Segel-Experte Lutz Patrunky über Vendée Globe - "Das ist fast unmenschlich"

Fr 29.01.21 | 16:26 Uhr
  10
Boris Herrmann während der Vendee Globe (imago images/Newman Homrich)
Bild: imago images/Newman Homrich

Fast hätte es für den Deutschen Boris Herrmann bei der Weltumseglung der "Vendée Globe" zum großen Wurf gereicht. Dann ereilte ihn kurz vor dem Ziel ein Unfall. Der Berliner Profi-Segler und Lehrer Lutz Patrunky weiß, warum das nicht unbedingt Pech war.

rbb|24: Lutz Patrunky, wie haben Sie denn als Experte das Rennen von Boris Herrmann verfolgt?

Lutz Patrunky: Meistens über den Tracker [vendeeglobe.org/en/tracking-map]. Da konnte man sehen, wie er taktisch drauf war, wie er gefahren ist. Wenn man dann zusätzlich noch in die sozialen Medien schaute, konnte man auch sehen, welche Veränderungen es in seinem Gesicht und seiner Körpersprache waren. Da gab es gute und schlechte Tage.

Die Vendée Globe hat einiges Aufsehen gesorgt in den letzten Wochen. Kann man denn sagen, dass sie die absolute Königsdisziplin ist?

Es ist schwer, Vergleiche anzustellen. Die Vendée Globe steht für sich allein. Beim "Oceans Race" etwa segeln zwar auch Acht-Mann-Teams um die Welt, aber in Etappen. Und wenn man das vergleicht mit dem olympischen Segeln, dann ist die Vendée Globe von der körperlichen Belastung her herausstechend. Das verhält sich wie Bouldern zu einer Mount-Everest-Besteigung. Finanziell ist es genau andersrum. Im Vergleich zu einer "Americas Cup"-Kampagne etwa ist das viel, viel günstiger.

Dafür sind die körperlichen Anstrengungen enorm.

Das ist fast unmenschlich. Die schlafen ja nie länger als eine Dreiviertelstunde am Stück. Immer in Alarmbereitschaft, weil man nie weiß, wohin das Boot fährt.

Und dann kommt es am Ende und nach 45 Tausend Kilometern auf ein paar Stunden an.

Es gab schon immer mal enge Ausgänge. 2013 lagen auch nur vier Stunden zwischen den ersten Beiden. Aber dass die ersten Fünf so eng zusammenliegen, das hat es noch nie gegeben. Das liegt womöglich auch daran, dass die Boote inzwischen ziemlich ausentwickelt sind.

Boris Herrmann war auf dem besten Weg, einen Podiumsplatz zu erreichen. Dann kollidierte er 90 Seemeilen vor dem Ziel mit einem Fischerboot.

Das ist natürlich bitter. Aber der Bereich direkt vor Start und Ziel ist wahrscheinlich das gefährlichste Gewässer, durch das die gefahren sind, auf der gesamten Weltumseglung. Weil da ständig die Probleme mit diesen Fischer-Booten sind. Da fahren Hunderte herum in der Nacht. Das passiert da ja ständig. Auch mit normalen Touristen-Seglern.

Was für ein Gefühl überwiegt jetzt bei Boris Herrmann?

So wie ich ihn kenne, ist er ein positiver Mensch. Davon wird er sich nicht unterkriegen lassen. Auch wenn er die nächsten Monate sicherlich damit zu kämpfen haben wird. Ich schätze mal, dass er beim nächsten Mal wieder dabei sein wird. Ich glaube nicht, dass er das auf sich beruhen lässt.

Das Gespräch führte Martin Bromber.

Sendung: rbb24, 28.01.2021, 21:45 Uhr

10 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 10.

    Soll das ein Vergleich sein? wenn ja, womit? Wenn ich Sport mache, gurke ich jedenfalls nicht schlafend da rum, wo andere arbeiten und beschädige auch noch deren Arbeitsgerät. Und lasse nicht auch meinen Kumpel abwertend über "diese Leute" reden und die Arbeitenden (!!!) als Problem darstellen, so wie es Experte Patrunky in diesem Interview tut.

  2. 9.

    Sagen Sie bescheid, wo Sie Ihr Auto geparkt haben. Ich semmel da dann mal mit meinem alten Fahrrad rein; so als Übung für den Ernstfall. Bin sehr gespannt, wieviel sportlichen Aspekt Sie darin erkennen werden.

  3. 8.

    Können Sie irgendwie belegen, was Sie hier behaupten? Dass das Ortungssystem des Fischkutters ausgeschaltet war, ist nichts als ein Verdacht. Ebenso, dass diese Fischer mehr als die zulässige Quote gefischt hätten. Also bitte keine Fake-News verbreiten - insbesondere, wenn Sie sich als Guter fühlen.

  4. 7.

    Der war lange ganz alleine unterwegs und hier jammern Menschen, wenn sie mal Kontakte reduzieren müssen...

  5. 6.

    Was für eine gewaltige "Gänsehaut" Leistung. Was für tolle Boote. Was für herausragende technische Leistungen. Was für tolle Bootsbauer. Was für alles gebende stille Betreuer. Die haben keine Zeit für irgendwelche Demo´s. Ein weiterer Beitrag zum Boot wäre schön...

    Ach ja der Unfall - das ist Leben - macht stark und lässt einen reifen. Und das nächste Ziel wartet auch schon.

  6. 5.

    Diese Trawler mit abgeschaltetem Transponder zerstören Sie und Überfischen die Meere, Sie Schlaumeier.

  7. 4.

    Können Sie das auch von einer sportlichen Seite her betrachten? Es ist schon eine beeindruckende Leistung, welche da vollbracht wird - oder soll Ihrer Meinung nach Sport grundsätzlich in FRage gestellt werden.
    Das technische Problem, welches zu diesem BeinaheCrash geführt hat, wird sicherlich geklärt werden. Dürfte nicht passieren, das sehen wohl alle so.

  8. 3.

    Sie besitzen Internet und geben Geld dafür aus während in anderen Teilen der Welt Menschen hungern müssen? Mir scheint ziemlich klar, wer hier das Problem ist.

  9. 2.

    "Diese Fischerboote" ernaehren immerhin Menschen - im Gegensatz zu Hrn Herrmann & Konsorten, die da just 4 fun schlafend sich und andere in Lebensgefahr bringen. Mir scheint ziemlich klar, wer hier das Problem ist.

  10. 1.

    die bisher ungeklärte Frage : warum haben ihn die aktivierten Alarmsysteme nicht geweckT ??

    " Da fahren Hunderte herum in der Nacht " das wird wohl dem B. Herrmann nicht unbekannt gewesen sein

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren