Interview | Debatte um neues Stadion - 11.000 Unterschriften für einen neuen Hertha-Tempel
Auch Hertha-Präsident Gegenbauer hat sie schon unterschrieben: Die Petition, die ein neues Stadion für Hertha BSC im Olympiapark fordert. Initiator Pascal Grimm erklärt, was er damit vorhat und warum er die Hauptschuld beim Senat sieht. Von Sebastian Schöbel
Im Zuge der Debatte über ein neues Stadion für Hertha BSC hat Vereinsmitglied Pascal Grimm eine Online-Petition gestartet [openpetition.de]. Darin wird der Senat aufgefordert, den Neubau eines Stadions zu unterstützen - und zwar am besten im Olympiapark. Bislang haben etwas mehr als 10.000 Menschen aus Berlin unterschrieben. Das Quorum für eine erfolgreiche Petition liegt bei 11.000 Unterschriften - allerdings müssen die alle aus Berlin kommen.
Außerdem hat sich die Faninitiative "Blau-Weißes Stadion" [blauweissesstadion.berlin] gegründet, die sich bei der Politik für den Stadionneubau einsetzt.
rbb|24: Herr Grimm, Ihre Petition kommt relativ spät in der Stadiondebatte. Was wollen Sie damit erreichen?
Pascal Grimm: Ich habe die Petition gestartet, weil ich selbst viel im Internet unterwegs bin und in Foren über Hertha diskutiere. Und ich habe oft wahrgenommen, dass sich die meisten Fans ein neues Stadion in Berlin wünschen. Die Petition kam dann recht spontan, als Reaktion auf einen Artikel in dem stand, dass der Senat den Standort Tegel zwar vorgeschlagen hat, aber im Grunde nicht wirklich handelt.
Ziel der Petition ist, zu zeigen, dass das Stadion keine fixe Idee vom Verein, sondern auch ein Wunsch der Fans ist. Bisher haben die Fans aber eher am Seitenrand zugeguckt, wie die Kommunikation zwischen Senat und Verein nicht so richtig optimal verlaufen ist. Da wollte ich einen Beitrag leisten und zeigen, dass auch die Fans hinter diesem Projekt stehen.
Ist die Petition eine Kritik am Senat?
Ich sehe im Senat nicht den großen Willen, das Projekt voranzutreiben. Ich finde es verständlich, dass der Senat Hertha auf alle Ewigkeit im Olympiastadion haben möchte, weil sie sich dann keine Gedanken darüber machen müssen, wie sie das Stadion füllen können und weiterhin von der hohen Miete profitieren. Aber dass das für Hertha auf lange Sicht keine Alternative ist, Däumchen zu drehen, muss der Senat einsehen. Es ist eine Aufforderung zum aktiven Handeln. Das schließt aber nicht aus, dass ich auch kritisiere, wie Hertha mit der Sache umgegangen ist.
Was hat der Verein aus ihrer Sicht falsch gemacht?
Man hat teilweise die Fans und den Senat vor vollendete Tatsachen gestellt und überrumpelt. Und man hat versäumt alle ins Boot zu holen - ausdrücklich auch die Fans. Die hatten teilweise Angst, dass ihr Verein nach Brandenburg geht. Daher rührt eine gewisse Skepsis, wie das Ganze aussehen soll. Deswegen haben wir auch die Initiative "Blau-weißes Stadion" gegründet, um das Kommunikationsdefizit, was wir ausgemacht haben, anzugehen.
Was Hertha zum Teil als Lösungen für die Probleme im Olympiapark vorgeschlagen hat, wurde als unzureichend bezeichnet. Trotzdem sehen Sie die Schuld vor allem bei der Politik?
Wir sehen das Problem mit den Wohnungen in der Sportforumstraße. Wir hatten Einblick in Herthas Datenraum und haben auch mit Klaus Teichert (Stadionmanager von Hertha BSC, Anm.d.Red.) gesprochen. Wir sehen, dass das nicht ganz einfach ist. Hertha hat aber auch drei Standorte in der Umgebung vorgeschlagen. Und es haperte letztlich auch daran, dass die Politik nicht gehandelt oder blockiert hat. Aber ich glaube, dass in der Sportforumstraße eine Lösung möglich ist. Sonst gibt es noch genug andere Standorte in Berlin. Das Olympiagelände ist aber der beste und Hertha hat sich wirklich Mühe gegeben, das Problem mit den Wohnungen anzugehen.
Wollen sie also über die Petition Druck aufbauen, damit sich die Politik für den Stadionbau im Olympiapark begeistert?
Ich glaube nicht, dass wir erreichen werden, dass wir damit große Stadionbaulust im Senat erzeugen werden. Ich glaube aber schon, dass es eine neue Dynamik in die Sache bringen und der Perspektive der Fans Ausdruck verleiht. Das kann einen gewissen Druck auf den Senat ausüben, nicht mehr einfach nur abzuwarten, bis Hertha irgendwann kleinbei gibt. In den vergangenen Wochen wurde ja auch nicht mehr darüber gesprochen, ob das Stadion gebaut wird, sondern wo. Das ist eine positive Entwicklung.
Ist die Petition eine reine Online-Aktion?
Ursprünglich war es nur online. Inzwischen haben wir auch die Initiative "Blau-weißes Stadion" gegründet, die Petition ist nun ein Teil davon. Dadurch ergeben sich ganz andere Möglichkeiten der Verbreitung. Wir waren bei den letzten beiden Heimspielen am Stadion und haben Unterschriften gesammelt. Denn man erreicht online längst nicht alle, viele Fans sind noch sehr analog unterwegs und haben noch gar nichts davon gehört. Die meisten sind, so mein Eindruck, für ein neues Stadion.
Sie sammeln seit August, haben jetzt mehr als 10.000 Unterschriften. Das ist doch ein bisschen wenig, bei einem Verein mit über 30.000 Mitgliedern.
Im Stadion, als wir gesammelt haben, hatten wirklich sehr viele Leute noch nie von der Petition gehört. Es wurde vor allem auf Twitter geteilt. Ich glaube, wir haben viele Leute schon 20 Mal angesprochen, viele Leute aber auch noch gar nicht. Und es gibt auch viele Hertha-Mitglieder außerhalb von Berlin. Aber weil für das Quorum (bei openpetition.de, Anm.d.Red) nur Berliner Unterschriften relevant sind, fühlen sich jetzt alle in der Verantwortung, die Unterschrift zu machen. Es ist so, dass die Meinungen bei Hertha, auch bei den Ultras, weit auseinandergehen. Es gibt sicherlich auch Leute, die für das Olympiastadion sind, oder ein Stadion in Brandenburg. Aber ich habe den Eindruck, dass ein Großteil der Leute für ein neues Stadion ist.
Glauben sie eigentlich noch an das Eröffnungsdatum im Jahr 2025?
Es wird sicherlich mittlerweile klappt. Es ist immer noch möglich, wenn alle an einem Strang ziehen. Aber dafür muss viel passieren. Der Senat muss aktiv werden - und Hertha muss vielleicht auch kommunikativ umstellen. Und die Fans müssen mitgenommen werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Sebastian Schöbel, rbb|24.