Boxer Jack Culcay - Zurück in die Jugend

Mi 24.06.20 | 12:35 Uhr | Von Jonas Bürgener
Boxer Jack Culcay während eines Kampfs. Quelle: dpa/Bernd Wende Sportfoto
Bild: dpa/Bernd Wende Sportfoto

Jack Culcay ist ein Vorreiter. Der Berliner Boxer gehört zu den ersten Profis in Europa, die nach der Coronakrise in den Ring steigen durften. Nun hofft er auf einen WM-Kampf. Und auf Zuschauer in der Halle. Von Jonas Bürgener

Jack Culcay fühlte sich wie in einer Zeitmaschine. Bei seinem Kampf, den der Berliner Halbmittelgewichts-Boxer gegen den Franzosen Howard Cospolite gewann, war es leer in der Halle. Beim ersten europäischen Box-Event nach der Coronapause vor rund zwei Wochen waren in den Havelstudios Berlin keine Zuschauer erlaubt. "Als ich zwölf oder 13 Jahre alt war, waren auch immer nur ganz wenige Zuschauer bei meinen Kämpfen. So hat sich das jetzt auch angefühlt - wahrscheinlich sogar noch ein bisschen schlimmer", erzählt der gebürtige Ecuadorianer jetzt lachend.

Auch beim Boxen keine Stimmung

Besonders die Sicherheitsvorkehrungen rund um den Kampf seien absolut ungewohnt gewesen. Ähnlich wie in anderen Sportarten auch, waren Culcay und die anderen Kämpfer - insgesamt standen an dem Abend acht Duelle an - dazu verpflichtet, sich zunächst für eine Woche in Quarantäne zu begeben. Zudem mussten alle Boxer vor ihrem Kampf je zwei negative Corona-Tests vorweisen. Sicherheit muss sein, schließlich ist beim Boxen der Kontakt der schwitzenden Körper in keinster Weise zu vermeiden.

Auch der Kampf sei mehr als speziell gewesen, erzählt Culcay. Stimmung habe in der Halle nicht so wirklich aufkommen wollen. Wie auch? Schließlich sind auch beim Boxen keine Fans zugelassen. Zwar wurde mit Musik versucht, wenigstens ein bisschen Kulisse zu erzeugen, mit einer tobenden Halle hat das aber nichts zutun. "Natürlich haben die Zuschauer gefehlt. Ich bin jetzt seit zehn Jahren Profi-Boxer. Wir brauchen die Fans, um noch ein Stück mehr Leistung zu bringen", beschreibt Culcay den Einfluss, den die Fans auf einen Kampf nehmen können. "Die pushen mich immer noch ein paar Prozente weiter. Wenn man jetzt einen guten Treffer hatte, gab es keine Reaktionen. Das spürt man dann schon", sagt der Weltmeister von 2016.

Training mit der Tochter

Doch der 34-Jährige will sich nicht beklagen. Die Corona-Krise war auch für ihn als Profi-Boxer eine besondere Herausforderung. Wochenlang war an normales Training nicht zu denken. Culcay musste gezwungenermaßen erfinderisch werden. "Im ersten Monat habe ich zu Hause trainiert", erinnert sich der Berliner. "Ich habe dann eben versucht, meine Familie in das Training mit einzubinden. Ich habe meine dreijährige Tochter hochgehoben, oder versucht mit ihr zusammen Klimmzüge zu machen. Wir haben da einiges ausprobiert. Das hat echt Spaß gemacht."

Mittlerweile ist das Training in Kleingruppen zum Glück wieder erlaubt und auch der nächste Kampf steht bereits vor der Tür. Noch im August soll Culcay gegen den 25-jährigen Abass Barou antreten. Er hofft, dass dann zumindest ein paar Zuschauer zum Kampf zugelassen werden und so ein weiterer kleiner Schritt zurück Richtung Normalität gegangen wird.

WM-Kämpfe als Ziel

Sportlich soll es für Culcay in durchaus größeren Schritten weitergehen. Der ehrgeizige Berliner möchte sich endlich wieder für WM-Kämpfe empfehlen – und schon im nächsten Jahr als Herausforderer antreten. "Wir müssen natürlich schauen, wo die Reise hinführt und wo der Weltmeister im nächsten Jahr zu Hause ist. Ich fühle mich aber gut", sagt Culcay. Mit einer guten und ungestörten Vorbereitung sehe er sich in der Lage, wieder einen Weltmeisterschafts-Kampf zu absolvieren.

Die erste Voraussetzung dafür wäre, dass eine zweite Infektionswelle in der Corona-Pandemie ausbleibt und regulär trainiert werde kann. Jack Culcay zeigt sich dabei zuversichtlich. Eine zweite Zeitreise in seine Jugend möchte er möglichst vermeiden.

Beitrag von Jonas Bürgener

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