Trotz verringerter Auslastung - Bundesliga-Klubs bleiben auf ihren Tickets sitzen

Fr 13.08.21 | 15:25 Uhr
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Bild: imago images/Nordphoto

Zur neuen Bundesliga-Saison dürfen die Vereine wieder Publikum in ihren Stadien empfangen. Doch bei vielen Klubs zieren sich die Fans. Auch Union Berlin ist betroffen. Pressesprecher Christian Arbeit hat eine Erklärung dafür. Von Shea Westhoff

Zwei kleine Meldungen waren es nur, die in dieser Woche in Umlauf gebracht wurden. Und doch haben sie das Potenzial, einiges über die aktuelle Situation im Profifußball zu erzählen:

Der 1. FC Union Berlin, hieß es am Donnerstag, hat seinen Ticket-Verkauf für den Bundesliga-Start gegen Bayer Leverkusen am Donnerstag für alle Mitglieder geöffnet. Am Freitag legte der Verein nach: Ab 12 Uhr könnten die Eintrittskarten für den Saisonauftakt online erworben werden - jeder mit Interesse dürfe zugreifen.

Man könnte auch sagen: Der Klub aus Köpenick wird seine Tickets nicht los.

Mehrere Bundesliga-Vereine betroffen

Genau wie Hertha BSC hatte der Verein von der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport noch eine Ausnahmegenehmigung erhalten, die Arena trotz gegenwärtig sprunghaft ansteigender Corona-Inzidenzen mit 50 Prozent zu füllen, also mit 11.006 Zuschauern.

Und selbst das galt als wenig. Vor der Pandemie waren die Eintrittskarten zu Union-Heimspielen stets lange im Voraus vergriffen gewesen, das Stadion war immer ausverkauft. Und gerade jetzt, wo so viele Menschen hierzulande "Normalität" fordern, lassen sich bescheidene 11.006 Karten nicht verkaufen. Wegen Corona-Verunsicherung? Oder gar Fußball-Verdruss?

Offenbar stehen außer Union auch andere Vereine vor der Herausforderung, die Fans nach einer Spielzeit vor überwiegend leeren Rängen zur neuen Saison wieder für den Fußball zu begeistern. Borussia Dortmund vermeldete am Freitag etwa, dass die Tickets fürs Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt in den freien Vorverkauf gingen [bvb.de] - weil sich selbst unter den mehr als 150.000 BVB-Mitgliedern offensichtlich nicht genug Abnehmer finden ließen.

Das Erlebnis Fußball verändert sich gerade

Auch beim als Klassiker geltenden Eröffnungsspiel am Freitagabend zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern München blieben - Stand Freitagnachmittag - noch Karten übrig.

Zumindest für seinen Verein glaubt Union-Pressesprecher Christian Arbeit das neue Phänomen erklären zu können. "Das Erlebnis Union ist nicht nur, hierher zu kommen als Einzelperson und ein Fußballspiel zu gucken", sagte er auf einer Pressekonferenz am Donnerstag. "Das Erlebnis ist, mit seinen Leuten zusammen, mit den Menschen, mit denen man dieses Erlebnis teilt, zusammenstehen zu können." Und das sei schwierig in diesen Zeiten, in denen die Pandemie schärfere Regelungen wie personalisierte Tickets, einzuhaltende Abstände und Maskenpflicht erfordert.

Sind die politischen Vorgaben zu kurzfristig?

Der stockende Kartenverkauf dürfte außerdem zu begründen sein mit den teils unterschiedlichen Corona-Maßnahmen der einzelnen Bundesländer, die auch auf die ansässigen Fußballvereine abstrahlen - und potenzielle Kartenabnehmer verunsichern.

In der Stadionordnung des Dortmunder Signal-Iduna-Parks ist etwa zu lesen, dass die 3G-Regel verfolgt werde und somit sowohl Genesene und Geimpfte als auch Getestete Stadionzutritt erhielten. Allerdings heißt es dort auch, dass der der Einlass "aufgrund landesrechtlicher Vorgaben" gegebenenfalls überwiegend nur immunisierten Personen gestattet werde. Beim Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt ist genau das nun der Fall, bedeutet: ein Negativtest alleine reicht nicht mehr.

Über die Situation an Unions Alter Försterei sagt Christian Arbeit: "Wir hatten drei Testspiele in diesem Stadion, in jedem Testspiel galten unterschiedliche Regelungen – die Leute verlieren so ein bisschen den Überblick: Was ist eigentlich diesmal dran? Was muss ich diesmal machen, um dabei sein zu können?" Man müsse sich auf komplizierte Umstände einstellen.

Gewöhnen die Fans sich ans Fernsehen?

Fußball ist zwar populär wie nie, aber auch quer durch die Medien omnipräsent, sodass man sich die Unannehmlichkeiten einer weiten Anreise ersparen kann. Corona dürfte die Entwicklung verschärft haben, dass Fußball weitgehend als TV-Erlebnis wahrgenommen wird.

In mehreren Beiträgen in sozialen Medien ist außerdem abzulesen, dass die Fans sehr genau die jüngsten Entwicklungen im Fußballgeschäft beobachten: Nach einer Saison ohne Stadionbesucher schwillt den Elite-Clubs weiterhin das Portemonnaie. Die Frage stellt sich: Wofür braucht es noch die Unterstützung von den Rängen, wenn die Kraftverhältnisse im Fußball betoniert zu sein scheinen?

Bei der Pressekonferenz am Donnerstag zeigte sich Christian Arbeit zuversichtlich, dass beim Kartenverkauf letztlich alles wie gewohnt laufe: spätestens am Freitag seien die verfügbaren Karten ausverkauft. Bisher hat der Verein dies indes nicht bestätigt.

Sendung: inforadio, 18.08.21, 15.15 Uhr

20 Kommentare

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  1. 20.

    Bei Mancheinem/r ist das öffentliche Leben ja ganz dankbar, wenn er/sie nicht teilnimmt.

  2. 19.

    Völlig richtig.
    Das ist nur noch korruptes System und kein sportlicher Wettbewerb mehr.
    Konnte man gestern bei Gladbach-Bayern wieder sehen. Der VAR agiert immer nur zu Gunsten des großen Geldes.

  3. 18.

    So ein Leben macht Dir Spaß? Ich würde es nicht aushalten.

  4. 17.

    Solange man sich überall nur online einbuchen und bezahlen kann, man Gedöns ohne Datenschutz wie Luca App braucht, Masken auch im Freien tragen muss, das Gängeln kein Ende nimmt, in jedem Ort wöchentlich ne andere Sau durchs Dorf getrieben wird, sieht mich KEINER irgendwo und bekommt mein GELD!

    Nicht Stadion, nicht Kino, Freibad, Restaurants, nicht Urlaub, gar nix.
    Erst, wenn es wieder so ist wie 2019, nehme ich auch wieder am öffentlichen Leben teil. Basta.

  5. 16.

    Für mich hat der Fußball eh überdreht: Er ist, wie im Artikel beschrieben, omnipräsent und hat jegliche Bodenhaftung verloren. Die Coronazeit hat es noch einmal deutlicher gemacht. Jetzt gibt es eine (hä?) Conference-Leaque und bei dem Konstrukt Nationsleaque bin ich immer noch nicht so durchgestiegen. Die Bundesliga mit ihren zahlreichen Retortenclubs interessiert immer weniger und die weichgespülten, arroganten Akteure nerven eigentlich nur noch. In der Weihnachtszeit 2022 wird mich Einiges interessieren. Die WM wird nicht (mehr) dazugehören. Anderer Sport macht für mich als Zuschauer jetzt viel mehr Spaß und seinen dicken Hintern selber mal zu bewegen, ist auch nicht das Schlechteste. Bei dem Angebot von Brot und Spiele muss man halt aufpassen, dass man seine Klientel noch mitnimmt und irgendwie erreicht. Aber solange sich genug jetzt alle notwendigen Pakete aus Sky und DAZN bestehend leisten können, kann es so schlimm auch nicht sein.

  6. 15.

    Is wie Zoobesuch oder Bvg fahren. Muss nichg sein, kann man anders, meidet man.

  7. 14.

    Kein Geld mehr für überbezahlte Millionäre. Bleiben die Eliten eben unter sich, mir egal.

  8. 13.

    Ich bin dafür!
    Alles solange boykottieren bis sämtliche Beschränkungen gefallen sind und somit alles so ist wie bis Ende 2019.
    Ich mach das schon seit über 1Jahr - und hoffe das es immer mehr werden.
    Ich kann ohne Restaurant, Kino, Märkte, Grossveranstaltungen usw. leben - die aber nicht ohne Gäste/Kunden/Besucher...

  9. 12.

    Diese Leier wird jetzt schon seit anderthalb Jahren gepredigt, wahrscheinlich wird diese Platte nie enden.

  10. 11.

    Meine Erklärung ist recht simpel - auf manchen entbehrlichen "Luxus" verzichtet man halt noch. Für mich gehört ein Besuch im vollen Stadion genauso dazu wie eine Sing-Veranstaltung oder ein Kneipenabend bei Regenwetter. Das werden wir alles irgendwann nachholen.

  11. 10.

    Ein Stadionbesuch ist für mich auch unter den momentanen Bedingungen immer noch ein tolles Erlebnis und ich hoffe auf eine Normalisierung in absehbarer Zeit. Ich verzichte lieber auf teure TV Abos, wäre schon gut wenn die Millionen nicht mehr so fliessen wie bisher. Etwas mehr Bescheidenheit in den Profiligen sonst wenden sich die Fans ab und kommen auch nicht zurück!

  12. 9.

    Personalisierte Tickets,.online, für viele Besucher nur per Internet oder gar nicht. Normalerweise an der Kasse.

  13. 8.

    "Nach einer Saison ohne Stadionbesucher schwillt den Elite-Clubs weiterhin das Portemonnaie." Das ist faktisch falsch, da alle Clubs (bis auf möglicherweise der FC Bayern) mit einem Minus aus der vergangenen Saison gehen. Die Etats wurden durch Fremdkapital gedeckt. Hier sollte man nicht jede Meinungsäußerung in sozialen Medien als Fakt darstellen.

  14. 7.

    "Irgendwelchen Typen nach einem Ball hinterherrennen zu sehen, ist halt auch einfach nur mega langweilig."
    Schon mal Rugby gesehen - live?

  15. 6.

    Personalisierte Tickets!

    Wenn auch aus c19 Sicht nachvollziehbar, so will eben nicht jeder den Überwachungsfantasien frönen.
    Wird das erstmal von allen akzeptiert, geht es nämlich später auch ohne Virus nur noch so.

  16. 5.

    Das wundert mich nicht. So wie sich einige oder eher viele "Fans" seit der Öffnung im Stadion und in den öffentlichen Verkehrsmitteln benehmen, kucke ich mir die Spiele auch lieber im Fernsehen an. Von Abstand halten war ja nichts zu sehen. Und die Kontrollen scheinen ja auch wieder nichts zu bringen. Schade für die, die versuchen das Beste aus der gegenwärtigen Situation zu machen.

  17. 4.

    Irgendwelchen Typen nach einem Ball hinterherrennen zu sehen, ist halt auch einfach nur mega langweilig. Wie zugucken, wenn andere am PC spielen. Auch lame. Lieber selber spielen! Ob Fussball, Handball oder an der Playsi.

  18. 3.

    Aktuell sind im Union Zeughaus nur noch Tickets für den Gästeblock verfügbar. Insofern kann man schon sagen, dass der Heimbereich ausverkauft ist. Ich freue mich auf das erste Mal Wohnzimmer seit einer gefühlten Ewigkeit.

  19. 2.

    Neben den genannten Gründen dürften wohl auch Urlaub, die "Alle oder Keiner" Vertreter, Angst vor Ansteckung sowie die Ablehnung von Massenveranstaltungen unter Pandemiebedingungen die Leute umtreiben und vom Stadion fern halten.

  20. 1.

    Ich persönlich gehe erst wieder zum Fußball,wenn alle Beschränkungen gekippt sind. Je mehr das machen,umso eher werden die Beschränkungen fallen.

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