Interview | Maximilian Philipp vom VfL Wolfsburg - "Im Wedding gab es keine Fouls, außer es hat einer geblutet"

Sa 31.10.20 | 07:23 Uhr
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Maximilian Philipp in einem Spiel des VfL Wolfsburg. Quelle: imago images/Jan Huebner
Bild: imago images/Jan Huebner

Der gebürtige Berliner Maximilian Philipp wurde in der U15 bei Hertha BSC aussortiert. In die Bundesliga hat er es dennoch geschafft und trifft am Sonntag mit Wolfsburg auf seinen Ex-Klub. Ein Interview über seinen Weg, Käfige im Wedding und Tattoos.

rbb|24: Was ist das Erste, das Ihnen einfällt, wenn Sie an Berlin denken?

Maximilian Philipp: Heimat.

Dahin sind Sie in diesem Sommer aber nicht zurückgewechselt, sondern zum VfL Wolfsburg. Warum?

Ein Wechsel nach Wolfsburg war ja schon letztes Jahr interessant für mich und ich hätte es auch gerne gemacht. Es hat im Endeffekt aber nicht geklappt. Dass der Wechsel in diesem Jahr noch so schnell und kurzfristig geklappt hat, ist schön. Da musste ich nicht viel überlegen, auch, weil es sehr nah an meiner Heimat ist.

Sie sind in Berlin aufgewachsen und haben zuletzt in Moskau gelebt. Wolfsburg ist zwar dank Volkswagen weltbekannt, aber nicht gerade eine pulsierende Metropole. Wie kommen Sie denn mit diesem Kontrast zurecht?

Sehr gut. Die Wege sind natürlich nicht weit zu mir nach Hause, zum Trainingsgelände oder zum Hauptbahnhof. Wenn ich nach Berlin will, fahre ich ja meistens mit der Bahn. Mit dem ICE brauche ich da nur 50 Minuten. Für mich ist es super. Ich habe hier meine Ruhe und kann mich auf den Fußball konzentrieren. Und wenn ich frei habe, kann ich meine Familie besuchen.

Als Kind haben Sie viel auf Bolzplätzen im Wedding gespielt. Eine fußballerische Schule, von der viele heute sagen, sie würden den Nachwuchskickern der aktuellen Generation fehlen. Sehen Sie das auch so und worin liegen denn die Vorteile des Käfigspiels?

Man lernt viel über Zweikämpfe, über Eins-gegen-Eins-Situationen. Das merkt man als kleiner Junge natürlich nicht, aber im Unterbewusstsein wird abgespeichert, dass man viele kleine Zweikämpfe und technische Situationen lösen muss. Und man braucht einfach diese Kreativität auf dem Bolzplatz. Ich glaube, das ist das, was damit gemeint ist.

Der Wedding ist - das ist weit über die Bezirksgrenzen bekannt - eher ein hartes Pflaster. Was waren das damals für Umstände, in denen Sie gezockt haben? Wie lange wurde gespielt, was waren die Regeln?

Ich war nur ab und zu im Wedding, weil da einer meiner besten Kumpels gewohnt hat. Da war direkt ein Käfigplatz und die Regeln waren eigentlich ganz simpel. Fouls gab es nicht wirklich, außer, es war wirklich übertrieben oder einer hat geblutet. Ansonsten gewinnt natürlich das letzte Tor, egal, wie hoch du geführt hast. Und wer den Ball mitgebracht hat, entscheidet, wann das Spiel vorbei ist.

Die U13-Mannschaft von hertha BSC 2006. Bild: imago-images/Camera 4Maximilian Philipp spielte in Herthas U13 gemeinsam mit Christopher Lenz und Robert Andrich.

Sie haben dann im Nachwuchs von Hertha BSC gespielt, wurden aber mit 15 Jahren aussortiert. Was ist da passiert?

Ich war dem damaligen Trainer in der U15 zu klein und zu schmächtig, zu langsam. Da gab es Spieler, die schon 1,70 oder 1,80 Meter groß waren. So groß war ich in dem Alter noch nicht.

Sie sind ja dann ins Fitnessstudio gegangen, um auch die Defizite ein bisschen anzugehen. Ist das auch eine Art Motivation gewesen? Dass man sagt: Ich weiß, wie es sich anfühlt, den Traum vor den Augen zerrinnen zu sehen und will mich nicht nochmal unterbuttern lassen?

Natürlich ist sowas auch eine Motivation, wenn man gesagt bekommt, man schafft es nicht und dann schafft man es im Endeffekt doch. Ich glaube, das ist auch eine Genugtuung für mich und zeigt, dass man alles schaffen kann, was man will.

Wer hat es denn aus ihrem Jahrgang noch geschafft, sich durchzusetzen?

Christopher Lenz zum Beispiel oder Robert Andrich. Mit ihnen habe ich auch noch Kontakt. Chrissi habe ich letzte Woche erst gesehen.

Jetzt geht es mit Wolfsburg in der Bundesliga gegen Hertha BSC. Wie schätzen Sie denn Ihren ehemaligen Klub derzeit ein?

Sie haben natürlich einige Spieler dazu geholt. Die Frage ist, wie schnell sie sich finden und zu einer richtigen Einheit werden, damit sie das Potential auch abrufen. Sie haben gute Transfers getätigt und dann wird man am Ende des Jahres schauen, wo sie gelandet sind. Aktuell sind sie noch in der Findungsphase.

Sie haben ziemlich viele Tattoos, die alle auch eine Bedeutung haben. Gibt es denn da eins, das irgendwie an Berlin erinnert?

Nein, noch nicht. Da bin ich noch dran.

Aber die Überlegung gibt es schon?

Ja, aber ich muss das erst mit meiner Mutter verhandeln. (lacht) Die ist von keinem Tattoo begeistert. Ich muss das alles immer gut verhandeln.

Sollte es jemals dazu kommen, dass Hertha BSC einen Spielertypen wie Maximilian Philipp gebrauchen könnte: Würden Sie sich ein Angebot anhören oder sind Sie noch sauer?

Sauer bin ich gar nicht mehr, eher dankbar. In den acht Jahren, in denen ich da war, habe ich so viel gelernt und mitgenommen und so viele Menschen kennengelernt, zu denen ich heute noch Kontakt habe. Deswegen werde ich auch immer dankbar sein und würde mir das grundsätzlich auch erstmal anhören.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Ilja Behnisch, rbb Sport.

Sendung: Inforadio, 31.10.2020, 10:15 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    "Als Kind haben Sie viel im Wedding gespielt." -"Ich war nur ab und zu im Wedding..." *lol*

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