Interview | Union-Verteidiger Neven Subotic - "Ich wachse an der neuen Situation im Abstiegskampf"

So 17.11.19 | 11:05 Uhr
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Neven Subotic nach dem Spiel gegen Borussia Dortmund. Quelle: imago images/Contrast
Audio: Inforadio | 16.11.19 | 14:15 Uhr | Stephanie Baczyk | Bild: imago images/Contrast

Seit dem Sommer spielt Neven Subotic für Union Berlin. Nach vielen erfolgreichen Jahren bei europäischen Topklubs geht es für ihn jetzt um den Klassenerhalt in der Bundesliga. Warum er sich dennoch bewusst für die Eisernen entschieden hat, verrät er im rbb-Interview.

rbb|24: Neven Subotic, Sie verbringen sehr viel Zeit mit Ihrer Stiftung, waren auch jetzt in der Länderspielpause am Stiftungssitz in Dortmund. Haben Sie trotzdem Zeit, Berlin zu erleben?

Subotic: Ich bin kein großer Wanderer. Früher habe ich schon viel gesehen. Ich habe in Deutschland gelebt, bin in Bosnien geboren und war später auch häufiger da. Ich war in Nord-, Zentral- und Südamerika, dazu auch beruflich unterwegs. Ich habe durch die Nationalmannschaft enorm viel gesehen und auch durch die Stiftungsarbeit [extern: nevensuboticstiftung.de] noch viele Länder dazugewonnen. Am Ende habe ich gemerkt: Man kann noch mehr sehen, aber ab einem gewissen Punkt ist es keine Bereicherung mehr, wenn man sich nicht wirklich tiefgründig mit den Sachen auseinandersetzt. Das wiederum wirft die Frage auf: Was mache ich mit der Zeit, die mir zur Verfügung steht und da gilt meine Priorität der Stiftung, um unsere Ziele für eine bessere Zukunft zu planen und zu realisieren.  

Die Stiftung ist also Ihre Priorität. Trotzdem entsteht der Eindruck: Union Berlin und Neven Subotic, das passt bislang ganz gut zusammen. Sowieso passt Union gut in Ihre Vita mit vielen traditionsreichen Vereinen. Wonach suchen Sie sich Ihren Klub aus?

Die Vorbereitung ist sehr reflektiv. Das bedeutet, dass ich mir Gedanken darüber mache, was für den nächsten Schritt nötig ist, was für einen Arbeitgeber ich brauche, was er leisten muss, welche Faktoren mir persönlich wichtig sind. Ich brauche natürlich einen Trainer, zu dem ich Vertrauen habe und der auch noch morgen da ist. Wenn es ein Verein ist, der ständig die Trainer wechselt und da keine Sicherheit ist, bewerte ich das eher als No-Go. Auch die Mannschaft spielt natürlich eine Rolle. Welche Art von Spielern sind im Team? Wie spielt die Mannschaft? Passt das zu mir oder nicht? Die Stadt an sich spielt dabei kaum eine Rolle. Man könnte mich auch irgendwo in ein Kaff stellen (schmunzelt). Wenn es passt, sind die anderen Faktoren einfach wichtiger. Sicherlich gehört auch dazu, dass man ein volles Stadion hat, denn dann macht der Beruf besonders Spaß.  Das Finanzielle ordne ich dabei meistens unter.

Welche Faktoren sind das im Hinblick auf Union Berlin?

Ich habe hier eine große Sicherheit und einen Arbeitsplatz mit einem Vorgesetzten, der auch langfristig Trainer sein wird. Es wäre nicht gut, wenn morgen ein anderer Trainer käme, der mich vielleicht nicht mag oder die Mannschaft anders aufstellt. In den Gesprächen mit dem Sportvorstand war es der wichtigste Faktor, welche Sicherheit der Trainer hat und haben wird. Außerdem bin ich kein Perspektivspieler, sondern jemand, den man holt und der dann auch eingesetzt wird, wenn er die Leistung bringt. Ich selber wachse an der neuen Situation im Abstiegskampf und entdecke einen Fortschritt in mir selbst. Bei näherer Betrachtung war diese für mich neue Situation sehr interessant. Es ist eine großartige Aufgabe.

Sie sprechen Ihren Trainer Urs Fischer schon an: Union Berlin hat über 30 Spieler im Kader, man hat aber trotzdem den Eindruck, dass es innerhalb der Mannschaft stimmt. Ist es richtig, dass Urs Fischer das Team gut moderiert und zusammenhält?

Das würde ich absolut unterschreiben. Natürlich ist es aber auch die Leistung der Mannschaft. Beide Seiten haben einen wesentlichen Anteil an diesem Erfolg. Oliver Ruhnert hat vor der Saison die richtigen Leute mit Charakter geholt. Spieler, die in prekären Situationen ihre Rolle in der Mannschaft einnehmen und diese verstehen. Darin liegt die Stärke des Teams.

Neven Subotic im Gespräch mit Journalisten. Quelle: imago images/Matthias KochNeven Subotic soll gerade den jungen Spielern bei Union helfen.

Was genau ist Ihre Rolle in der Mannschaft?

Im einfachsten Sinne bin ich Verteidiger (schmunzelt). Ich sorge dafür, dass so wenige Torschüsse wie möglich auf das Tor kommen. Darüber hinaus habe ich aber natürlich mit meiner Erfahrung die Aufgabe, die Leute aus der nächsten Generation, die vielleicht das erste Mal Bundesliga spielen, an die Liga heranzuführen und ihnen klar zu machen, dass die anderen Teams auch nur mit Wasser kochen. Bei einigen merkt man, dass das Selbstbewusstsein noch ein bisschen stärker sein könnte, dann versuche ich zu helfen und die Leute voranzubringen.

Ein Drittel der Saison ist bereits um. Wie fällt Ihr sportliches Fazit bislang aus?

Eine Gesamtbewertung fällt schwer. Mit der Entwicklung sind aber bestimmt alle Unioner zufrieden. Wenn man sich die Spiele anschaut, hatten wir gegen Leipzig und in Leverkusen zwei schlechte Partien. In den restlichen Begegnungen waren wir aber entweder auf Augenhöhe oder aber sehr, sehr nah dran. Das gibt mir Zuversicht für die Zukunft. Es ist nach den ersten Spielen ein positiver Trend zu erkennen. Die Partie gegen Dortmund war sicherlich ein Schlüsselspiel. Wir haben gesehen, dass selbst Dortmund schlagbar ist. Seitdem sind wir richtig in der Liga angekommen.

Welche Rolle hat in der Entwicklung auch das gewonnene Derby gegen Hertha BSC gespielt?

Für uns war klar, dass es ein mentaler Test werden würde. Es ist nicht irgendein Spiel, sondern das Spiel des Jahres. Wenn man so ein Spiel verliert, kann gerade bei jungen Spielern das Gefühl geweckt werden, man sei nicht bereit für so eine Partie. Jetzt haben wir das Spiel gewonnen und sehen, dass wir die Qualität haben auch in solch wichtigen Spielen gegen erfahrenere Teams, das Spiel selber zu entscheiden. Das haben wir im Derby glänzend getan.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Stephanie Baczyk. Es handelt sich um eine redigierte und gekürzte Fassung. Das ganze Gespräch können Sie mit einem Klick ins Titelbild nachhören.

Sendung: Inforadio, 16.11.19, 14:15 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Danke RBB. Tolles Interview. Intelligente Fragen, super Typ.

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