Interview | ARD-Kommentatorin Stephanie Baczyk zur Frauen-WM - "Da lässt man sich auch mal ein bisschen überraschen"
rbb-Sportjournalistin Stephanie Baczyk kommentiert in der ARD die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen. Wir haben mit ihr über die Stimmung in Frankreich, die Vorbereitung auf unbekannte Gegner und die Chancen des deutschen Teams gesprochen.
rbb|24: Seit über einer Woche findet in Frankreich die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen statt. Du bist beim Turnier als ARD-Kommentatorin vor Ort, wie ist bisher die Stimmung?
Stephanie Baczyk: Die Stimmung in Frankreich ist gut. Aus verschiedenen Ländern sind sehr viele Fans mitgefahren. Ich habe am Freitag das Spiel Japan gegen Schottland kommentiert, die Schotten werden immer von extrem vielen Fans begleitet. Da sind dann locker 6.000 Schotten im Stadion gewesen, die sind vorher im Schottenrock durch die City gelaufen.
Wie groß ist in Frankreich das Interesse am Frauenfußball? Sind die Stadien gut gefüllt?
Es ist schon voll. Das war vor zwei Jahren bei der Europameisterschaft in den Niederlanden nicht so. Da waren die Stadien teilweise leer, außer es hat der Gastgeber gespielt. Stimmungsmäßig ist es gut und das spricht auch für den Frauenfußball. In bestimmten Ländern hat der Frauenfußball mittlerweile einen viel höheren Stellenwert als früher. In Spanien beispielsweise haben zuletzt in der Liga 60.000 Fans das Spiel Atletico Madrid gegen den FC Barcelona im Stadion gesehen. Und das merkt man hier auch bei der Weltmeisterschaft.
Nach dem ersten Spiel hast du in den sozialen Netzwerken sehr viel Lob für deine Kommentierung bekommen. Liest du dir die Reaktionen durch?
Ich bekomme das schon mit, wenn ich zum Beispiel über Twitter direkt angeschrieben werde. Da schreiben mir tatsächlich Leute, die sagen: Hey, das war angenehm, da konnte man gut zuhören. Ich bekomme das mit und es freut mich natürlich, wenn die Reaktionen überwiegend positiv sind.
Am Montag trifft Deutschland auf Südafrika, das erstmals an einer Weltmeisterschaft teilnimmt. Wie bereitest du dich auf solche eher unbekannten Gegner vor?
Bei den Männern würde man wahrscheinlich eine schöne Mappe mit sehr vielen Informationen bekommen. Bei den Frauen ist es dann so, dass es in erster Linie über den persönlichen Kontakt geht. Ich habe mich hier mit einem Journalisten aus Südafrika unterhalten, der mir ein bisschen was erzählt hat zu den einzelnen Spielerinnen und auch zu der Aussprache der Namen. Dann ist es sehr viel Recherche beispielsweise im Internet, in Zeitungsartikeln, Spielszenen analysieren. Wenn es zeitlich drin ist, schaut man beim Training vorbei und besucht natürlich die Pressekonferenz. Bei einem Gegner wie Südafrika ist das Schöne: Da lässt man sich auch mal ein bisschen überraschen und schaut einfach, wie die sich präsentieren. Das ist dann für mich auch spannend.
Wie ist dein Eindruck von der deutschen Mannschaft bisher?
Wenn man sich allein die Punkteausbeute ansieht, ist das gar nicht mal so schlecht. Zwei Spiele, zwei Siege. Allerdings haben sich die deutschen Frauen im ersten Spiel gegen China phasenweise sehr schwer getan und auch Probleme in der Defensive gehabt. Gegen Spanien kam Deutschland über den Kampf und war am Ende einfach effektiv. Was besonders auffällt, ist, dass gerade die jüngeren Spielerinnen auf sich aufmerksam machen, sich zeigen, mutig sind. Worauf ich sehr gespannt bin, ist, ob Deutschland in der K.O.-Phase dann in der Lage sein wird, sich auch noch mal zu steigern.
Zum Abschluss natürlich noch die Frage: Wer wird Weltmeister?
Wer mir wirklich richtig gut gefallen hat, sind die amtierenden Weltmeisterinnen aus den USA. Sie sind einfach in allen Belangen so unfassbar stark, da macht es richtig Spaß, zuzugucken. Die Gastgeber aus Frankreich lassen sich dazu von der Atmosphäre tragen. Und Deutschland hat als eigentliches Ziel ja gar nicht den Titel, sondern will unter den drei besten europäischen Teams landen. Denn das würde bedeuten, dass man die Olympia-Qualifikation in der Tasche hat.
Sendung: Sportschau, 17.06.2019, 17.15 Uhr