Grün-Weiß Neukölln im DFB-Pokal - Mit neuen Schuhen aufs große Parkett
Es ist das Spiel ihrer Karriere: Die Frauen des BSV Grün-Weiß Neukölln dürfen in der ersten DFB-Pokalrunde gegen Bundesligist Meppen antreten. Schon die Vorbereitung bietet besondere Erlebnisse. Von Simon Wenzel
Vor der Arbeit muss Mareile Scheidemann noch fix zum Corona-Test. Es ist der zweite in dieser Woche und das ohne Symptome. Im Prinzip ist dieser Doppeltest so etwas wie ein Statussymbol: Präventive Corona-Tests gehören im Profifußball seit einiger Zeit dazu und "Meili" darf sich in dieser Woche mal ein bisschen so fühlen wie eine Profifußballerin. Denn mit ihrer Mannschaft, Grün-Weiß Neukölln, steht sie in der ersten Runde des DFB-Pokals und spielt dort am Samstag (14 Uhr) gegen das Bundesligateam SV Meppen.
"Meili" musste erstmal Rasenschuhe kaufen
Es ist ein Ausflug, denn eigentlich spielen die Frauen des BSV Grün-Weiß in der Berlin-Liga, der vierten Liga. "Wir waren ja schon im Landespokal-Finale, das war schon aufregend", erzählt Scheidemann und beschreibt: "Dass da auf einmal alles geregelt ist: Ich glaube, das ist für die im Verein, die es organisieren müssen, unseren Trainer und so, sehr, sehr anstrengend. Aber es ist schon ein cooles Gefühl." Statt auf ihrem Kunstrasenplatz an der Johannisthaler Chaussee spielen die Neuköllnerinnen am Samstag im Mariendorfer Volksparkstadion, auf Rasen.
Dafür hat sich Mareile Scheidemann extra neue Schuhe gekauft, schließlich kicken sie sonst nur ein paar Mal pro Saison auf Rasen. Die defensive Mittelfeldspielerin steht in letzter Zeit oft nicht mehr in der Startelf - sie schafft es nur noch selten zum Training, denn "Meili" moderiert abends auf Radio Fritz den "Blue Moon" und am Wochenende auf Radioeins die Bundesliga-Sendung "Arena Liga Live".
Per Whatsapp gibt es Tipps von Turbine
Zwei Mal die Woche wird bei Grün-Weiß trainiert - die Coronatests zu organisieren, war gar nicht so einfach. Alle Spielerinnen mussten zum Arzt und ihre Termine irgendwie um ihre Arbeit herum organisieren. Eine Mitspielerin kam gerade erst aus dem Urlaub zurück und musste noch schnell hinter der Grenze einen Test absolvieren, damit sie im Pokal spielen darf. "Da sieht man halt, dass wir nicht die Profis sind, die jeden Tag eh auf dem Platz sind und dann Zeit haben so einen Test zu machen. Wir müssen das irgendwie in unseren Alltag integrieren", sagt Scheidemann.
Immerhin konnte sie über die Gegnerinnen schon ein paar Dinge in Erfahrung bringen. Per Whatsapp gab es Tipps von Turbine Potsdam, die spielten am vergangenen Wochenende in der Bundesliga gegen Meppen und wussten zu berichten, dass die Niedersachen "gut körperlich" spielen. Große Träume will Mareile Scheidemann lieber nicht formulieren, sie geht das ganze eher realistisch an: "Wahrscheinlich bleibt es bei der ersten Runde."
Aber immerhin das Erlebnis soll besonders werden. Umso schöner, dass beim DFB-Pokaldebüt des Teams Zuschauer erlaubt sein werden. "Das ist mega geil und die ganze Mannschaft freut sich da drauf", sagt Meili. Denn bei ihrem Erfolg im Landespokal-Halbfinale gegen Stern 1900 und der anschließenden Finalniederlage gegen Regionalligist Viktoria waren keine Zuschauer im Stadion erlaubt.
"10 bis 15 Leuten" hat sie schon Bescheid gesagt, die Neuköllnerinnen hoffen auch auf ihre Männermannschaft. "Die unterstützen uns voll. Im Halbfinale standen sie sogar schon auf dem Parkplatz und durften aber nicht rein. Dann haben sie das Spiel im Livestream geguckt. Nach dem Sieg haben sie uns beim nächsten Training einen Kasten Bier auf den Platz gebracht und alle zusammen applaudiert, das war wirklich richtig süß", erinnert sich Meili.
Finanziell wird der besondere Ausflug kaum belohnt
Ein tolles Erlebnis für den Amateurklub - das verbindet die Träume der Frauen von Grün-Weiß Neukölln mit den Landespokalsiegern, die jedes Jahr im DFB-Pokal der Männer vom großen Wurf träumen. Was anders ist: Die Frauen kriegen für ihren sensationellen Einzug in die erste Hauptrunde kaum Geld: Mit gerade mal 2.500 Euro rechnen sie in Neukölln. Zum Vergleich: Bei den Männern bekommt jeder Erstrunden-Teilnehmer in diesem Jahr 137.000 Euro - es zeigt einmal mehr die (Miss-)Verhältnisse zwischen Männer- und Frauenfußball auf.
Die Pokal-Geschichte des kleinen Vereins macht es aber vielleicht umso romantischer: Es geht nicht ums große Geld für die Frauen von Grün-Weiß Neukölln - sondern darum, sich ein Mal zu fühlen wie die Profis.