürlich auch eine andere Autorität. Es ist jetzt zwar offiziell auf dem Papier so, dass Petr der Trainer ist, aber das ist eigentlich kein großer Unterschied zu früher", sagt der scheidende Torwart.  

Wie lange Petr Stochl den Job des Torwart-Trainers machen möchte, weiß er noch nicht. Die Füchse und er entscheiden von Jahr zu Jahr, ob und wie sie weiter zusammenarbeiten. Doch es würde zum Publikumsliebling Stochl passen, wenn er "seinen Füchsen" auch im zweiten Karriereabschnitt noch lange treu bliebe.

Sendung: rbbUM6, 24.04.19, 18:00 Uhr

Beitrag von Lorenz Schalling

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