Präsident des 1. FC Unon im Zeitungsinterview - Zingler zählt auf die eisernen Reserven
Der 1. FC Union spielt derzeit so erfolgreich Fußball, wie selten zuvor. Mannschaft und Verein laufen in der Krise zur Höchstform auf. In der Berliner Zeitung erklärt Präsident Zingler, woher Union Kraft und Geld schöpft - trotz Coronakrise.
Der 1. FC Union profitiert nach Einschätzung seines Präsidenten Dirk Zingler in der aktuellen Coronakrise davon, dass er sämtliche Zuschauer-, Sponsoring-, Cateringeinnahmen und viele andere clubeigene Rechte beim Verein halte und damit über eine "hohe stille Reserve" verfüge.
In einem Interview mit der Berliner Zeitung [externer Link] sagte Zingler, der Verein müsse derzeit zwar finanzielle Verluste in Höhe von zehn Millionen Euro hinnehmen und auch der Stadionausbau verzöge sich nun auf das Jahr 2022, doch werde man diese "Krise in der Union-Familie gemeinsam meistern".
Gemeisames Schultern der Lasten
Die Lasten trügen dabei alle, also "unsere Mitglieder, die Zuschauer, die Dauerkarten gekauft haben, unsere Sponsoren, unsere Banken und Partner". Von Vorteil für den Verein sei es dabei, dass man erst im Vorjahr aufgestiegen ist: "Deshalb können wir wirtschaftlich mit dieser Krise bestimmt noch etwas stabiler umgehen als Vereine, die seit Jahren in einer Erstliga-Ausgaben-Struktur waren", sagte Zingler dem Blatt: "Wir hatten noch geringere Ausgaben, aber schon höhere Einnahmen."
Doch auch für Union bleibt die Situation mit Geisterspielen und wenig Aussicht auf schnelle Besserung schwierig. Seit März fehlen große Teile der Einnahmen. "Auf so etwas kannst du dich als Unternehmer nicht vorbereiten. Du kannst Reserven bilden, nachhaltig arbeiten, was ja gerne mal gefordert wird, und Rücklagen bilden für schlechte Zeiten. Aber du kannst dich als Unternehmen nicht darauf einstellen, dass dir auf ungewisse Zeit große Bereiche deiner Einnahmen fehlen", sagte Zingler. "Das ist dramatisch."
Mögliche Verhandlungen mit Spielern über Gehaltsverzicht
Sollte sich die Lage nicht ändern, ist auch ein Gehaltsverzicht des Profi-Teams von Trainer Urs Fischer wieder ein Thema. "Wenn der Ausschluss von Zuschauern weiter fortwähren sollte, werden wir uns sicherlich zusammensetzen", sagte Zingler: "Ich möchte so etwas aber nicht aus politischen, sondern nur aus sachlichen Gründen machen."
Trotz des bitteren Ausscheidens in der zweiten Runde des DFB-Pokals am Dienstag gegen Paderborn (2:3) läuft es im zweiten Jahr in der Bundesliga bestens. Mit 21 Punkten aus 13 Spielen sind die Berliner Sechster und auf dem besten Weg, sehr früh den Klassenerhalt und damit die sportliche Zukunft zu sichern.
Ursprünglicher Bauzeitplan für Stadionausbau angepasst
Offen bleibt hingegen, wann es endlich mit dem schon lange ersehnten Ausbau des Stadions An der Alten Försterei losgehen kann. "Leider hat Corona auch dazu geführt, dass sich dieser Prozess, sagen wir mal verwaltungstechnisch, eher verlangsamt hat", sagte Zingler: "Leider sind wir nicht mehr in den Zeitplänen, die wir entwickelt haben. Realistisch werden wir das Planungsrecht erst Ende 2021, das Baurecht erst 2022 bekommen."
Union hatte sich nach ursprünglichen Plänen schon bis Sommer 2019 Planungsrecht für den Ausbau der Kapazität von 22.000 auf 37.000 Besucher für rund 39 Millionen Euro erhofft. Dieses Vorhaben war früh am mangelhaften Verkehrskonzept gescheitert. "Wir sind dabei, die letzten Themen bei der Verkehrsanbindung anzugehen", sagte Zingler. Denn Union halte auch weiter an den Ausbauplänen fest, die Corona-Pandemie und mögliche finanzielle Folgen sollen das komplizierte Projekt nicht beeinflussen. "Wir werden das Stadion ausbauen. Auch wenn das Projekt manchmal unsere Nerven und unsere Geduld arg strapaziert", versicherte Zingler.
Sendung: Inforadio, 24. 12. 2020, 12 Uhr