Interview | Ex-Cottbuser da Silva trainiert Lübben - "Ich setze auf offensiven Fußball - anders als ich früher war"

Mi 20.11.19 | 11:44 Uhr
Vragel da Silva (Quelle: imago/Picture Point)
Bild: imago/Picture Point

Vragel da Silva spielte jahrelang für Energie Cottbus in der Bundesliga und wurde als harter Verteidiger geschätzt wie gefürchtet. Heute ist er Sportlehrer in Finsterwalde - und hat den Brandenburg-Ligisten Grün-Weiß Lübben ins Landespokal-Halbfinale geführt.

rbb|24: Vragel da Silva, Sie sind in der Lausitz kein Unbekannter, haben jahrelang für Energie Cottbus gespielt. Seit dem Sommer sind Sie Trainer des Brandenburg-Ligisten SV Grün-Weiß Lübben. Wie kam es dazu?

Vragel da Silva: Ich war vorher in Neugersdorf, dort wurde ich beurlaubt und war ungefähr ein Jahr aus dem Fußball raus. Dann ist durch einen Zufall der Kontakt zum Präsidenten Udo Janke entstanden. Ein Mitarbeiter von ihm ist mein Nachbar. Dadurch hat er gewusst, dass ich keinen Verein habe. Eigentlich hatte ich kein Interesse, wieder als Fußballtrainer einzusteigen, weil ich gerade Sportlehrer in Finsterwalde geworden bin. Aber dann habe ich das Angebot doch angenommen und es funktioniert ganz gut.

In der Liga stehen Sie auf einem guten fünften Platz, im Landespokal sind Sie gerade erstmals in der Vereinsgeschichte ins Halbfinale eingezogen. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Einstand?

Ich bin sehr zufrieden. Es ist eine ganz lockere Atmosphäre, sehr familiär und ich fühle mich sehr wohl. Vor dem Landespokalspiel habe ich den Jungs gesagt, dass wir in der Liga schon alles erreicht haben. Dann haben wir noch die Krönung geschafft, nämlich ins Halbfinale zu kommen. Das ist für mich eine große Ehre, hier Geschichte zu schreiben. In meinem ersten Anlauf hier so weit zu kommen, da bin ich absolut zufrieden.

Unter Eduard Geyer galten Sie als eisenharter Verteidiger, waren sehr kopfballstark – nicht gerade typisch für einen Brasilianer. Setzen Sie als Trainer auch stärker auf die Verteidigung oder wollen Sie lieber den attraktiven Fußball aus Ihrem Heimatland spielen lassen?

Attraktiver Fußball ist eigentlich mein Ziel. Ich bin jetzt seit dem Sommer in Lübben und wir haben noch nicht Unentschieden gespielt. Wir spielen immer alles oder nichts. Wir versuchen, in jedem Spiel offensiv zu spielen und zu gewinnen, aber natürlich mit Ordnung in der Offensive und auch in der Defensive. Aber ich setze schon ein bisschen mehr auf offensiven Fußball. Also ein bisschen anders als ich früher war. (lacht)

Wie sieht denn Ihr Alltag als Trainer bei einem Brandenburg-Ligisten aus? Die Spieler sind ja sicherlich alle berufstätig. Wie oft trainieren sie?

Wir trainieren zwei Mal die Woche. Der Kader ist nie vollständig, es fehlt immer irgendjemand, zum Beispiel weil er arbeiten muss. Das ist natürlich anders als im Profifußball, da musste ich mich auch erstmal anpassen. Aber wir versuchen immer, einen Kompromiss zu finden. Wenn ein wichtiges Spiel ansteht, probieren wir, dass mindestens einmal alle da sind.  

Vragel da Silva jubelt getragen von Torhüter Tomislav Piplica. Bild: imago/ContrastCottbuser Helden unter sich: Vragel Da Silva bejubelt 2001 mit Tomislav Piplica einen Sieg bei Hertha BSC.

Inwiefern können Sie Ihre Erfahrungen aus Ihrer Zeit als Profi in Cottbus in Ihre Arbeit als Trainer einbringen?

Ich habe von allen Trainern ein bisschen was mitgebracht. Von Ede Geyer habe ich die Disziplin mitgenommen. Man muss diszipliniert sein, um etwas zu schaffen. Petrik Sander konnte sehr gut mit den Jungs umgehen und mit ihnen sprechen. Bojan Prašnikar war taktisch der beste Trainer, den ich hatte. Von jedem habe ich etwas mitgenommen und ich denke, dass mich das auch ein bisschen stärker macht.

Im Landespokal ist Ihr Ex-Verein Cottbus schon überraschend ausgeschieden, Sie sind dagegen im Halbfinale dabei. Rechnen Sie sich als Sechstligist Chancen aus?

Nein, eigentlich nicht. Wir wollen einfach nur Spaß haben und attraktiven Fußball spielen. Wir sind schon wirklich weit gekommen und wenn man realistisch ist, haben wir eigentlich keine Chance, weiterzukommen. Es ist natürlich schade, dass Energie Cottbus rausgeflogen ist. Das wäre wirtschaftlich ein sehr attraktiver Gegner gewesen.

Eduard Geyer (links) und Vragel da Silva (rechts). Bild: imago/Bernd KönigLehrmeister und Schüler: Eduard Geyer (links) mit Vragel da Silva im Jahr 2003.

Als Spieler haben Sie lange für Energie Cottbus in der 1. und 2. Bundesliga gespielt. Wenn Sie an die Zeit zurückdenken, woran erinnern Sie sich besonders gerne?

Natürlich an den Aufstieg. 2005/06 sind wir aufgestiegen, da habe ich auch ein Tor gemacht, das bleibt natürlich in Erinnerung. Die Atmosphäre in Cottbus bleibt auch in Erinnerung, jede Woche volles Haus. Ich hoffe, dass Energie Cottbus so schnell wie möglich wieder zurückkommt. Das wäre für die Region absolut top. Cottbus muss bis in die zweite Liga kommen, da gehört so ein Verein hin. Aber erstmal müssen sie aus der Regionalliga aufsteigen.

Inwiefern verfolgen Sie denn Cottbus noch? Trauen Sie der Mannschaft den Aufstieg zu?

Ich wohne in Cottbus und kenne eigentlich alle im Verein. Ich hoffe es nicht, aber ich glaube, dass sie in dieser Saison nicht aufsteigen. Es geht nur, wenn Cottbus jetzt dranbleibt. Keiner erwartet, dass sie Herbstmeister werden. Sie müssten noch mit ein paar guten Spielern zulegen und dann vorne angreifen. Dann haben sie vielleicht eine Chance, wieder aufzusteigen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Lisa Surkamp, rbb Sport.

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