Ambitionierter Sechtsligist - Wie geht es weiter bei Berlin United?

Do 02.07.20 | 21:11 Uhr | Von Mathias Ehlers
Eine Bande mit der Aufschrift "Berlin United" (Foto: imago images / Matthias Koch)
Bild: imago images / Matthias Koch

Berlin United wollte hoch hinaus und den Berliner Fußball aufmischen. Doch nach dem Rücktritt des ambitionierten Präsidenten Stefan Teichmann steht der Sechstligist nun am Scheideweg. Von Mathias Ehlers

Die schlechten Nachrichten rund um den Berlinligisten Berlin United häuften sich zuletzt. Der anvisierte Aufstieg in die Oberliga hatte sich schon vor der Corona-Zwangspause erledigt, der Vertrag mit Trainerhoffnung Fabian Gerdts wurde nicht verlängert und zahlreiche Leistungsträger verließen den Klub. Und nun hat auch noch der erste Vorsitzende Stefan Teichmann hingeschmissen. Mit dessen Rücktritt ist unklar, was aus den hehren Zielen des Klubs mit dem so international klingenden Namen wird.

Ex-Berlin United-Präsident Stefan Teichmann (Foto: imago images / Matthias Koch)
Stefan Teichmann | Bild: imago images / Matthias Koch

"Einen Schritt zurück, um zwei Schritte nach vorne zu machen"

Unklar sind auch Teichmanns Motive. Ein mit rbb|24 verabredetes Interview sagte er kurzfristig ab. Einzig auf "fupa.net" äußerte Teichmann sich öffentlich, allerdings auch recht nebulös: "Es ist richtig, dass ich am heutigen letzten Tag (Anm.: der 30.6.) der zurückliegenden Saison als Präsident von Berlin United zurücktrete. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten. Zuallererst bei den Trainern und tollen Spielern, sowohl im Jugendbereich wie auch beim Team der Berlin-Liga, für eine tolle Saison, in der zwar unser Ziel nicht erreicht wurde, aber letztendlich auch ein starker 4. Platz überzeugte. In den letzten drei Jahren haben mich viele positive Momente begleitet. Durch Corona habe ich aber auch die Zeit gefunden, mein eigenes Handeln zu reflektieren und ich habe festgestellt, dass ich nicht mehr auf meinem eigenen Weg zielgerichtet nach vorne laufe. Da möchte ich wieder hin. Das heißt, ich gehe einen Schritt zurück, um zukünftig zwei Schritte nach vorne machen zu können."

Ein Nachwuchsleistungszentrum auf Mallorca

Wie es nun weitergeht bei Berlin United? Zunächst übernimmt der bisherige 2. Vorsitzende Giovanni Bruno Teichmanns Platz, darüber hinaus ist vieles fraglich. Eine Stellungnahme des Vereins wurde für Anfang Juli angekündigt, steht aber noch aus. Aber klar ist, dass auf Berlin United schwere Zeiten zukommen werden. Denn im Grunde war Teichmann nicht nur der Präsident des Klubs aus Berlin-Westend, er war vielmehr die Triebfeder eines wagemutigen Projekts.

Der gebürtige Rostocker gründete den Verein Anfang 2018. Zunächst nur mit Jugendmannschaften, weil ihn die Strukturen im Berliner Nachwuchsfußball nervten und er es besser machen wollte. Kurz darauf fusionierte Berlin United mit dem Club Italia, stieg damit in den Männerfußball ein und entwickelte große Pläne. Ein nachhaltiges Projekt sollte es werden, mit Nachwuchsleistungszentren in Berlin und auf Mallorca, einem neuen Stadion und einer internationaler Geltung, die Teichmann vor zwei Jahren in der "Berliner Zeitung" skizzierte: "Den Berliner Primus Hertha BSC kennt jeder in der Stadt und in Deutschland, aber fragt man in Paris oder London nach Hertha, schütteln viele mit dem Kopf. In Berlin aber kennen alle Fußballfans etwa Paris St. Germain oder Arsenal London. Ich denke, in Berlin ist genügend Platz für einen neuen Klub, der überregional spielt."

Thomas Häßler gestikuliert am Spielfeldrand. (Quelle: imago/Matthias Koch)
Thomas Häßler als Trainer von Berlin United | Bild: imago/Matthias Koch

Thomas Häßler musste gehen

Zumindest auf Facebook schien der Plan aufzugehen. Mehr als 10.000 Fans folgen dort Berlin United, eine stattliche Zahl für einen Sechstligisten ohne patinageschwängerte Tradition. Allerdings liegen die jüngsten Posts schon ein Weilchen zurück, von den aktuellen Verwerfungen ist dort nichts zu lesen.

Vielleicht kamen die vielen Facebook-Fans aber auch nur zusammen, weil zunächst sogar ein leibhaftiger Fußballweltmeister involviert war: Thomas Häßler, gebürtiger Berliner und allseits als "Icke" bekannt. Als Trainer sorgte "Icke" nicht nur für eine gewisse Aufmerksamkeit, sondern auch für Erfolg in Form des Aufstiegs in die Berlinliga 2019. Trotzdem musste Häßler seinen Stuhl im vergangenen Sommer räumen, Teichmann traute ihm die Weiterentwicklung des Teams nicht zu.

Stattdessen kamen Fabian Gerdts und etliche Spieler, die schon Erfahrungen im höherklassigen Fußball gesammelt haben. Unter ihnen etwa Thiago Rockenbach da Silva, einst für Fortuna Düsseldorf und RB Leipzig am Ball. Die Finanzierung? Besorgte Teichmann – wie auch immer, denn der dynamische Architekt sprach kaum über Zahlen, sondern lieber über seine Visionen mit Berlin United. Einen Klub für Berlin und Brandenburg hatte er im Kopf, unabhängig von Kiezpatriotismus oder Ost-West-Befindlichkeiten.

Mit solchen Ambitionen dürfte es nach Teichmanns Rückzug aber vorbei sein.

In einer früheren Version verwiesen wir auf Gerüchte zu Zahlungsschwierigkeiten des Klubs. Diesen Verweis haben wir entfernt.

Beitrag von Mathias Ehlers

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