Interview | Obmann Sportausschuss Frank Steffel - "Man kann nicht das gesamte öffentliche Leben einstellen"

Sa 07.03.20 | 14:19 Uhr
  5
Die Ostkurve im Berliner Olympiastadion. Quelle: imago images/Dennis Hetzschold
Bild: imago images/Dennis Hetzschold

In anderen Ländern sagen Offizielle wegen des Coronavirus Sportveranstaltungen ab - in Deutschland spielen Vereine weiterhin vor Tausenden von Fans. Richtig so, meint Frank Steffel, Obmann der Union-Fraktion im Sportausschuss des Bundestags.

rbb|24: Frank Steffel, Sie sind Bundestagsabgeordneter, Obmann im Sportausschuss des Bundestags - und außerdem seit 15 Jahren ehrenamtlicher Präsident der Füchse Berlin. Am Sonntag spielt Ihre Mannschaft in der Max-Schmeling-Halle gegen Flensburg. Mit welchen Gefühlen gehen Sie zum Spiel?

Frank Steffel: Ich habe keine besonderen Ängste, was das Coronavirus betrifft. Wir haben natürlich die Sorge, dass Flensburg sportlich ein harter Brocken wird, der Tabellenzweite ist sicherlich nicht so einfach zu schlagen. Wir können das gesamte öffentliche Leben aber wegen des Virus nicht einfach einstellen. Wir appellieren an jene Fans, nicht zum Spiel zu kommen, die Fieber oder eine Grippe haben. Sie sollten andere nicht zu gefährden. Außerdem gelten bei einer solchen Sportveranstaltung natürlich die gleichen Regeln wie im öffentlichen Personennahverkehr, in Museen, in Theatern oder auch in Schulen: Man sollte sehen, dass man die Anregungen der Gesundheitsämter einhält, dass man in den Ellenbogen nießt und dass man nicht zu sehr an andere herankommt.  

Man kann also auf den Jubel mit dem Nachbar in diesen Zeiten vielleicht verzichten und sollte sich vermehrt die Hände waschen. Wir stehen in engem Austausch mit den Behörden und es gibt keinerlei Hinweise, dass nationale oder lokale Sportveranstaltungen abgesagt werden sollten. Das ist sicherlich bei einem internationalen Wettkampf gegen Mannschaften beispielsweise aus Südkorea oder Italien anders einzuschätzen. Deswegen ist es auch richtig, im Einzelfall zu entscheiden und nicht generell.

Nun ist Berlin aber eine Sportstadt. Viele Vereine sind erstklassig vertreten, die Spiele werden von vielen Tausend Zuschauern besucht. Bieten diese Ereignisse nicht doch ein Umfeld, in dem das Virus leichter übertragen werden kann?

Abstrakt betrachtet ist die Ansteckungsgefahr generell natürlich höher, wenn sich viele Menschen zusammentreffen, als wenn man sich alleine Zuhause einsperrt. Wir sollten jetzt aber auch nicht dramatisieren, sondern mit Augenmaß vorgehen. Wir können nicht das gesamte öffentliche Leben einstellen. Wir sollten versuchen, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen - jeder einzelne für sich, aber auch wir alle. Ich bin kein Hellseher, weder was das Ergebnis am Sonntagnachmittag noch was die Entwicklung des Virus betrifft. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind aber die Aussagen aller Behörden so, dass die sportlichen Großveranstaltungen – sollten sie nicht ausdrücklich internationale Gefährdungen mitbringen – stattfinden können.

Wer würde im Zweifelsfall denn überhaupt über eine Absage entscheiden?

Das würde am Ende von den Gesundheitsämtern entschieden. Und zwar über zweierlei Wege: Zum einen, wenn die Ämter sagen: Die Veranstaltung darf nicht stattfinden. Das wäre dann der berühmte Fall höherer Gewalt. Oder, wenn Auflagen gemacht werden, die von den Vereinen und Veranstaltern nicht einzuhalten sind. Wir sollten aufpassen, dass jetzt nicht jeder Journalist oder jeder Präsident eines Sportvereins es besser weiß, nur weil er persönlich eine Empfindung hat. Wir sollten die Entscheidungen den Fachleuten und ihren Abwägungen überlassen.

Wie sieht es mit kleineren Amateurveranstaltungen aus?

Auch da müssen wir vorsichtig sein, dass die Mütter und Väter Sorge bekommen, dass Ihren Kindern die Möglichkeit genommen wird, Sport in den Vereinen zu betrieben. Zur Wahrheit gehört nämlich auch, dass Menschen, die gesund sind und Sport treiben, viel weniger gefährdet sind. Es sollte also ein Appell sein, aus dem Virus zu lernen und etwas mehr auf seinen Körper zu achten.

Was können die Vereine tun, um Zuschauer und Fans zu schützen?

Es gibt ein paar kleine Regeln. Ich würde an die Vereinen in den unterklassigen Ligen appellieren, dass man in diesen Zeiten eben mal auf den Mannschaftsgruß vor oder nach Spiel mit dem Händeschütteln des Gegners verzichtet. Auch beim Jubeln kann man sich natürlich freuen, vielleicht aber doch mit etwas Abstand. Und kranke Menschen sollten natürlich ohnehin nicht am Mannschaftstraining teilnehmen. Ich bin aber Optimist und glaube, dass wir in einigen Wochen nicht mehr über das Virus reden werden. Was natürlich nicht heißt, dass es weg ist, aber das die Befürchtungen, die viele heute haben, dass das gesamte öffentliche Leben weltweit zum Stillstand kommt, aufgrund der guten Maßnahmen und der Vorsicht der Menschen sich - Gott sei Dank - nicht bewahrheiten werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Christoph Kober, rbb Inforadio. Es handelt sich um eine gekürzte und redigierte Fassung. Das gesamte Gespräch können Sie mit einem Klick ins Titelbild nachören.

Sendung: Inforadio, 07.03.20, 8:45 Uhr

5 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 5.

    Covid19 ist ansteckender als Grippe, es gibt keine Impfung, und die Mortalität ist um ein Vielfaches höher. Es werden also mit sehr großer Wahrscheinlichkeit deutlich mehr Menschen daran sterben als an der Grippe.

  2. 4.

    Da habe ich aber wenig Hoffnung, siehe die zwei vorigen Kommentare. Es ist wie bei allen Angststörungen: das Problem ist nicht das Virus sondern die Angst davor;-)

  3. 3.

    In Deutschland ist noch niemand am Corona Virus gestorben, aber schon 200 Menschen an der Grippe. Hört endlich mit der Panikmache auf !!!

  4. 2.

    Man kann natürlich weiter tausende Menschen in ein Stadion stecken, braucht sich dann aber nicht zu wundern wenn es deutlich mehr Infizierte gibt als wenn man es nicht getan hätte. Wieviele zusätzliche Tote sind Fußballspiele eigentlich wert?

  5. 1.

    " Richtig so, meint Frank Steffel, "

    falsch , sage ich . bei einer Pandemie müssten alle Großveranstaltungen abgesagt werden, die vielen Menschen sind ein Multiplikator für die Verbreitung des Virus , und nun schon Sportveranstaltungen ! die sind nicht lebenswichtig .
    Italien hat einschneidere Maßnahmen ergriffen, dort ist man weitsichtiger

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren