Porträt | Schach-Profi Niclas Huschenbeth - Der youtubende Großmeister

Mo 24.08.20 | 15:52 Uhr | Von Uri Zahavi
Niclas Huschenbeth während eines Duells. Quelle: Maria Emelianova
Audio: Inforadio | 16.08.2020 | Astrid Kretschmer | Bild: Maria Emelianova

Schach ist das Spiel der Denker und Grübler. Der Sport boomt - vor allem im Netz. Mitverantwortlich dafür: Niclas Huschenbeth, Deutschlands präsentester Schachspieler, der seit einigen Jahren in Berlin lebt. Von Uri Zahavi

Niclas Huschenbeth ist Profi beim FC Bayern München. Moment mal. Huschenbeth? Noch nie gehört. Der 28-Jährige ist tatsächlich auch kein Neuzugang für Rechtsaußen. Und auf dem Rasen in der Allianz-Arena hat er auch noch nie gespielt. Niclas Huschenbeth ist Schachspieler. Das Brett ist seine Bühne - und das schon, seit er vier Jahre alt war. "Die Faszination des Schachs liegt für mich vor allem darin, dass es immer etwas Neues zu entdecken gibt. Nach bereits nur zwei Zügen von beiden Seiten gibt es über 5.000 mögliche Stellungen auf dem Brett", erzählt der Wahl-Berliner, der seit drei Jahren in der Hauptstadt zu Hause ist.

Deutscher Meister, Großmeister, Youtube-Star

Zunächst brachte ihm sein Vater das Schachspielen bei. Mit neun Jahren spielte er im Verein, mit 18 wurde er Deutscher Meister. Seit 2012 darf sich Niclas Huschenbeth Großmeister nennen. Was ein bisschen nach mittelalterlichem Ritterorden klingt, ist neben dem Weltmeistertitel die höchste Auszeichnung im Schach. Nur gut 1.700 Menschen weltweit tragen diesen Titel. Zur Einordnung: Mehr als eine halbe Milliarde Menschen beherrschen nach eigenen Angaben das Spiel.

Schach - das klingt für manche immer noch etwas elitär und überintellektuell. Überspitzt gesagt: unsexy. Doch passionierte Aktive wie der Wirtschaftspsychologie-Student Huschenbeth schrauben am Image des Spiels, indem sie es beispielsweise in die sozialen Netzwerke tragen und so einem jüngeren Publikum zugänglich machen.

Um beim Vergleich mit den Fußballprofis des Rekordmeisters FC Bayern zu bleiben, ist Huschenbeth quasi der Philippe Coutinho des deutschen Schachsports. Klar, während der brasilianische Fußballstar 22,5 Millionen Follower bei Instagram hat, backt Huschenbeth mit gut 62.000 Followern bei Youtube kleinere Brötchen. Trotzdem: "Während des Studiums hatte ich ein Semester, da hatte ich sehr viel Zeit und habe angefangen, jeden Tag ein Video zu veröffentlichen. Dann hat das richtig Fahrt aufgenommen." Einige Videos verzeichneten sogar sechstellige Abrufzahlen.

Internet statt Präsenz

Zunächst kommentierte Huschenbeth online Spiele, dann fing er an, seiner Followerschaft zu zeigen, wie er warum bei eigenen Partien gehandelt hat und was er hätte besser machen können. Eine interne Spielanalyse 2.0 sozusagen - und doch für alle zugänglich. "Ich glaube, selbst der Weltmeister Magnus Carlsen, für viele bereits der beste Spieler aller Zeiten, würde nicht behaupten, dass er das Spiel komplett durchdrungen hat. Das macht den Reiz aus". Diesen Reiz gilt es für Huschenbeth zu transportieren.

Klar, die Corona-Zeit habe auch den Schach-Sport hart getroffen, sagt er. Aber: "Das Schöne am Schach ist, dass wir Präsenzveranstaltungen auch einfach ins Internet verlegen können". Wer Niclas Huschenbeth vor der Kamera beobachtet, spürt die Leidenschaft förmlich aus dem Bildschirm herausspringen. Emotionalität gehört für ihn auch beim Schach dazu. Im vergangenen Jahr habe er nach einem Sieg sogar mal die berühmte Becker-Faust nachgehamt.

Das kam sogar in der sonst eher ruhigen und mit großen Gesten geizenden Schachwelt ganz gut an. Ein Wettkampftyp eben, der Huschenbeth, der in seiner eigenen Schachschule Amateuren das Handwerk beibringt. Das Interesse sei so groß wie nie zuvor.

"Manchmal gewinnst du, manchmal lernst du dazu"

Final gilt es dann eigentlich nur noch zwei Fragen zu klären. "Ist Schach überhaupt Sport", werde er öfter gefragt. Seine Antwort: "So wie ich mich nach den Partien manchmal fühle, auf jeden Fall ja." Die Konzetration über Stunden aufrecht zu erhalten, in dem Wissen, dass ein einziger Fehler alles zunichte machen könnte, "das schlaucht".

Und die vielleicht zweitwichtigste Frage: Macht Schach glücklich? "Vor allem, wenn man gewinnt", antwortet Huschenbeth und lacht. "Manchmal gewinnst du, manchmal lernst du dazu", lautet ein Zitat auf Huschenbeths Homepage. In der stärksten Liga der Welt, das ist die deutsche Bundesliga nämlich, wird er in Zukunft wahrscheinlich weiterhin beides tun. Im Schach spielt der FC Bayern im Gegensatz zu den Profis übrigens um den Klassenerhalt und nicht um die Meisterschaft. Niclas Huschenbeth will vorne weg gehen - für den FC Bayern und den deutschen Schach-Sport.

Sendung: Inforadio, 02.08.2020, 14:24 Uhr

Beitrag von Uri Zahavi

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