Eduard Geyer und der Mauerfall - Als auch der Fußball in der DDR ein Ende fand

Sa 09.11.19 | 13:55 Uhr
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Eduard Geyer als Trainer der DDR-Nationalmannschaft. Quelle: imago images/Sportfoto Rudel
Bild: imago images/Sportfoto Rudel

Eduard Geyer war der letzte Trainer der DDR-Nationalmannschaft. 1989 steckt er mit seiner Mannschaft mitten in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft. Vor dem Spiel gegen Österreich wird seine Mannschaft vom Mauerfall überrascht - und verliert prompt.

Eduard Geyer, vor kurzem 75 Jahre alt geworden und schon seit längerem im Trainer-Ruhestand, schlendert entspannt die Elbe in seiner Heimatstadt Dresden entlang. Der ehemalige Übungsleiter von Energie Cottbus hat mit Fußball nur noch entfernt zu tun.

Das war viele Jahre anders: Neben seiner Station in der Lausitz trainierte er, stets mit berüchtigter, mitunter aufbrausender Leidenschaft, Dynamo Dresden, Sachsen Leipzig, verschiedene Vereine im Ausland und - ganz zu Beginn seiner Karriere - die DDR-Nationalmannschaft. Er war der letzte Coach der Auswahl vor dem Fall der Mauer und dem Ende der DDR. Die Wende erlebte Geyer so auch aus der sportlichen Perspektive hautnah mit.

Vorbereitung auf Länderspiel überschattet

"Für das Fußballspielen war es unangenehm. Ich habe immer gesagt, die Grenzen sind vier Wochen zu zeitig aufgegangen", erinnert sich Geyer 30 Jahre nach dem Fall der Mauer. Der Trainer hat im Jahr 1989 große Pläne mit seiner Mannschaft. Am 15. November trifft die Nationalmannschaft der DDR im WM-Qualifikationsspiel in Wien auf die österreichische Auswahl. Mit 7:7 Punkten ist Geyers Mannschaft vielversprechend in die Qualifikation gestartet. Die Vorbereitung zum Spiel gegen Österreich wird dann allerdings überschattet durch die Öffnung der Grenzen sechs Tage zuvor und der Unklarheiten über die Zukunft der DDR und ihrer Fußballauswahl.

"Wir haben uns akribisch vorbereitet, hatten uns eine gute Grundlage in den Spielen zuvor geschaffen. Ein Unentschieden in Österreich hätte uns gereicht, um zur WM zu fahren", beschreibt Geyer die Situation rückblickend - und ergänzt: "Wir haben uns in Leipzig auf das Spiel vorbereitet, saßen in verschiedenen Gruppen zusammen und haben über das Fernsehen mitgekriegt, dass alle Grenzen offen waren. Natürlich sorgt das für Diskussionsstoff." Während es die Landsleute scharenweise Richtung Westen zieht, reisen die DDR-Nationalspieler um die jungen Matthias Sammer und Ulf Kirsten für die wichtige Partie gegen Österreich nach Wien.

Bundesligavereine locken

Ganz unbeeindruckt von der Situation in der Heimat scheinen die Fußballer am Spieltag dann nicht zu sein. Die Mannschaft von Eduard Geyer verliert im Wiener Praterstadion vor zahlreichen mitgereisten Fans mit 0:3. Dabei werden viele der Akteure bereits vor dem Spiel von Beratern aus dem Westen belagert und in die Bundesliga gelockt.

Für Eduard Geyer bedeutet das eine Ablenkung für seine Schützlingen, die er im Spiel gegen Österreich kaum wiedererkennt. "Dass man überhaupt so einen Gedanken hat, sowas zu machen. Das hatte nichts mit Anstand zu tun. Das war total überflüssig und zeugt nicht von Respekt", ist Geyer noch heute verärgert über die Verhandlungen abseits des Spielfelds.

Die DDR-Nationalmannschaft vor dem Spiel in Wien gegen Österreich. Quelle: imago images/Sportfoto RudelDie letzte Nationalmannschaft der DDR vor dem Spiel in Wien gegen Österreich.

"Erkannt, dass irgendwann mal Schluss ist"

Trotzdem weiß auch er schon zu diesem Zeitpunkt, dass mit dem Ende der Republik auch das Ableben des DDR-Fußballs nicht mehr weit sein würde. "Damit hat man schon gerechnet. So bekloppt waren wir auch nicht, dass wir nicht schon erkannt haben, dass irgendwann mal Schluss ist", sagt der Fußballlehrer. Eine Teilnahme an einer Weltmeisterschaft bleibt Geyer so verwehrt.

Eines der bedeutensten Ereignisse deutscher Geschichte kam ihm dazwischen.

Dafür feiert Geyer Erfolge bei seinen Stationen nach der Nationalelf, vor allem bei Energie Cottbus, das er 1997 bis in die Bundesliga führt. Viele seiner Spieler aus der letzten DDR-Nationalmannschaft folgen dem Lockruf aus dem Westen und wechseln schon deutlich früher ins Fußball-Oberhaus der BRD. Matthias Sammer feiert Erfolge mit Stuttgart und Dortmund, Ulf Kirsten wird in Leverkusen zur Vereins-Ikone.   

Sendung: Inforadio, 08.11.19, 14:15 Uhr

2 Kommentare

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  1. 2.

    Hat der IM "vergessen", achso, er hat ja auch "keinen geschadet", wie alle anderen IM´s ebenfalls.

  2. 1.

    Und wo bleibt die Stasi?

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