Porträt | Bob-Pilotin Mariama Jamanka - Adrenalin auf Umwegen

Mi 04.12.19 | 15:06 Uhr | Von Ilja Behnisch
Mariama Jamanka (l.): Olympiasiegerin im Zweierbob (imago images/Peter Hartenfelser)
Bild: imago images/Peter Hartenfelser

Der Weg zur Olympiasiegerin im Bobfahren war für Mariama Jamanka alles andere als vorgezeichnet - eigentlich wollte sie Leichtathletin werden. rbb|24 hat sie erzählt, was sie an Berlin vermisst und wo sie abseits der Bobbahn am liebsten Geschwindigkeit spürt.

Muss man erstmal schaffen: In Berlin vor Union und Hertha zu landen. Als Mannschaft des Jahres. Als Bob-Pilotin. So wie Mariama Jamanka, die bei der Champions-Wahl der Berliner Sportler 2018 und zusammen mit ihrer Partnerin Lisa Buckwitz auf Platz fünf landete. Vor den beiden größten Fußball-Vereinen der Hauptstadt.

Allerdings hat Jamanka im Gegensatz zu Union und Hertha auch etwas gewonnen. Und nicht nur irgendwas, sondern olympisches Gold im Zweierbob. Und das, obwohl ihr kurz vor den Spielen von Pyeongchang ihre Partnerin abhanden gekommen war, weil Bundestrainer René Spies in Stephanie Schneider die aussichtsreichere Pilotin sah und Jamankas Anschieberin Annika Drazek abkommandierte. Und doch waren es die heute 29-Jährige und ihre neue Partnerin Buckwitz, die die 16 Kurven des Olympic Sliding Centre am schnellsten hinter sich ließ. In der Folge holte sie sich auch noch den Gesamtsieg im Weltcup und WM-Gold.

Nicht schlecht für eine, die aus dem nicht gerade als Wintersport-Mekka geltenden Berlin stammt und eigentlich ganz andere Pläne hatte.

"Es ist ein bisschen wie Achterbahnfahren"

"Ich habe mir Bobfahren nie vorher im Fernsehen angeguckt, hatte absolut keinen Bezug dazu", sagt sie im Gespräch mit rbb|24. Zunächst machte sie Hammerwerfen, "freizeitmäßig, normal neben der Schule." Ehe ihr Trainer irgendwann mit Bobfahren um die Ecke kam, weil: "Für das Hammerwerfen zu klein und eh so ein Adrenalin-Junkie."

Dass sie 1,70 Meter misst, hätte sie nach der ersten Bobfahrt ihres Lebens vielleicht noch benennen können. Sehr viel mehr aber vermutlich nicht. Denn als Jamanka einer Einladung zum Bob-Training in Oberhof nachgekommen war, stand auch die erste Fahrt an: "Es ging rechts, links, hoch, runter. Ich glaube, wir hätten während der Fahrt einen Salto schlagen können, ich hätte das nicht registriert. Es ist ein bisschen wie Achterbahnfahren, nur mit Kopf unten. Und ohne, dass man sieht oder weiß, was als Nächstes kommt." Pures Gold also für einen Adrenalin-Junkie. Jamanka lernt, "sich festzumachen". Dann beginnt es, Spaß zu machen. Dann denkt sie sich: "Na gut, dann also Bobfahren."

Das war 2013. Drei Jahre später gibt sie ihr Weltcup-Debüt, 2017 steht sie in Winterberg zum ersten Mal auf dem Podium und siegt bei den Europameisterschaften, ehe 2018 der große, olympische Durchbruch folgt. Ihr Erfolgsgeheimnis? "Mir wurde oft gesagt, dass ich sehr ruhig wirke. Ich kann mich sehr gut auf kleine Details konzentrieren und lasse mich dadurch selten aus der Ruhe bringen. Ich glaube, das ist ganz gut in unserem Sport."

Ihr Schwächen? Kein Zweifel: "Ich bin ungeduldig. Zum Beispiel beim Autofahren." Da ist es wieder, das Verlangen nach Adrenalin. Denn wenn Mariama Jamanka vom Autofahren spricht, dann meint sie: schnell fahren. Die Geschwindigkeit spüren, genau ihr Ding. Auch deshalb hat sie gerade ihren Motorrad-Führerschein gemacht.  

Wenn um 20 Uhr Schicht im Schacht ist

Zeit für Ausfahrten im Thüringer Wald bleibt für die Sportsoldatin in der Fördergruppe Oberhof demnächst aber kaum noch. An diesem Samstag beginnt im amerikanischen Lake Placid die Weltcup-Saison. Vom 17. Februar 2020 dann steht die Heim-WM in Altenberg auf dem Programm. "Ein großer Meilenstein", sagt Jamanka.

Sie geht dann als Favoritin ins Rennen. Dabei steht sie "nicht unbedingt gern im Rampenlicht". Weshalb sie es auch genießt, unerkannt durch ihre Heimatstadt Berlin laufen zu können. Dort, wo sie so oft wie möglich zu Besuch ist und wohin sie nach der Karriere auch zurückkehren möchte. "Ich bin ein totaler Stadtmensch. Mir gefällt es einfach, dass man jederzeit was unternehmen kann. Hier in Oberhof ist alles auf den Sport ausgelegt. Was schon gut ist, aber hier machen die Tankstellen und der Supermarkt um 20 Uhr zu und dann ist halt Schicht im Schacht."

Wahrlich nichts für Mariama Jamanka, Adrenalin-Junkie.

Sendung: inforadio, 04.12.2019

Beitrag von Ilja Behnisch

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