Interview | Ex-Boxer Axel Schulz - "Es tut immer noch ein bisschen weh"

Mi 09.12.20 | 17:58 Uhr
Axel Schulz boxt gegen Francois Botha (Quelle: imago images/Pressefoto Baumann)
Bild: imago images/Pressefoto Baumann

Rekordquoten, Randale und ein Dopingfall: All das begleitet den Kampf von Axel Schulz gegen Francois Botha um den WM-Titel vor 25 Jahren. Im Interview erinnert sich der Ex-Boxer zurück und erklärt, warum mit der Niederlage auch eine Lehre fürs Leben einherging.

rbb|24: Herr Schulz, vor 25 Jahren hingen bei Ihrem WM-Kampf in Stuttgart gegen Francois Botha 18 Millionen Zuschauer an den Fernsehbildschirmen. Wie präsent ist denn dieser Kampf bei Ihnen noch?

Axel Schulz: Ich muss sagen, dass der Kampf gegen Foreman - der auch 25 Jahre her ist - präsenter ist. Darauf werde ich sehr häufig angesprochen. Bei Botha ist das nicht so. Aber das ist damals natürlich eine riesige Chance gewesen, Weltmeister zu werden: der zweite Weltmeister nach Max Schmeling aus Deutschland. Es tut immer noch ein bisschen weh, denn da war ich eng dran.

Wissen Sie noch, was damals los war, als der Arm des Gegners hochging?

Ich wusste es schon vorher. Nach der fünften Runde kam ein Betreuer und sagte: 'Du liegst in allen fünf Runden hinten.' Ich wusste, ich bin nicht der K.o.-Schläger. Und Don King, der Super-Promoter, sitzt auf der anderen Seite bei Botha. Deswegen wusste ich sofort: Das Ding habe ich verloren.

Nach dem Kampf zwischen Axel Schulz und Francois Botha kam es zu Ausschreitungen (Quelle: imago images/Pressefoto Baumann)
Nach dem Kampf zwischen Axel Schulz und Francois Botha kam es zu Ausschreitungen. | Bild: imago images/Pressefoto Baumann

Nach dem Urteil gab es ja noch einige Vorfälle, die man beim Boxen auch nicht so oft sieht. Haben Sie das selbst noch so richtig wahrgenommen oder verdrängt?

Ich habe es gar nicht so gespürt, weil ich als erster aus dem Ring raus war. Ich war natürlich wahnsinnig enttäuscht und habe erst im Nachhinein mitbekommen, dass da ganz viel in den Ring geflogen ist. Ob es Stühle, Sektflaschen oder Biergläser waren - das ging natürlich gar nicht. Eines habe ich durch den Kampf aber erreicht: Nicht nur die höchste Quote bei Boxkämpfen, sondern auch, dass seitdem Flaschen und Gläser bei öffentlichen Veranstaltungen verboten sind.

Und nach diesem Kampf konnten Sie auch sehen, wer Ihre wahren Freunde sind. Allein die Heimreise war nicht so wie geplant, oder?

Ich hatte wirklich ganz schlimme Momente. Nach dem Kampf haben sich sehr viele von mir abgewendet, sogenannte Freunde. Ich habe Glück gehabt, dass mich Freunde aus Frankfurt (Oder) mit dem Auto mitgenommen haben. Dann habe ich mit dem Taschenrechner zu Hause gesessen und musste mal gucken, wie viel Geld ich verdient hatte und ob es zum Leben reicht. In den Sponsoren-Verträgen stand, dass sie solange weiterzahlen, wie ich boxe. Da habe ich dann gedacht: Das sollte nicht der letzte Kampf sein. Weil das Geld nicht gereicht hat. Als dann rauskam, dass Botha gedopt war, haben die ganzen – auf gut Deutsch gesagt – Arschgeigen wieder angerufen. Aber die konnte ich dann ruhigen Gewissens wieder aus meinem Telefonbuch streichen.

Wie sehr haben Sie das Botha übel genommen, dass er gedopt hatte?

Das ist aus der Welt geräumt. Ich habe zwar immer noch ein bisschen damit zu tun, aber er kam mal bei mir zu Hause vorbei: Er hat mir den Gürtel gebracht. Was nicht so toll war, weil es ja nicht meiner ist und ich ihn mir nicht verdient habe. Vor etwa drei Jahren hatten wir dann ein tolles Treffen in Kapstadt. Da haben wir uns bei Bier und Zigarre so richtig kennengelernt. Wir haben uns also ausgesprochen.

Man sieht Sie ja fast immer strahlen. Sie haben nie die ganz großen Titel geholt, sind aber trotzdem einer der Box-Lieblinge der Deutschen. Was denken Sie: Woran liegt das?

Das weiß ich nicht. Ich hätte lieber einen Titel gewonnen (lacht). Ich habe alles für meinen Sport getan, habe dafür gelebt und wäre natürlich liebend gerne Weltmeister geworden. Aber es sollte halt nicht sein.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Jörg Hellwig, rbb Sport.

 

Sendung: rbb UM6, 09.12.2020, 18 Uhr

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