Interview | Torsten Mattuschka über Derby-Siegtor 2011 - "Der Freistoß hat die größte Bedeutung in meinem Leben gehabt"

2011 wurde Torsten Mattuschka mit seinem Siegtreffer per Freistoß gegen Hertha zum Unioner Derbyhelden. Zehn Jahre später erinnert er sich an diesen besonderen Moment zurück und erklärt auch, warum er Hertha den Klassenerhalt wünscht.
Den 5. Februar 2011 wird Torsten Mattuschka nie vergessen. An jenem Samstag stand das Derby-Rückspiel in der 2. Bundesliga gegen Hertha BSC im Olympiastadion an. Wie im Hinspiel hatten beide Mannschaften je einmal getroffen, als Mattuschka in der 71. Minute zum Freistoß antrat. Er nahm Anlauf, machte vier Schritte - und traf ins linke Eck.
rbb|24: Herr Mattuschka, das Wetter ist aktuell ähnlich wie damals, als sie mit ihrem Freistoß-Tor zum Unioner Derbyhelden wurden. Wie präsent ist denn die Erinnerung an diesen Schuss und dieses Spiel noch?
Torsten Mattuschka: Sehr präsent! Ich wurde seitdem oft darauf angesprochen und habe oft erzählt, wie es war und wie es sich angefühlt hat. Das war natürlich etwas ganz Besonderes. Für jeden Unioner, der Union liebt und im Herzen trägt, war das ein unfassbarer Tag - und für uns als Spieler sowieso.

Dieser Schuss aus 26 Metern hat Sie in die Geschichtsbücher von Union gebracht. Haben Sie das damals schon geahnt?
Nein. Natürlich wussten wir, was es bedeutet, dieses erste Derby vor 76.000 Zuschauern im Olympiastadion spielen zu dürfen. Aber als der Ball dann drin war und wir den Sieg über die Zeit gebracht haben, war nicht zu erwarten, dass es so einen Boom gibt. Wir hatten eine Woche später mit John Mosquera im Forum Köpenick eine Autogrammstunde, die ging glaube ich vier Stunden. Da hat es das erste mal ein bisschen gerattert, was das eigentlich mit den Fans, mit dem Verein und mit uns als Spielern gemacht hat. Das ist bis jetzt immer noch unfassbar.
Wie oft haben Sie damals Freistöße trainiert?
Mindestens zwei Mal pro Woche. Uwe [Neuhaus, damaliger Union-Trainer, Anm. d. Red.] hat Benny Köhler [kam 2013 zu Union, Anm. d. Red.] und mich dienstags hintenraus eine halbe Stunde lang immer nur Freistöße schießen lassen, weil es von mir und auch von uns als Mannschaft einfach eine Stärke war. Der besagte Freistoß war natürlich nicht der schönste und nicht der beste. Aber der war drin und hat die größte Bedeutung gehabt - in meinem Leben und für den Verein.
Jetzt bin ich Co-Trainer und trainiere die Standardsituationen mit den Jungs von der VSG Altglienicke. Ich versuche, ab und zu mal einen vorzuzeigen. Wenn mal einer reingeht, ist das natürlich schön, denn dann kann ich die große Fresse haben. Das steht mir immer ganz gut. (lacht)
Wenn Sie das jetzt wiederholen würden, wäre die Chance dann relativ groß, dass der genau so wieder in die Ecke geht?
Natürlich, da kannst du mich früh um Fünfe wecken. Ist doch gar kein Ding! (lacht)
Damals gab es das Derby in der zweiten Liga, jetzt spielen beide Berliner Klubs in der Bundesliga. Was glauben Sie: Wer steht am Ende dieser Saison vorne?
Ich glaube, dass es echt Union sein wird, obwohl noch viele Spiele zu spielen sind. Aktuell beträgt der Unterschied zwölf Punkte. Das ist schon happig und bei Hertha läuft es auch nicht rund. Sie haben individuell, glaube ich, eine bessere Mannschaft als Union, aber als Team funktioniert im Moment noch gar nichts. Ich hoffe natürlich, dass sie die Klasse halten, damit wir im nächsten Jahr auch noch Derbys in der 1. Liga haben. Aber ich glaube, dass Union einfach zu stabil ist. Sie punkten, gerade auch gegen gute Mannschaften, die vom Papier her und in der Breite viel, viel besser sind. Man merkt, dass das Team bei Union brutal zusammengewachsen ist. Es ist sehr schwer, gegen sie zu bestehen. Ich freue mich auf das Derby-Rückspiel. Wir haben in den letzten beiden Derbys ordentlich auf die Fresse gekriegt, so ehrlich müssen wir sein. Ich hoffe, dass wir die Derby-Pleite wieder wett machen können und nach der Saison vor Hertha stehen.
Ich habe gehört, anlässlich des zehnten Jahrestags Ihres Treffers haben Sie sich auch etwas überlegt?
Zwei Kumpels und ich haben uns zum zehnjährigen Jubiläum des Derbys etwas einfallen lassen. Es gibt einen Null-Euro-Schein mit meiner Fratze drauf, den man erwerben kann. [Die Aktion heißt "Freekick Berlin"; Anm. d. Red.] Den wollen wir für fünf Euro an den Fan bringen und den Erlös dann an drei Einrichtungen spenden: Das sind das Kinderhospiz Berlin-Köpenick, das Projekt "Unioner trotz Handicap" und der Dinopark in Germendorf, der kurz vor der Pleite steht. Wir wollen mit dem Schein jetzt in der schwierigen Zeit ein bisschen was zurückgeben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Jörg Hellwig, rbb Sport.
Sendung: rbb UM6, 05.02.2021, 18 Uhr