Herthas sechste Niederlage - Für Covic wird die Luft dünner

So 10.11.19 | 12:12 Uhr | Von Till Oppermann
  14
Ante Covic
Bild: Imago/Contrast

Zweifelhafte Schiedsrichterentscheidungen machen Hertha BSC gegen RB Leipzig zu schaffen. Warum die Niederlage trotzdem verdient war und es wenigstens vor Anpfiff Grund zur Freude gab. Von Till Oppermann

Am 30. Jahrestag des Mauerfalls ist Einheit im Olympiastadion das große Thema des Tages. Die demonstriert auch Herthas Bank, als Ante Covic, Michael Preetz und Co-Trainer Harald Gämperle in der 75. Minute zu dritt auf den vierten Offiziellen Marcel Unger zustürmen. Wütend redet das Trio auf den Mann in Schwarz ein. Ein verständlicher Ausbruch: Nach einem langen Ball in den Strafraum bekommt Niklas Stark einen Leipziger Ellbogen ins Gesicht. Davie Selke soll den verletzten Kollegen ersetzen. Trotzdem hat Schiedsrichter Sören Storks das Spiel wieder angepfiffen – ohne Überprüfung durch den VAR und ohne die Gelegenheit zum Wechseln zu geben. "Niklas Stark lag nach einem Zweikampf blutend auf dem Platz", berichtet der dann doch noch eingewechselte Selke später, und: "Ich verstehe in einigen Szenen nicht, warum sich das dann nicht wenigstens noch einmal angeschaut wird."

Auch sonst muss sich Storks von Leipziger Seite sicher nicht vorwerfen lassen, ein Heimschiedsrichter gewesen zu sein. Schon in der ersten Hälfte beschert ein mindestens zweifelhafter Handelfmeter den Leipzigern den Ausgleich. Herthas Verteidiger Karim Rekik bekommt den Ball ins Gesicht, von dort springt er an seine Hand. "Um den Elfmeter zu verhindern, müsste man sich die Hände auf den Rücken binden", kommentiert Covic. In der Folge stören sich die Herthaner vor allem an einseitigen Entscheidungen bei Mittelfeld-Zweikämpfen. "Viele 50:50 Situationen sind gegen uns gepfiffen worden", moniert Selke. Das erregt auch seinen Trainer in den letzten Minuten immer weiter. Wild gestikulierend rennt Covic durch seine Coachingzone – und holt sich sogar noch die Gelbe Karte ab. Auch nach dem Abpfiff, der Covics sechste Niederlage im elften Bundesligaspiel als Trainer besiegelt, verraucht sein Zorn nicht. Während seine Spieler niedergeschlagen auf dem Platz stehen, diskutiert der Berliner Coach gestenreich mit seinem Staff. Und auch im RBB-Interview ist er geladen: "Das ist eine Frechheit, wenn wir so einen Elfmeter gegen uns bekommen und der Schiedsrichter nicht in der Lage ist, sich anzugucken, wie man Niklas Stark das Nasenbein bricht."

Hertha im Pech

Während Starks Nationalmannschaftskarriere ohne Einsatz nun auf diese Art um eine weitere tragische Episode ergänzt wird, sind Storks Pfiffe für Covic spielentscheidend: "Mit der Fehlentscheidung öffnet er den Leipzigern die Tür." Und tatsächlich ist der Ausgleich nach dem Handelfmeter der Wendepunkt in einem Spiel, in dem die Berliner die Gäste aus Leipzig durchaus überraschen konnten: "Ich hatte Hertha nicht so defensiv erwartet. Die Konter waren sehr gefährlich. Wir hatten auch mal Glück," sagt Trainer Julian Nagelsmann. Tatsächlich waren die Gastgeber gut im Spiel. Doch wie so oft in dieser Saison helfen die Blau-Weißen ihrem Gegner kräftig. Der fünfte verursachte Elfmeter im elften Spiel spricht Bände.

Harmlose Herthaner

Die Siege gegen Köln, Paderborn und Düsseldorf konnten kurz über Herthas Probleme hinwegtäuschen. Drei Niederlagen danach muss man sich wohl eingestehen, dass dafür eher die Schwäche der Gegner, als Herthas Stärke verantwortlich war. Nach einer überschaubaren Vorstellung im Derby, als Hertha im ganzen Spiel nur eine halbwegs zwingende Chance hatte, wirft die offensive Darbietung auch gegen Leipzig Fragen auf. Zwar hat Leipzig insgesamt nur einen Abschluss mehr, allerdings gibt RB sieben von acht Torschüssen innerhalb des Strafraums ab. Zum Vergleich: Hertha schießt sieben Mal aufs Tor, aber lediglich zwei Mal innerhalb des Strafraums.

Und auch als mit Selke und Ibisevic zwei Strafraumstürmer im Spiel sind, lässt Hertha den Ball lieber langsam durch die eigenen Reihen laufen. Eine richtige Gelegenheit bietet sich Selke erst in der 92. Minute. Vorher hat Leipzig den Sack mit zwei Kontern schon zugemacht. Der Torjingle klingt nach Selkes erstem Saisontreffer wie blanker Hohn und wird mit dem Schlusspfiff durch ein Pfeifkonzert der Hertha-Fans abgelöst.

Der Kredit ist aufgebraucht

Schon in der 75. Minute singen die Fans: "Wir wollen euch kämpfen sehen." Der lethargische Derbyauftritt ist nicht vergessen, mit der Niederlage gegen Leipzig fällt Hertha auch in der Tabelle hinter den Stadtrivalen zurück.

Vor dem Spiel baute Hertha im Stadion zwei Mauern auf.
Die Mauern im OlympiastadionBild: dpa/Soeren Stache

Covic und Preetz unter Druck

Dabei fängt der Fußballnachmittag im Olympiastation so schön an. Vor der Ostkurve und an der Mittellinie sind zwei Mauern errichtet. Die fallen vor dem Spiel. Eine davon wird auf der Laufbahn sogar mit einem Trabi durchbrochen. Originell und in dieser Form sicher einmalig in der Choreo-Geschichte der Bundesliga. Dass die Fans dahinter noch das Brandenburger Tor über den ganzen Block ziehen und auf vielen Transparenten das Ende der Teilung Berlins feiern, rundet das gelungene Bild ab.

Nach der Niederlage ist diese gute Laune verflogen. Auf dem Weg aus dem Stadion schimpfen nicht wenige lautstark über die Leistung ihrer Mannschaft. Der gelungenen Erinnerung an die Vergangenheit steht eine triste Gegenwart entgegen. Von Einheit wird auf der heutigen Mitgliederversammlung vermutlich wenig zu spüren sein.

Zusammen für Berlin

Sendung: rbb24, 09.11.2019, 21:45 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

14 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 14.

    Sind die neuen Freunde der Herthakurve nich die BFC Dynamos? Da wundert einen diese Choreo schon.

  2. 13.

    Bitte bitte - Preetz und Covic weg.

    Kovac ist frei! ( Sogar mit gewünschter Hertha-DNA)

  3. 12.

    Der Mann heißt übrigens Preetz. Wenn man nicht mal in der Lage ist, die richtigen Personen zu nennen.

  4. 11.

    Reden Sie von der Mauer-Choreo? Die Idee und Umsetzung kam aus der Kurve, wo die Treuesten stehen. Das hat nichts mit Marketing oder Geld zu tun, sondern mit Verbundenheit zu Verein und Stadt. Man sollte sich halt schon besser informieren, ehe man so einen Kommentar abgibt. Und "die Wessis" ist dann doch eher Marke Spaltung, die aus einer Richtung kommt, und die heißt nicht Hertha.

  5. 10.

    Was für eine alberne Show mit West-Berliner Mief. Und wozu eigentlich ein neues Stadion für die paar Leutchen dort? Lieber bei Union vergrößern, da bleiben jedes Mal Zehntausende ohne Ticket weil die Alte Försterei aus allen Nähten platzt. Hertha braucht wirklich niemand.

  6. 9.

    Wer meint, das das Traineramt eines Bundesligisten so beliebig besetzbar ist, wie es offenbar Preetz tut, dem ist die Entwicklung im Profifußball abhanden gekommen. Der Trainer ist Herr über Aufstellung, Ausrichtung und Entwicklung seiner Bundesligamannschaft. Hier "Fähigkeiten" wie Stallgeruch, oder Vereinstreue als herausragendes Auswahlkriterium heranzuziehen, war naiv. Diese 70er Jahre Romantik ist vorbei. Preetz hat versagt. Das nicht zum ersten Mal. Es wird Zeit, das in diesem Verein der alte Westberliner Mief herausgekehrt wird. Wer möchte das dieser Verein, einen wie auch immer gearteten internationalen Esprit versprüht, der muss diese anachronistische Führung austauschen. Nur Geld hineinpumpen ist zu wenig. Es braucht handelnde Personen die auch was damit anfangen können.

  7. 8.

    Bei aller Verbundenheit der beiden zu Hertha: Glaube nicht dass die sich diesen Saftladen antun.

  8. 7.

    Jo, und mit Klinsmann ist der Preetz Ersatz ist auch schon da...

  9. 6.

    Die Kovacs- Brüder stehen schon in den Startlöchern.

  10. 5.

    Demnächst kommen ja schwere Spiele auf die Mannschaft zu. Ob Hertha die 1. BuLi wirklich halten kann, da habe ich ehrlicherweise so meine Zweifel. Da würde auch das viele Geld des Investors nichts nützen.

  11. 4.

    Für mich fängt das Problem bei M. Praetz an. Er verpflichtet keinen Trainer mit einer starken Persönlichkeit. Wenn Hertha wirklich einen Entwicklungsschritt machen will müssen die Manager und Trainer Positionen neu besetzt werden. Praetz sollte sich ein Beispiel an Eberl nehmen. Er hat sich von Hecking getrennt aber vorher sich genau überlegt wen er verpflichten will. Der derzeitige Erfolg von Gladbach gibt ihm Recht. Herr Praetz entlässt P. Dardai, ohne eine Idee für einen Nachfolger zu haben. Sehr unprofessionel. Bei Covic erkenne ich keine Handschrift. Wenn Löwen oder andere ein gutes Spiel machen stehen sie im nächsten Spiel in der Anfangself. Die Leistungsträger erreichen fast alle nicht ihre Bestform. Am Anfang wurden große Ansprüche formuliert und nach 11 Spielen spielt Hertha um den Klassenerhalt.

  12. 3.

    Man kann sicherlich auch als Manager Fehler machen, nur sollte man diese auch beizeiten korrigieren zumal in der Abstiegssaison das selbe passiert ist. Wenn nicht zeigt er das er nur sehr begrenzte Fähigkeiten hat und abgelöst werden sollte.

  13. 2.

    und wieder geht Hertha neue Wege, der Trainer ist ,, Schuld "
    Ich mag Ihn auch nicht, aber liegt es wirklich an seiner ,,Art " ? oder doch weiter oben ? um nicht gleich den Vergleich mit dem .....Fisch zu bemühen und dem Willen wie bei Union....
    mit neuem Geld und neuen Spieler bleiben alte Problem......

  14. 1.

    Ich bin wahrlich kein Freund von Union, aber daß die Wessis vor dem Spiel eine solch dämliche Show abziehen, zeugt von dem Geist im Kopf, im Fußball geht's nur, wenn Geld rollt. Winterhorst hat aber auch nicht endlos viel. Man muß eben auch mal verlieren können.

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren