Spanischer Drittligist Atletico Baleares - Berliner Aufstiegsträume auf Mallorca

Sa 29.06.19 | 13:44 Uhr | Von Simon Wenzel
Patrick Messow (links) und Ingo Volckmann (rechts) vor dem Logo von Atletico Baleares. Bild: Atletico Baleares
Audio: Inforadio | 28.06.2019 | Guido Ringel | Bild: Atletico Baleares

Vor fünf Jahren kaufte der Berliner Unternehmer Ingo Volckmann auf Mallorca den Fußballclub Atletico Baleares. Mit einem kleinen Fußballwunder könnte er am Wochenende endlich sein Ziel erreichen: den Aufstieg in die zweite spanische Liga.

Ingo Volckmann ist nervös. Wenn er in diesen Tagen aufwacht, denkt er gleich an das bevorstehende Spiel und an seinen Traum. Der 52-jährige Berliner will mit seinem Fußballclub Atletico Baleares aufsteigen, in die zweite spanische Liga. Dafür müssen die "Balearicos" im Rückspiel der Aufstiegs-Playoffs eine 0:2-Niederlage gegen Mirandes aufholen - alles andere als einfach. "Ich glaube noch daran", sagt Volckmann trotzdem.

Der große Nachbarclub macht Mut

Auch ihm ist klar, dass im Rückspiel am Sonntag (18 Uhr) ein kleines Fußballwunder her muss. Aber damit kennen sie sich in diesen Tagen eben aus auf der Ferieninsel. Vor etwas mehr als einer Woche machte es der große Mallorquiner Club vor. RCD Mallorca gewann sein entscheidendes Spiel in der Aufstiegsrunde mit 3:0, holte damit ein 0:2 auf und feierte die Rückkehr in die erste spanische Liga - daran kann sich auch Volckmann noch erinnern.

Und deshalb will er jetzt mit Baleares nachziehen. Der Aufstieg wäre für den kleinen Verein die Rückkehr in die Zweitklassigkeit nach 56 Jahren, eine historische Chance. „Wir haben viele ältere Herren im Publikum, die das noch miterlebt haben und die es nochmal sehen wollen, dass ihr Verein in der zweiten Liga spielt, also das wäre schon was Außergewöhnliches, ein Riesen-Ding“, sagt der Unternehmer.

Patrick Messow (links) und Ingo Volckmann (rechts) in der Fankurve von Atletico Baleares. Bild: Atletico Baleares
Freundschaftliches Verhältnis: Patrick Messow (links) und Ingo Volckmann (rechts) auf der Tribüne. | Bild: Atletico Baleares

Vom Diskobesitzer zum Vereinschef

Als Volckmann den Mallorquinischen Verein 2014 übernahm, waren genau solche alten Herren nicht besonders begeistert vom neuen deutschen Besitzer. Jetzt haben sie ihn akzeptiert. Mehr noch: "Es kommen sogar Leute an, 50- oder 60-Jährige, und bedanken sich, dass ich ihren Club gerettet habe." Und, dass sie gemeinsam mit ihm wieder von echtem Profifußball träumen dürfen.

Dass er selbst nun diesen Traum hat, hätte Ingo Volckmann vor mehr als fünf Jahren wohl auch nicht für möglich gehalten. Aus Zufall und, weil die Gelegenheit da war, wurde der Disko- und Barbesitzer spontan zum Vereinschef. "Ich glaube der Cousin von einer meiner Barkeeperinnen hat mich damals gefragt: Willst du nicht 'nen Fußballclub kaufen? Und ich sagte: wieso nicht", erzählt er. Baleares stand vor der Insolvenz, hatte nicht einmal mehr einen eigenen Trainingsplatz, trotz Drittligafußball. Volckmann hat das "irgendwie gereizt", also ging es schnell.

"Das ist längst kein Hobby mehr, sondern eine Leidenschaft."

Was ein bisschen nach einer Schnapsidee klingt, stellte sich aber mitnichten als solche heraus. "Das ist längst kein Hobby mehr, sondern eine Leidenschaft. Ich stecke da schon sehr viel Zeit rein", sagt Volckman. Zeit ist aber nicht das Einzige, was er investiert. Vor allem kostet der Club Geld. Dafür, dass das sinnvoll eingesetzt wird, hat sich Volckmann vor fünf Jahren einen weiteren Berliner mit auf die Insel genommen: Patrick Messow. Auch der Sportchef hat eine spannende Geschichte; als er bei Baleares anfing, war Messow gerade mal 24 Jahre alt - also jünger als viele Spieler, die er verpflichtete.

Patrick Messow brachte als Manager gute Kontakte mit

Und auch er kam zufällig nach Palma de Mallorca, konnte anfangs nichtmal Spanisch. "Ich kannte Ingo Volckmann vorher garnicht, aber wir haben in der gleichen Gegend in Berlin gewohnt", berichtet Messow. Er arbeitete damals in einer Spielerberatungsagentur und hatte schon ein längeres Praktikum bei Hertha hinter sich. "Als ich dann eine Nachricht bekommen habe, dass einer aus der Gegend vorhat einen Fußballclub auf Mallorca zu kaufen, habe ich direkt zum Hörer gegriffen, ihn angerufen und gesagt: Ich bin dein Mann, egal was du vorhast." Was Volckmann dann aber genau von ihm überzeugt habe, das wisse er auch nicht, ergänzt Messow lachend.  

"Er hat gesagt, er hat Fußball Manager immer ganz gut gespielt", antwortet Volckmann auf die Frage - auch das ist natürlich ein Scherz. Die beiden sind mittlerweile gute Freunde. Tatsächlich ist es eben einfach Volckmanns Art, Leuten, die ihn begeistern eine Chance zu geben. "Was er erzählt hat, hat sich vernünftig angehört. Er kannte viele Spieler, hatte bei Hertha schon Kontakte", sagt der Clubbesitzer. Diese Kontakte brachten dem kleinen Verein immerhin kurze Zeit später die Dienste vom ehemaligen Bundesligaprofi Malik Fathi ein - Messow kannte ihn noch aus seiner Zeit bei Hertha.

Malik Fathi im Trikot von Atletico Baleares im Jahr 2015. Bild: imago/Rene Schulz
Prominenter Ex-Herthaner: Malik Fathi spielte zwischen 2015 und 2018 insgesamt 101 Mal für Baleares. | Bild: imago/Rene Schulz

Spieler aus Berlin sind allerdings kein Markenzeichen von Atletico Baleares und sollen es auch nicht unbedingt werden. Patrick Messow gibt zwar zu, sich noch immer in der alten Heimat nach Spielern umzusehen, "aber so einfach ist das nicht. Das Niveau hier in der dritten Liga ist schon hoch." Vor allem verpflichtet er Spieler aus Spanien, von anderen Drittligisten, oder den Nachwuchsteams der Erstligisten. Dass er als immer noch erst 29-Jähriger oft der Jüngste am Verhandlungstisch ist, macht ihm nichts aus. "Ich finde es sogar positiv, dadurch wird man vielleicht manchmal unterschätzt", sagt Messow.

In der zweiten Liga winkt 100 Mal mehr Geld

Das Ziel der beiden Berliner ist es, Atletico Baleares langfristig in der zweiten Liga zu etablieren. Das wäre ein Quantensprung, alleine die Einnahmen aus Fernsehgeldern würden dann von aktuell 50.000 Euro auf fast 5 Millionen steigen. Aber das System ist kompliziert: Die spanische dritte Liga besteht aus vier Staffeln, die Meister müssen anschließend noch Playoffs spielen. Deshalb ist die Saison von Atletico Baleares über einen Monat nach der in den meisten anderen Ligen immer noch nicht beendet.

"Eine absolute Katastrophe" für die Kaderplanung nennt Volckmann dieses späte Saisonende, denn auch für Baleares wird die Saison Mitte August wieder losgehen, aktuell weiß man nur noch nicht, in welcher Liga. "Wenn wir in der dritten Liga bleiben, wollen wir versuchen den Großteil der Mannschaft zu halten. In der zweiten Liga können wir auch mit 50% der Spieler rechnen und müssten den Rest an die Qualität anpassen", erklärt Messow.

Erfüllt sich am Sonntag also der Traum von der spanischen Zweitklassigkeit, dann wartet auf ihn ein arbeitsreicher Juli. Zumal er erstmal eine Woche ohne seinen Chef auskommen müsste - solange würde Volckmann einen Aufstieg gerne im Urlaub feiern.

Sendung: Inforadio, 28.06.2019, 18.15 Uhr

Beitrag von Simon Wenzel

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