Interview | Füchse-Manager Bob Hanning - "Meine Grundhaltung ist klar: Wir müssen spielen"

Sa 04.07.20 | 20:05 Uhr
Füchse-Manager Bob Hanning (Quelle: imago images/Andreas Gora)
Audio: Inforadio | 04.07.2020 | Interview mit Bob Hanning | Bild: imago images/Andreas Gora

200 Millionen Euro Nothilfe vom Bund bekommen die Profivereine - Fußball-Bundesligen ausgenommen - in der Corona-Krise. Davon profitieren auch die Füchse Berlin. Manager Bob Hanning erklärt, wie das Geld eingesetzt wird und spricht über die Zukunft der Liga.

rbb|24: Herr Hanning, wie hat sich das ergeben, dass den deutschen Profiligen vom Bund 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden?

Bob Hanning: Man hat sich dazu entschlossen, den Ballsportarten ein Stück weit unter die Arme zu greifen und auch der 3. Liga im Fußball, die durch die fehlenden Zuschauereinnahmen erhebliche Ausfälle zu verzeichnen haben. Das, was an Ausfällen letzten Endes nicht erwirtschaftet werden kann, gibt es dann als einmalige Unterstützung.

Aus anderen Ballsportarten ist zu hören, dass die Zuschauereinnahmen um die 40 bis 50 Prozent des Etats ausmachen. Wie stellt sich denn die Situation speziell im Handball dar?

Das ist bei uns nicht der Fall. Wir liegen ungefähr bei 25 Prozent, wenn man von VIP-Karten absieht, die in Sponsorenpakete integriert sind. Wenn man das zusammenrechnet, kommt man natürlich sehr schnell auf 30 bis 40 Prozent.

Wie wird das Geld denn verteilt: Solidarisch unter allen oder nach einem Leistungsprinzip?

Es ist so geplant, dass man tatsächlich die Zuschauerausfälle, die man hat, ersetzt bekommt. Natürlich gibt es da auch eine Kappungsgrenze von 800.000 Euro pro Profiklub. Das hat den ganz großen Vorteil, dass wirklich nur die Verluste ausgeglichen werden können und gerade auch bei den Frauen, in der 2. Handball-Bundesliga oder bei vielen andere Mannschaften, die von den Zuschauereinnahmen abhängig sind, diese Ausfälle ein Stück weit aufgefangen werden können.

Die Füchse haben im Zuge der Corona-Krise die Verträge mit mehreren Spielern aufgelöst. Wie sieht die finanzielle Lage aus. Müssen Sie noch weitere Spieler gehen lassen?

Ich habe ja gesagt, wir waren sehr lange auf Treibsand unterwegs. Ich habe mich da auch sehr unwohl gefühlt. Jetzt sind wir auf Sand und man sieht die Straße. So ist das glaube ich ganz gut umschrieben. Wir haben viele Maßnahmen eingeleitet. Wir haben natürlich in allererster Linie gesagt, wir helfen uns selbst und haben das harmonisch und freundschaftlich mit unseren Partnern, Sponsoren und unseren Zuschauern bewältigt. Aber jeder von uns weiß ja nicht, was noch auf uns zukommt und mit wie vielen Zuschauern wir wirklich planen können. Es gibt noch eine Vielzahl an Fragen, die wir jetzt gar nicht beantworten können. Aber ich bin sehr dankbar, dass uns aufgrund unserer Nachwuchsarbeit so viele Menschen unterstützen.

Verträge mit Neuzugängen werden ja oft schon rechtzeitig gemacht - und ich glaube, bei den Füchsen wurden viele schon vor der Coronakrise geschlossen. Können Sie da auch bei den neuen Spielern auf das Verständnis hoffen, dass man weiterhin auf Gehalt verzichtet?

Ich habe unseren Spielern unsere Situation vor zwei Wochen in einem persönlichen Gespräch sehr offen und transparent erörtert. Ich bin davon überzeugt, dass die Spieler uns auch ein stückweit mit unterstützen werden, weil sie ein Teil der Lösung sein müssen. Aber ich sage ganz klar: Sie dürfen nicht die Lösung sein. So einfach darf man es sich in den Bundesligen auch nicht machen. Man muss gemeinsam gucken, wie sich die Situation weiter entwickelt. Wenn die Jungs wiederkommen, werden wir sehr offen und transparent sprechen. Wenn wir Situationen wie die mit dem Hilfspaket haben oder uns Sponsoren auch helfen, werden wir das alles mit einrechnen. Es geht ja nicht darum, dass wir uns daran bereichern, sondern ums Überleben. Ich habe auch unseren Spielern gesagt: Wir haben es im Laufe der 16 Jahre geschafft, eine Gewinnrücklage von 400.000 Euro zu erwirtschaften. Die haben wir jetzt komplett in die Auflösung der Verträge mit einfließen lassen. Es ist schon so, dass die Spieler ihren Teil dazu beitragen müssen. Ich bin auch sicher, dass sie das, egal ob jung, alt oder neu, machen werden. Aber es ist natürlich ein Stückchen einfacher, darüber mit Spielern wie Paul Drux oder Fabian Wiede zu reden, die seit Kindertagen Handball bei uns spielen, als mit einem erfahrenen Profi, der gerade neu dazukommt oder dessen Vertrag in der kommenden Saison ausläuft.

Alle hoffen darauf, dass irgendwann wieder Fans in die Hallen kommen dürfen. Sie haben sich im Olympiastadion angeschaut, wie Hertha BSC das Konzept der DFL umsetzt. Welche Eindrücke haben Sie da gesammelt und wie lässt sich das für den Handball verwerten?

Wenn man sich so ein Spiel anschaut, fragt man sich, warum wir das Ganze machen. Wir machen Sport, um die Leidenschaft rüberzubringen, miteinander zu leiden und sich zu freuen. Deshalb hoffen wir natürlich, dass wir bald wieder mit Zuschauern spielen dürfen - vielleicht sukzessive nach vorne gerichtet. Aber das ist schon sehr professionell bei Hertha abgelaufen und ich war schwer beeindruckt, wie man das Hygienekonzept umsetzt. Aber auch so ein Hygienekonzept wird den Handball sehr viel Geld kosten und daher gibt es immer die Diskussion: Spielen wir oder spielen wir nicht? Meine Grundhaltung ist klar: Wir müssen spielen, aber da werden sicherlich auch noch Kosten auf uns zukommen, mit denen wir gar nicht so gerechnet haben. Und ansonsten hoffe ich, dass wir möglichst viele Menschen sicher in unsere Hallen bringen können.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Nik Hillmann, rbb Sport. Es handelt sich um eine leicht gekürzte und redigierte Version. Sie können das Gespräch mit einem Klick ins Titelbild nachhören.

Sendung: Inforadio, 04.07.2020, 17:30 Uhr

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