Interview | Transfermarkt-Experte Philipp Marquardt - "Es gibt kaum Namen, die nicht mit Hertha in Verbindung gebracht wurden"

Fr 24.07.20 | 16:27 Uhr
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Club-Präsident Werner Gegenbauer (l-r), Investor Lars Windhorst und Sport-Geschäftsführer Michael Preetz (Quelle: dpa/Andreas Gora)
Bild: dpa/Andreas Gora

Die Corona-Pandemie hat den Fußball durcheinandergewirbelt. Nicht nur die Ligen mussten sich neu sortieren, auch auf dem Transfermarkt herrscht ein anderes Klima. Transfer-Experte Philipp Marquardt spricht über gesunkene Ablösen und Herthas "Big City"-Ambitionen.

Das Internetportal transfermarkt.de ist in Sachen Ablösesummen, Transfergerüchte und Statistiken eines der maßgebenden in Deutschland. Die im Jahr 2000 gegründete Webseite entwickelte sich kontinuierlich zu einer wichtigen Informationsquelle für Sportjournalisten und Fußballfans. Die Corona-Pandemie hat den Fußball und vor allem den Transfermarkt verändert. Das merkt auch transfermarkt.de-Redakteur Philipp Marquardt.

rbb|24: Herr Marquardt, hat die Corona-Krise den Transfermarkt unberechenbarer gemacht?

Philipp Marquardt: Das kann man so sagen. Die Transferfenster verschieben sich und Ablösesummen sind andere als vor einem Jahr. Das bestätigen auch Protagonisten aus der Branche. Viele Dinge werden diesmal anders laufen als gewohnt.

Was auffällt: Die Ablösesummen scheinen zu fallen, und auch die Gehälter. Warum ist das so? Es ist doch davon auszugehen, dass die großen Player in Spanien, Italien oder England immer noch reichlich mit Geld ausgestattet sein werden...

Dazu gibt es ein aktuelles Zitat von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge: "Am Transfermarkt haben sich die Summen zwischen den Klubs schon deutlich nach unten bewegt." [sportbild.de] Das mag bei den Gehältern noch nicht ganz der Fall sein. Die Vereine müssen aber, auch wegen des fehlenden Publikums, besser haushalten. Es ist ein Vabanquespiel. Einerseits möchte man auf dem Transfermarkt nicht viel ausgeben, andererseits sollen die abzugebenden Spieler für möglichst viel Geld verkauft werden. Es wird ein sehr zäher Poker, der sich in den Ligen anbahnt. Auch in England, man mag es kaum glauben, sind die Vereine, bis auf wenige Ausnahmen, eher vorsichtig.

Auf Ihrem Portal transfermarkt.de sammeln Sie alle möglichen Informationen zu allen möglichen Spielern auf der ganzen Welt. Wie bündeln und verarbeiten Sie die diese, sodass eine seriöse Tendenz herauskommt?

Die Marktwerte setzen sich aus vielen Aspekten zusammen. Die Leistungsdaten, das Potenzial oder das Alter eines Spielers. Aber auch die Vertragslaufzeit. Was in den letzten Jahren immer mehr hinzukam, war das Marketingpotenzial eines Spielers: Wie viele Follower in den sozialen Medien er hat, beispielsweise. Es spielt nicht mehr nur das sportliche Element auf dem Platz eine Rolle. Die Zeiten, in denen Facebook und Co nur eine kleine Rolle gespielt haben, sind vorbei.

Schauen wir auf die Berliner Bundesligisten: Wie positionieren sich die beiden auf dem Transfermarkt?

Was bei Hertha passiert, ist sehr spannend zu beobachten. Die Regel, dass Corona die Planung torpediert, ist bei Hertha ein wenig außer Kraft gesetzt worden. Mit Lars Windhorst und seinen Millionen ist man gut gerüstet und kann ordentlich shoppen gehen. Einen Neuzugang hat Hertha mit Lucas Tousart für 25 Millionen schon vor Monaten geholt. Aber es sollen noch fünf weitere Neuzugänge dazukommen. Torwart, rechter Verteidiger, Mittelfeld, offensive Außenbahn, Sturm - es sind viele Positionen zu besetzten. Es gibt gefühlt kaum einen Namen, der noch nicht mit Hertha in Verbindung gebracht wurde. Man möchte sich als "Big City Club" aufstellen. Bisher fehlt aber auf vielen Positionen noch der Vollzug. Im Tor ist man mit der langjährigen Nummer eins, Rune Jarstein, nicht mehr so zufrieden. Andere prominente Namen wie Götze oder Draxler werden wohl eher nicht kommen. Das ist dann auch ein bisschen Wunschdenken. Aber letztendlich werden genug Namen kommen, die Potenzial versprechen, aber auf den ersten Blick nicht so prominent klingen.

Und bei Union Berlin?

Union wird sicherlich eingeschränkter vorgehen. Da hat man mit Sebastian Griesbeck und Niko Gießelmann schon zwei ablösefreie Spieler geholt. Im Tor muss nach dem Abgang von Publikumsliebling Rafal Giekiewicz auf jeden Fall was passieren.

Wird diese Corona-Krise den Transfermarkt auf Dauer verändern, oder ist das nur eine "kleine Delle" und alles wird in ein oder zwei Jahren wieder so sein wie vorher?

So richtig lässt sich das ehrlicherweise nicht beantworten. Man wird schauen müssen, wie sich die Einnahmen entwickeln, ob das Publikum beispielsweise zeitnah wieder in die Stadien kann. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass wir auf jeden Fall im nächsten halben bis ganzen Jahr die Nachwirkungen spüren werden.

Das Gespräch führte Nikolaus Hillmann. Es handelt sich um eine gekürzte und redigierte Fassung.

Sendung: Inforadio, 25.07.2020

4 Kommentare

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  1. 4.

    Hertha ist wie Herta einfach nur Wurst. Schon funktioniert der Joke.
    Merke: wer zuletzt lacht... :-)

  2. 3.

    Na klar mit herta dem wursthersteller sicherlich.
    Merke, pseudo Jokes funktionieren nur, wenn man auch richtig schreiben kann.

  3. 2.

    Was heist Götze oder Draxler werden eher nicht kommen.Glücklicherweise.Wenn bei Hertha wirklich ein Umdenken stattgefunden hat,dann junge talentierte Spieler und auch " alte Hasen" mit Hertha Identifikation.Da gab es doch in der Vergangenheit den einen oder anderen.Aber Götze oder vielleicht sogar Özil die nur gelegentlich ihr Können zeigen ,sind keine Spieler die eine Manschaft mitreissen und nach vorne peitschen,wenns nicht läuft sind die in Gedanken schon unter Dusche.Boateng ,Kevin Prince würde passen und sein Bruder auch.Beide Top Teamplayer die immer alles geben auf dem Platz,Jerome kümmert sich ja jetzt auch wieder weniger um seine Fummel ,Brillen und Glitzerwelt.

  4. 1.

    Wird denn Donald Trump auch mit Herta in Verbindung gebracht? Der würde jedenfalls gut passen.

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