Hertha BSC im Trainingslager - Zwischen Personalnot und Hoffnung
Als wäre der Kader von Hertha BSC knapp drei Wochen vor Saisonstart nicht ohnehin schon Baustelle genug, fehlen im Trainingslager in Leogang auch noch jede Menge Stammkräfte. Nur einer zeigt sich dennoch gewohnt entspannt. Aus Leogang berichtet Philipp Höppner
Nach zuletzt drei Testspiel-Unentschieden in Folge, darunter ein 1:1 gegen den Viertligisten VfB Lübeck, will sich Hertha BSC im Trainingslager in Österreich den Feinschliff für die kommende Saison holen. Wie weit die Mannschaft dabei vor dem Bundesliga-Auftakt beim 1. FC Köln am 15. August ist und welche Frage am drängendsten sind:
Nachwuchs statt Neue?
In der österreichischen Gemeinde Leogang gibt es mehr Gästebetten (5.000) als Einwohner (3.407). 28 davon belegen nun eine Woche lang die Spieler von Hertha BSC. Ein Großteil davon sind Nachwuchstalente - nur wenige Stammkräfte sind dabei. Trainer Pal Dardai hätte sich sicher mehr gewünscht. Doch sein Kader ist im zweiten Trainingslager, nur zwei Wochen vor dem Saisonstart, ziemlich dünn bestückt.
Dreier- oder Viererkette?
3-4-3 ist eine Formation, an der Pal Dardai gerne gearbeitet hätte. Doch dafür braucht es drei Innenverteidiger. Der Ungar hat jedoch aktuell nur Niklas Stark und Marton Dardai zur Verfügung. Der Belgier Dedryck Boyata ist nach seiner EM-Teilnahme zwar schon mit im Trainingslager - doch befindet er sich ebenso wie der Tscheche Vladimir Darida noch im Einzeltraining. "Bei Boyata müssen wir aufpassen. Letztes Jahr hatte er viele kleine Verletzungen, jetzt wollen wir ihn wieder gut aufbauen", sagte Dardai.
Außerdem fehlt Jordan Torunarigha, der für Deutschland bei den Olympischen Spielen in Tokio spielt. Gleiches gilt für Arne Maier sowie Lucas Tousart für Frankreich und Matheus Cunha für Brasilien. Aus diesem Grund wurde zum Trainingslagerauftakt eine 4-3-3-Formation ausprobiert. Die Spieler wurden dazu in zwei Mannschaften aufgeteilt - die Stammspieler und die Nachwuchsspieler, zu denen sich auch Dodi Lukebakio gesellen musste. Womöglich auch ein Fingerzeig in Richtung Zukunft, da beim Belgier schon seit Tagen über einen Wechsel zum französischen Meister OSC Lille spekuliert wird.
Wer schießt die Tore?
Somit wächst der Druck auf Manager Fredi Bobic, neue Spieler zu verpflichten, besonders im Sturm. Jessic Ngankam wurde nach Fürth verliehen, Jhon Córdoba nach Russland verkauft und Krzysztof Piątek fällt bis September mit einem Mittelfußbruch aus. Somit ist Davie Selke der einzige, nicht verletzte Stürmer. "Davie finde ich immer gut", sagte Pal Dardai auf Nachfrage, "auch wenn er schlecht spielt, er gibt sein Herz und stresst die Gegner."
In der Vorbereitung traf Selke in fünf Spielen bereits acht Mal. Die Sommerpause nutzte der 26-Jährige, um zu reflektieren und sich selbst zu verbessern, wie er sagt. "Ich habe mich hinterfragt, was kann ich optimieren, woran scheitert es. Ich habe gemerkt, dass ich fitnessmäßig, was Kondition und Sprints angeht, nachlegen muss. Das habe ich getan und ich glaube, man sieht das."
Keine Neuzugänge in Österreich?
Auf der Wunschliste von Pal Dardai dürfte ein weiterer Stürmer trotzdem ganz oben stehen. Und direkt dahinter Flügelspieler, die besagten Stürmer mit Bällen füttern. Doch große Hoffnung macht sich Dardai nicht: "Wenn jemand kommt, ist er herzlich willkommen. Doch ich rechne nicht damit." Bislang wurden nur zwei neue Spieler unter Vertrag genommen: Suat Serdar von Schalke 04, und Kevin-Prince Boateng, der ablösefrei aus Italien kam.
Echte Härteprobe?
Der Kampf um die Stammplätze ist eröffnet. Beweisen können sich die Spieler gegen internationale Spitzenklasse. Am Donnerstagabend steht ein Testspiel gegen den Liverpool FC an. Am Samstag geht es dann gegen Gaziantep FK, einen türkischen Erstligisten. Das ursprünglich für Mittwoch angesetzte Testspiel gegen Europa-League-Sieger FC Villarreal wurde auf Grund positiver Corona-Fälle auf Seiten der Spanier abgesagt.
Sendung: rbb UM6, 26.07.2021, 18 Uhr