Herthas Jugend auf dem Weg zu den Profis - Ein Quintett drängt sich auf

Sa 20.06.20 | 08:08 Uhr | Von Jonas Bürgener
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Jessic Ngankam im Zweikampf mit Dortmunds Manuel Akanji. Quelle: dpa/Tim Groothuis
Bild: dpa/Tim Groothuis

Wegen der Verletztenmisere bei Hertha BSC kamen zuletzt vermehrt junge Spieler zum Zug. Doch Bruno Labbadia setzt die jungen Wilden nicht nur wegen mangelnder Alternativen ein. Er will sie fördern und mittelfristig im Profifußball etablieren. Von Jonas Bürgener

"Jugend forscht", hieß es zuletzt wieder vermehrt bei Hertha BSC. Weil die Verletztenliste nach der Corona-bedingten Unterbrechung im Saisonendspurt von Partie zu Partie länger wird, kommen immer mehr auch Spieler aus der eigenen Talentschmiede zu Einsätzen in Herthas Bundesliga-Mannschaft. Bruno Labbadia möchte sie fördern und mittelfristig zu Profi-Fußballern formen. Ein Quintett drängt sich bei den Blau-Weißen besonders auf.

Jessic Ngankam - Wucht für die Offensive

Eines der vielversprechendsten Talente aus Herthas Nachwuchs heißt Jessic Ngankam. Der Stürmer ist bereits seit 14 Jahren im Verein und durchläuft seitdem ein Jugend-Team nach dem anderen. Zuletzt spielte er unter Vereins-Ikone Andreas "Zecke" Neuendorf in der U23 des Klubs. In der mittlerweile vorzeitig beendeten Saison in der Regionalliga Nordost erzielte der U18-Nationalspieler in 22 Partien elf Treffer, dieselbe Anzahl bereitete er vor.

Eine starke Quote, auf die auch Bruno Labbadia nach seinem Amtsantritt schnell aufmerksam wurde. Bereits gegen Hoffenheim feierte Ngankam sein Bundesliga-Debüt unter dem Trainer, im Spiel beim BVB stand er gar eine komplette Halbzeit auf dem Feld. Bemerkenswert: Seine frühe Einwechslung für Dodi Lukebakio erfolgte nicht etwa, weil sich Herthas 20-Millionen-Euro-Einkauf zuvor verletzt hatte, vielmehr erhoffte sich Labbadia frische Impulse und Ideen vom jungen Ngankam. "Er hat definitiv eine Anlage, die wir fördern müssen. Er muss sich jetzt an das hohe Spieltempo in der Bundesliga gewöhnen", sagte Labbadia nach dem Auftritt in Dortmund.

Der 54-Jährige hat Vertrauen in den Nachwuchs. Anders als zuletzt unter Ante Covic, Jürgen Klinsmann und Alexander Nouri bekommen junge Spieler unter dem neuen Coach wieder vermehrt die Möglichkeit, sich zu zeigen - nicht nur wegen der aktuellen Verletztenmisere. Dass bei Hertha BSC auch unabhängig von den vielen personellen Ausfällen fest mit Ngankam geplant wird, bestätigt die Vertragsverlängerung mit dem impulsiven Angreifer im vergangenen Monat. Hertha reagierte auf das stetig wachsende Interesse anderer Klubs aus dem In- und Ausland und stattete den gebürtigen Berliner mit einem langfristig gültigen Arbeitspapier für die Profimannschaft aus.

Lazar Samardzic (l.) im Spiel gegen Eintracht Frankfurt. Quelle: imago images/Nordphoto
Ideenreich und technisch versiert: Lazar Samardzic im Spiel gegen Frankfurt. | Bild: imago images/Nordphoto

Lazar Samardzic - Quirlig und spielerisch elegant

Gemeinsam mit Ngankam ist Lazar Samardzic Herthas größte Hoffnung für die Zukunft. Mit 18 Jahren ist der Mittelfeldspieler sogar noch ein Jahr jünger als Ngankam und war daher in dieser Saison hauptsächlich in Herthas U19 aktiv. Nachdem er aber bereits einige Male bei den Amateuren der Charlottenburgern aushalf (in fünf Spielen vier Mal über 90 Minuten), gelang auch ihm unter Bruno Labbadia der Schritt zu den Profis. Sein Debüt feierte er im Derby gegen Union Berlin, im Anschluss kamen bislang noch zwei weitere Einsätze dazu.

"Lazar ist voll dabei. In den nächsten Wochen und Monaten wird sich zeigen, wie weit er schon ist. Es ist aber keine Frage, dass auch er eine Anlage hat", sagt Labbadia. Auch ihm stellt der Trainer in Aussicht, weiter bei den Profis zum Zug zu kommen - vorausgesetzt Bereitschaft und Einstellung stimmen. Denn auch das betont Labbadia immer wieder: Wer hart arbeitet, dem "öffnen wir die Tür", erklärt der ehrgeizige Ex-Stürmer. Neben seinem technisch hochwertigen Spiel erwartet man sich von Samardzic, der ebenfalls bereits für Deutschlands Jugend-Nationalmannschaften zum Einsatz kam, Torgefahr und Schnelligkeit im Spiel nach vorne. Genau wie bei Ngankam wird auch bei Samardzic spannend zu beobachten sein, ob er bereits in der kommenden Saison, mit dann wieder deutlich stärkerer Konkurrenz, die nächsten Schritte in Herthas erster Mannschaft gehen kann.

Marton Dardai im Dress der deutschen Nationalmannschaft. Quelle: imago images/Eibner
Marton ist der nächste Dardai bei Hertha BSC. Quelle: imago images/Eibner | Bild: imago images/Eibner

Marton Dardai - Der Nächste aus dem Hause Dardai

Die Zeit von Pal Dardai bei den Profis von Hertha BSC ist (vorerst) Geschichte. Doch das nächste junge Talent aus der Dardai-Familie steht bei Hertha BSC auf dem Weg zur ersten Mannschaft bereits in den Startlöchern. Nachdem der 21-jährige Palko Dardai bereits 2018 unter seinem Vater bei den Profis debütierte, wartet sein drei Jahre jüngerer Bruder Marton noch auf seinen ersten Einsatz in der Bundesliga. Doch auch Marton, anders als Bruder Palko in der Defensive beheimatet, hat es längst auf den Radar von Bruno Labbadia geschafft. Seit dem 27. Spieltag stand er bei jeder Bundesliga-Partie im Kader. "Er macht es im Training bereits sehr, sehr gut. Man sieht, dass ihm jede Einheit gut tut und er daran wächst", sagt Labbadia. Vorstellbar also, dass auch Marton schon bald sein Debüt in Herthas Profimannschaft feiert und so die Familiendynastie bei den Blau-Weißen fortsetzt.

Luca Netz & Omar Rekik - Perspektive für die Defensive

Neben Dardai scharren mit Luca Netz und Omar Rekik zwei weitere defensiv ausgerichtete Nachwuchsspieler bereits mit den Hufen. Auch Netz stand mit seinen jugendlichen 17 Jahren bereits im Kader von Bruno Labbadia. Mit einem Einsatz am 29. Spieltag gegen Augsburg wäre er der jüngste Bundesligaspieler in der Klubgeschichte von Hertha BSC geworden. Unglücklicherweise brach sich der Junioren-Nationalspieler, meistens auf der Linksverteidiger-Position zu finden, wenige Tage später im Training den Fuß und wird so auch in den verbleibenden Spielen nicht mehr zu seinem Bundesliga-Debüt kommen.

Omar Rekik (l.) und Luca Netz (r.). Quelle: imago images
Omar Rekik (l.) und Luca Netz (r.) drängen sich in Herthas Defensive auf. Quelle: imago images | Bild: imago images

Zumindest weiter darauf hoffen, kann Omar Rekik. Der jüngere Bruder von Hertha-Verteidiger Karim Rekik stand am 32. Spieltag gegen Freiburg erstmals im Kader und spielt sonst in der Verteidigung von Herthas U19. International sammelte er für Nachwuchsmannschaften der Niederlande und von Tunesien erste Erfahrungen. Karim Rekik schwärmt verständlicherweise bereits jetzt von seinem jüngeren Bruder: "Omar ist groß und unglaublich talentiert, kann in der Innenverteidigung und im defensiven Mittelfeld spielen", beschrieb Rekik die fußballerischen Eigenschaften des 18-jährigen Omar Anfang des Jahres gegenüber der B.Z. "Es wäre ein Traum, wenn wir beide zusammen im Olympiastadion für Hertha auflaufen würden“.

Den Traum von Spielen im Olympiastadion träumen wohl alle Jugendspieler bei Hertha BSC. Ngankam, Samardzic, Dardai, Netz und Rekik haben gute Chancen, ihn mittelfristig unter Bruno Labbadia auch zu leben.

Beitrag von Jonas Bürgener

2 Kommentare

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  1. 2.

    Na, Rest der Saison kann ja getestet werden, Liga ist vorbei und die wenigen Spiele kann Hertha gegen Topteams experimentieren.

  2. 1.

    Nun sollen die auch endlich mal was zeigen, man kann sich nicht immer nur auf dem Jugend und Talente Status ausruhen, in anderen Mannschaften scheint das doch auch zu funktionieren.
    Also Hertha bubis gebt alles und zeigt endlich was in euch steckt !

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