Porträt | Schiedsrichter Udo Zuchantke - Mit 83 Jahren noch immer auf Ballhöhe

Sa 07.12.19 | 08:33 Uhr
Udo Zuchantke pfeift ein D-Jugendspiel in Berlin. Quelle: rbb
Video: Mittagsmagazin | 06.12.19 | 13:00 Uhr | Max Kell | Bild: rbb

Udo Zuchantke ist Fußball-Schiedsrichter. Und das seit 65 Jahren. Früher leitete er Spiele in der Bundesliga, heute pfeift er im Berliner Jugendbereich. Seit jeher treibt ihn dabei die Leidenschaft für den Sport an. Von seinem Alter lässt er sich nicht abhalten.

Udo Zuchantke lacht laut auf. Die Frage, ob er als ehemaliger Bundesliga-Schiedsrichter viel Geld verdient habe, kann er - nun, ja - nicht wirklich ernst nehmen. "Wir wurden belächelt bei den Spielen. Wenn man zum Beispiel so eine Millionen-Elf wie Bayern München gepfiffen hat, hat man pro Spieltag 24 Deutsche Mark bekommen", erinnert sich Zuchantke schmunzelnd.

Trotzdem sei er heute noch mit der gleichen Begeisterung als Unparteiischer aktiv wie damals. Seit 65 Jahren leitet der Berliner Fußballspiele. Früher zeigte er Spielern wie Franz Beckenbauer und Günter Netzer in den größten Stadien Deutschlands die Gelbe Karte, heute pfeift er D-Jugendspiele auf kahlen Amateur-Sportanlagen. Mittlerweile ist Udo Zuchantke 83 Jahre alt - deshalb die Pfeife an den Nagel zu hängen, kommt für ihn aber nicht in Frage.

Frühe Anstoßzeiten? Kein Problem!

Die frühen Anstoßzeiten der Nachwuchskicker machen ihm dabei nichts aus. Oft trifft er am Wochenende bereits vor 9:00 Uhr an den Sportplätzen ein. Eine knappe Stunde Vorbereitungszeit braucht er, bevor er seine Partien anpfeift. Umziehen, eine kurze Vorstellung bei den Mannschaften - und Anpfiff.

Mindestens ein Spiel pro Wochenende leitet der 83-Jährige. Seine Motivation? Das Spiel an sich und im Alter fit zu bleiben. "Man bewegt sich sonst zu wenig. Auf dem Sportplatz bewegt man sich noch. Ich laufe noch richtig mit - das ist in dem Alter eine besondere Ausnahme", erklärt Zuchantke.

Bundesliga-Schiedsrichter in den 1970er Jahren

Neben seiner für das Alter beeindruckenden Fitness kann die Berliner Schiedsrichterlegende auf eine langjährige Erfahrung zurückgreifen. Von 1971 bis 1978 war er Bundesliga-Schiedsrichter, hat viele große Spieler auf dem Platz hautnah erlebt. Über ein Hobby ging das Schiedsrichter-Dasein aber auch damals nicht hinaus. Viel Geld wird den Unparteiischen in den oberen Ligen erst seit ein paar Jahren gezahlt. Trotzdem seien die Stars der 1970er Jahre immer respektvoll mit ihm umgegangen, sagt Zuchantke heute. Und auch er hat die Achtung gegenüber dem Sport und den Spielern nie verloren. Er nimmt seine Partien - auch wenn er nur noch im Jugendbereich pfeift - weiter ernst.

Udo Zuchantke in einem Bundesliga-Spiel. Im Hintergrund Essens Willi Lippens. Quelle: imago images/Sven Simon
Udo Zuchantke im Einsatz in der Fußball-Bundesliga. Im Hintergrund Essens Willi Lippens. | Bild: imago images/Sven Simon

Dennoch stellt auch Zuchantke einen zunehmend härteren Ton auf den Berliner Fußballplätzen fest. Er war deshalb einer der vielen Unparteiischen, die sich am Schiedsrichter-Streik Ende Oktober in Berlin beteiligten. Die Referees wollten eine Zeichen gegen die steigende Gewalt an Schiedsrichtern setzen. "Was heute auf den Straßen los ist, die Ellenbogen, die eingesetzt werden und das egoistische Denken Einiger, ist heute auch auf den Sportplätzen leider Gang und Gebe", schildert Zuchantke seine Erfahrungen.

Den Spaß am Fußball will sich Udo Zuchantke davon aber nicht vermiesen lassen. So lange sein Körper es zulässt, möchte er auch weiterhin Fußballspiele leiten. Jedes Wochenende. Nicht für das Geld, sondern der Begeisterung wegen. So, wie es schon immer war.

Sendung: Inforadio, 06.12.19, 11:15 Uhr

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren