Turbine Potsdam vor Rückrundenauftakt - Auf der Suche nach der Souveränität

Fr 29.01.21 | 15:30 Uhr
Sofian Chahed beim Training von Turbine Potsdam (imago images/Julien Christ)
Bild: imago images/Julien Christ

Tabellarisch ist vor dem Rückrundenauftakt gegen Werder Bremen alles im Lot bei Turbine Potsdam. Trotzdem weiß Trainer Sofian Chahed vor dem Spiel gegen Werder Bremen nicht so ganz, woran er ist. Dafür umso mehr, wo er hin will. Von Ilja Behnisch

Kurz vor dem Rückrundenauftakt in der Frauenfußball-Bundesliga gibt es für Sofian Chahed zumindest verbal kein großes Taktieren. "Wenn ich ehrlich bin, weiß ich selbst noch nicht so richtig bei Bremen", sagt der Trainer von Turbine Potsdam im Gespräch mit dem rbb und über den kommenden Gegner.

Seit über einem Monat haben die Mannschaften kein Pflichtspiel mehr absolviert. Rückschlüsse über die aktuelle Form sind schwer zu ziehen, zumal Corona auch bei der Gegnerbeobachtung vieles verändert hat. "Es ist leider nur Video", so Chahed, dem dadurch entscheidende Details fehlen, wie er sagt: "Vor Ort sieht man, wie eine Mannschaft miteinander spricht, wie sie sich verhält, wie sich einzelne Spielerinnen verhalten."

Mehr Distanz, weniger Zusammenhalt

Aber auch in Hinblick auf seine eigene Mannschaft fehlen Chahed wichtige Einblicke. Denn die für Sommer- und Winterpause üblichen Vorbereitungsspiele fielen flach. Gern hätte Turbine gegen polnische Mannschaften getestet. Doch die Auflagen des Gesundheitsamtes seien nicht zu bewerkstelligen gewesen, heißt es. Testspiele gab es so nur innerhalb des Kaders. Sie nehmen das so hin in Potsdam, denn sie sind ja froh, "dass es überhaupt weitergeht", so Chahed.

Der Mensch gewöhnt sich eben schnell um - auch an die Folgen einer Pandemie. Was dennoch am meisten nervt? "Dass wir zwei Mal die Woche testen müssen, da kann ich mich nicht dran gewöhnen, will ich auch gar nicht", sagt Sofian Chahed mit einem Lachen. Und bei der Mannschaft? "Dass keine Fahrgemeinschaften gebildet werden können. Dass die Mädels die Kabine nicht wie gewohnt nutzen können." Mehr Distanz, weniger Zusammenhalt - nicht leicht für einen Trainer.

Kritik an der Nachwuchsarbeit

An der Grundlagenarbeit, die er bei Turbine zu leisten hat, ändert das jedoch nichts. Schon vor Saisonbeginn legte Chahed den Schwerpunkt in vielen seiner Trainingseinheiten auf die Basics des Spiels, auf saubere Technik und präzises Passspiel. Seine Bilanz dazu: "Es gehört mit Sicherheit dazu, auch bei den besten Profis - aber nicht mehr ganz so häufig, wie wir es machen." Dass Chahed selbst mit Bundesligaspielerinnen immer wieder die eigentlich selbstverständlichsten Dinge trainieren müsse, sei der mangelhaften Nachwuchsarbeit geschuldet, so der ehemalige Nationalspieler Tunesiens. Insgeamt gebe es in der Ausbildung junger Talente "noch viel Potential nach oben".

Vielleicht hat Turbine Potsdam sich bei den Neuzugängen auch deshalb im Ausland bedient. Die schwedische Torhüterin Emma Lind sei dabei als "Rückrunden-Nummer-eins" vorgesehen, von der er sich erhoffe, dass sie dem Spiel auch mit ihrer Ballsicherheit eine gewisse Ruhe gebe, so Chahed. Und auch die Holmgaard-Zwillinge aus Dänemark wissen "auf jeden Fall, wie man Fußball spielt. Man merkt, dass sie das Gefühl dafür einfach im Blut haben. Sie sind sehr passsicher, wollen immer den Ball haben. Da sieht man schon, dass wir definitiv Qualität dazu geholt haben."

Souverän statt glücklich

Ein Qualität, die sie gut gebrauchen können bei Turbine. Schließlich sei Platz drei und die damit verbundene Qualifikation zur Champions League noch immer das erklärte Saisonziel. Gewinnen die Potsdamerinnen das Spiel gegen Werder Bremen, sind sie punktgleich mit dem derzeitigen Dritten aus Hoffenheim. Wie das klappen soll? "Mutig sein, den Ball schnell hin und her passen, Angebote schaffen, spielen, bewegen", sagt Chached. "Und dann müssen wir gemeinsam angreifen, gemeinsam verteidigen und dann werden wir am Wochenende auch gemeinsam gewinnen."

Eines ist ihm dann noch wichtig, dem immer so überzeugend auftretenden Sofian Chahed: Die Überzeugung. "Wenn man glücklich gewinnt, ist das auch ein schönes Gefühl. Aber vielleicht verlässt einen das Glück irgendwann. Auf einen souveränen Sieg kann man aufbauen, insofern finde ich das besonders wichtig. Souverän gewinne ich lieber."

Er taktiert eben nicht gern, dieser Sofian Chahed. Zumindest nicht verbal.

Sendung: rbb UM6, 29.01.2021, 18:15 Uhr

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